Hürth – Der Ehrenvorsitzende der SPD im Rhein-Erft-Kreis, Klaus Lennartz, ist tot. Der 75-Jährige war am Dienstagvormittag ins Hürther Krankenhaus gebracht worden, nachdem er in seinem Haus in Hürth-Stotzheim zusammengebrochen war. Die Ärzte konnten ihm nicht mehr helfen.
Mit Lennartz verliert die SPD im Kreis nach dem Bedburger Landtagsabgeordneten Guido van den Berg, der im Mai verstorben ist, in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal einen ihrer herausragenden Politiker. Lennartz war gelernter Versicherungskaufmann, machte aber Karriere in der Politik.
1963 trat er der SPD bei und wurde 1976 in den Kreistag gewählt, dem er noch immer angehörte. Lennartz war von 1980 bis 2002 direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestags, von 1975 bis 2001 führte er die SPD im Kreis als Vorsitzender, und von 1984 bis 1995 war er ehrenamtlicher Landrat des Erftkreises. Der Hürther war auch Ehrenringträger seiner Heimatstadt und des Kreises.
Lennartz’ Streben lag darin, über den Tellerrand hinauszuschauen und Menschen zusammenzubringen, stets auf der Suche nach Zukunftsfeldern, die fruchtbar bestellt werden könnten. „Wir brauchen keine politischen Papiere, wir brauchen Konzepte zur wirtschaftlichen Umsetzung“, sagte Lennartz im März im Interview mit dieser Zeitung zu seinem 75. Geburtstag. „Nicht reden, umsetzen. Politik ersetzt keine Physik.“
Berater und Lobbyist
Seine Positionen vertrat er mit größtmöglichem Selbstbewusstsein. So ließ er als ehrenamtlicher Landrat an der Autobahn 4 bei Sindorf einst das Schild aufstellen: „Erftkreis – Nr. 1 in Europa“. In seine Amtszeit als Landrat fallen unter anderem die Gründung des Hochbegabtenzentrums, die von ihm auf den Weg gebrachte Hungerhilfe für Nowgorod, die Gründung der Polizeistiftung NRW sowie das von ihm initiierte Waldvermehrungsprogramm.
1995 scheiterte Lennartz überraschend bei dem Versuch, hauptamtlicher Landrat zu werden. Er unterlag seinem Parteigenossen Wolfgang Bell, der mit Unterstützung der CDU-Fraktion ins Amt gelang. 1999 scheiterte er bei einem weiteren Versuch gegen den CDU-Kandidaten Werner Stump.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag war Lennartz als Leiter des Vorstandsbüros der Deutschen Leasinggesellschaft tätig und war als Berater und Lobbyist von Unternehmen unterwegs.
Großes Netzwerk
Am Montagabend war Klaus Lennartz ganz in seinem Element. Seine Frau Elke und er begrüßten rund 70 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft zum „Salongespräch“ in ihrem Haus in Hürth-Stotzheim. Prominentester Gast in dieser Runde war Sigmar Gabriel, der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende und frühere Außenminister.
Obwohl Lennartz 2002 aus dem Bundestag ausgeschieden ist, pflegte er wie kaum ein anderer Politiker im Kreis ein großes Netzwerk auf Landes- und Bundesebene. In seiner Ansprache erinnerte Gabriel daran, dass er vor etwa 20 Jahren schon mal zu Gast sein durfte. Und er nahm einen Gedanken von Lennartz auf, den der Ehrenvorsitzende der Rhein-Erft-SPD immer wieder betont hatte: „Wir müssen viel mehr darüber reden, wie Deutschland in zehn Jahren aussehen soll. Und wir müssen mehr handeln, nicht nur reden.“
Gabriel nahm kein Blatt vor den Mund, als er zu aktuellen Diskussionen Stellung nahm. „Wir sehen doch, dass wir in Syrien nichts zu sagen haben. Wir brauchen einen europäischen Sicherheitsrat.“ Nach der Friedensinitiative von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gefragt, meinte er: „Sie war richtig, aber saublöd angefangen“. Ohne mit allen Beteiligten zu reden, verpuffe solch ein Vorschlag.
Zudem glaubt Gabriel, dass die Bepreisung von CO2 , wenn sie eine Wirkung erzielen solle, bei mehr als 100 Euro pro Tonne liegen müsse. „Wir müssen eine ökologische Steuerreform diskutieren.“ (bru)
Lennartz war verheiratet, hatte zwei Töchter und drei Enkelkinder. Er hielt sich mit Sport fit: Mehrmals wöchentlich ging er joggen, im Sommer zog er Bahnen im eigenen Pool oder stieg aufs Rudergerät. Vor zehn Jahren noch hat er den Marathon in New York mit einer seiner Töchter in knapp sechs Stunden absolviert.