Kerpen – In der Nähe des Hambacher Waldes steht möglicherweise das Fällen vieler Bäume bevor. Die Naturschutzorganisation BUND teilte mit, das Unternehmen RWE bereite offenbar die Rodung des Bochheimer Wäldchens für den Braunkohlentagebau Hambach vor.
Der rund vier Hektar große Wald, der in der Nähe des abgerissenen Gutshofes Haus Bochheim liegt, befindet sich nur wenige hundert Meter von der Tagebaukante entfernt. Im Wäldchen seien etliche Baumhöhlen verschlossen worden, berichtet der BUND. Damit wolle RWE offenbar verhindern, dass Fledermäuse und andere geschützte Tiere in den Höhlen überwintern könnten.
BUND Kerpen: RWE will Situation ausnutzen
So soll formal das artenschutzrechtliche Tötungsverbot eingehalten werden, wenn die Bäume gefällt werden. „Dabei ist dieser Wald ein wertvoller ökologischer Trittstein zur Vernetzung des Hambacher Waldes mit dem FFH-Gebiet Steinheide. Wird der Wald vernichtet, fehlt ein wichtiges Element eines zukünftigen Biotopverbundsystems“, erläutert BUND-Sprecher Dirk Jansen. RWE wolle nun offenbar die Situation ausnutzen, dass die volle Aufmerksamkeit der Klimabewegung darauf liege, Lützerath am Tagebau Garzweiler zu retten. „Diese Rechnung wird aber nicht aufgehen“, so Jansen.
Die Kerpener Grünen protestieren: Würde das Bochheimer Wäldchen vernichtet, könnte seine ökologische Bedeutung auch durch Neupflanzungen, die RWE vorsehe, für Jahrzehnte nicht aufgefangen werden, so Yvonne Zimmermann, grünes Mitglied im Umweltausschuss.
Klage gegen Hauptbetriebsplan von RWE
Die Rodung des Bochheimer Wäldchens ist Bestandteil des von der Bezirksregierung Arnsberg Anfang des Jahres zugelassenen Hauptbetriebsplans 2021 bis 2024 für den Tagebau Hambach . Gegen diese Zulassung hat der BUND Klage eingereicht. Dieser Hauptbetriebsplan, der etwa den Abbau und die Verkippung für die nächsten vier Jahre regelt, ermöglicht ein Fortschreiten des Tagebaus nach Südosten auf weiteren 263 Hektar, ein Stück über die ehemalige Autobahntrasse hinaus.
In dieser Zone liegt das Bochheimer Wäldchen, das sich nördlich der Autobahntrasse befindet. Wie die Bezirksregierung seinerzeit mitteilte, diene der Hauptbetriebsplanes 2021 bis 2024 dem Übergang in eine angepasste Betriebsplanung mit dem Ziel des vorzeitigen Kohleausstiegs, bei dem der Hambacher Forst erhaltnen bleibe. Auch sei dieser Hauptbetriebsplan keine Vorentscheidung für die umstrittene „Manheimer Bucht“, also die Abbaggerung des Orts Manheim-alt. Die Manheimer Bucht, die Kohlekritiker, aber auch die Stadt Kerpen ablehnen, würde sich, falls sie denn kommt, südlich anschließen.
RWE: Abholzung noch bis März 2022
RWE-Sprecher Guido Steffen betont, dass die Abholzung des Bochheimer Wäldchens nicht unmittelbar bevorstehe. Sie werde aber wohl noch in dieser Rodungsperiode erfolgen, also bis März 2022. „Wir müssen das tun“, sagt Steffen. Denn man brauche diese Fläche um den Tagebau Hambach zu Ende zu führen und eine standsichere Seemulde zu schaffen. Es solle dort eine vitale Bergbaufolgelandschaft entstehen.
Die BUND-Vertreter sehen das anders: Der Hauptbetriebsplan 2021 bis 2024 sei schon der Einstieg in die „Manheimer Bucht“. Bevor hier mit der Abholzung des Wäldchens Fakten geschaffen würden, sei der Ausgang der Klage gegen den Betriebsplan abzuwarten. Zudem sei vom Braunkohlenausschuss der Bezirksregierung gerade ein unabhängiges Gutachten zur Massengewinnung im Tagebau Hambach in Auftrag gegeben worden, das man ebenfalls abwarten solle. Möglicherweise zeige das Gutachten, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, den Tagebau zum Abschluss zu bringen, als bisher geplant.
Auch stehe der Kohlebagger aktuell noch rund 500 Meter vom Wäldchen entfernt. Selbst bei dem bisher geplanten Tagebaufortschritt sei es unnötig, das Wäldchen schon in dieser Rodungsperiode abzuholzen.