Eine selbsternannte Anarchistengruppe plant eine Aktionswoche im Hambacher Forst. Auf dem Programm: Workshops zum Thema Barrikaden-Bau.
Hambacher ForstWaldbesetzer in Kerpen wollen „Staat und Kapital das Leben schwer machen“
In den vergangenen Monaten war es ruhig im Hambacher Forst. Viele Baumhäuser standen leer, die Waldbewohner haben Barrikaden teilweise abgebaut. Geht es nun aber nach einer Gruppe selbsternannter Anarchisten, soll sich das wieder ändern. Sie wollen von Donnerstag bis Sonntag, 17. bis 26. November, die Aktionswoche „Festiwald“ veranstalten, um „Staat und Kapital das Leben schwer zu machen“.
Klettern, Bauen, Musik und Spiele, Lagerfeuer. Das deutschsprachige Plakat für den „Festiwald“ liest sich harmlos. Erst ein Blick ins englischsprachige Programm macht deutlich, was wirklich geplant ist. Im Programm ist die Rede von Workshops in Sachen Schlösser knacken, Sturmhauben häkeln, Barrikaden bauen. Ein Seminar trägt den Titel „Why I love shoplifting“. Auf Deutsch: Warum ich Ladendiebstahl liebe.
Liberale und Pazifisten sind beim Festiwald unerwünscht
Dann soll es antitechnologische und antizivilisatorische Diskussionsrunden geben. Auch Antispeziesismus ist für die Anarchisten ein Thema. Speziesismus ist ein Begriff für die unterschiedliche Behandlung von Lebewesen je nach Artzugehörigkeit. Ein Mensch etwa ist nach diesem Konzept mehr wert als ein Tier, ein Hund steht in der Hierarchie über Nutztieren wie Rindern und Schweinen. Antispeziesisten und Tierrechtler lehnen dieses Konzept ab.
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Die Veranstalter machen in der englischsprachigen Ankündigung auch deutlich, wen sie auf ihrem Festival nicht wollen. Darunter sind Menschen mit einer sexistischen, rassistischen oder behindertenfeindlichen Einstellung. Gleichzeitig raten sie aber auch Liberalen, Pazifisten und Menschen mit einer „cop-hugging mentality“ – Befürworter der Polizei – davon ab, die Aktionswoche und den Hambacher Forst zu besuchen. Es erfolgt aber auch die Klarstellung, dass diese Meinung nicht zwangsläufig von allen Waldbewohnern geteilt werde. Grundsätzlich gilt für den „Festiwald“ aber: Heterosexuelle Männer sind von einigen Aktivitäten ausgeschlossen. In einzelnen Bereichen des Waldcamps sind sie für die Veranstalter gar nicht willkommen.
RWE will die Waldbesetzer nicht provozieren
Rechtlich gehört der Wald dem Energieunternehmen RWE, dessen erklärte Gegner die Waldbesetzer sind. Ein Risiko für den Tagebau Hambach sieht RWE-Sprecher Jan Peter Cirkel aber nicht. „Wir kennen die Veranstaltung und gehen nicht davon aus, dass unsere Betriebsabläufe von ihr betroffen sind“, sagt Cirkel. „Der Wald ist öffentlich zugänglich und das Betreten des Waldes ist jedermann erlaubt.“ RWE habe sich deshalb in den vergangenen Jahren dort zurückgehalten, damit sich die Waldbesetzer nicht provoziert fühlen.
Eine unmittelbare Gefahr durch den „Festiwald“ oder Anzeichen für ein strafbares Verhalten sieht die Polizei Aachen nicht. Solche Workshops seien nicht strafbar, sagt Stefanie Kutsch, Sprecherin der Aachener Polizei. „Erst der Versuch oder die Ausführung – zum Beispiel eines Ladendiebstahls – begründet den Anfangsverdacht einer Straftat.“ Eine Auskunft über die anreisende Klientel könne sie nicht geben.
Anarchisten wollen weder Mobiltelefone noch Fotos im Hambacher Forst
Dennoch will die Polizei die Veranstaltung im Auge behalten. „Polizeilich relevante Veranstaltungen im Rheinischen Braunkohlerevier unterliegen einer stetigen Betrachtung und Bewertung durch die Polizei Aachen“, erläutert Kutsch. Auch habe das Aachener Polizeipräsidium ein Konzept mit den Polizeibehörden in Düren und Rhein-Erft für den Ernstfall entwickelt.
Für die Besucher haben die Veranstalter einige Ratschläge: Am besten sollten sie den Wald vermummt betreten, weder Ausweis noch Mobiltelefon mitbringen. Weil dies eine „besetzte Zone“ sei, seien jederzeit Polizeikontrollen möglich. Fotografieren im Forst verbieten die selbsternannten Anarchisten. Für sie ist der Hambacher Forst eine „no-picture area“.