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100 Jahre altKerpener Theaterverein bangt um seine Zukunft

Lesezeit 3 Minuten
Doktor Garfield muss zwischen seiner Geliebten und der Hotelmanagerin vermitteln.                                    Theaterverein Thalia Kein Platz für die Liebe Schulzentrum Sindorf

Die Farce „Kein Platz für die Liebe“ war nur eines von vielen Stücken, das der Theaterverein Thalia in seiner langen Geschichte aufgeführt hat.

Räume, Techniker und Nachwuchs fehlen. Der Kerpener Theaterverein Thalia startet nun einen letzten Versuch, seine Lage zu verbessern.

Nicht der Buchhändler Thalia hat der Thaliastraße ihren Namen gegeben. Und auch nicht die gleichnamige Muse aus der griechischen Mythologie. Die Straße hat ihren Namen vom Theaterverein Thalia - und ist somit die einzige Straße in Kerpen, die nach einem Verein benannt ist. Um den 100 Jahre alten Traditionsverein steht es im Moment allerdings nicht gut. Dieses Jahr fällt die Spielsaison aus, außerdem fehlen Mitglieder. „Wenn es so weitergeht, fällt bald der letzte Vorhang für Thalia“, sagt Vereinsvorsitzender Hans-Josef Pütz. Ganz aufgegeben hat er aber noch nicht.

Thalia steht im November auf der Bühne im Schulzentrum. Das war mehr als 40 Jahre lang die Regel in Sindorf. Seit der Corona-Pandemie aber findet der Verein nicht in den schauspielerischen Alltag zurück. Der Techniker verlässt altersbedingt den Verein. Der Bühnenwart, Pütz Sohn, lebt in Österreich und ist deshalb nicht so flexibel wie jemand, der vor Ort wohnt. „Und von dem Mangel an Schauspielern will ich gar nicht erst anfangen. Aktuell haben wir nur noch eine Frau. Welches Stück hat nur eine Frau in der Besetzung?“, sagt Pütz. Ein junges Pärchen habe er zwar für den Verein begeistern können. „Wenn wir aber nächstes Jahr nicht spielen können, verlieren wir die beiden vielleicht wieder.“

Thalia hat bisher in der Aula des Schulzentrums geprobt

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Thalia fehlen die Räume. Seit 1978 haben die Schauspieler in der Aula des Schulzentrums Horrem-Sindorf geprobt und ihre Stücke aufgeführt. Vor zwei Jahren haben sich dann die Karnevalsvereine die gegenüberliegende Mensa für Veranstaltungen gesichert - und das für mehrere Jahre im Voraus. Für den Traditionstheaterverein ist also kein Platz mehr.

Hans-Josef Pütz und Sohn Lukas blicken sich entsetzt auf der Bühne an.

Hans-Josef Pütz und Sohn Lukas zeigen wie die anderen Vereinsmitglieder viel Einsatz.

„Leider können wir mit unseren Aufführungen nicht auf den Oktober ausweichen,“ sagt Pütz. Die Bühne müssten die Schauspieler während des Schulbetriebs aufbauen und nicht wie gewohnt in den Herbstferien. „Das heißt: täglich die Bühne auf- und abbauen. Das können wir nicht leisten.“Als neue Spielzeit rückt für den Verein der April in den Fokus. 2023 hatte Thalia bereits seine Spielzeit ins Frühjahr verlegt. Optimal war die Lösung allerdings nicht. „Herbstzeit ist Theaterzeit. Im April fehlt uns das Publikum, viele Plätze bleiben leer“, sagt Pütz. Im Herbst hingegen sei es kein Problem, alle Karten für die neun Aufführungen zu verkaufen.

Soziale Medien sollen bei Schauspielersuche helfen

Zumindest gegen den Schauspielermangel helfen soll nun ein Aufruf in den Sozialen Medien. Mitbringen müssen Interessenten laut Pütz nur drei Eigenschaften. „Sie müssen sich auf die Rolle einlassen, brauchen ein bisschen Talent und sollten sich nicht ganz so ernst nehmen.“

Von seinen Schauspielern verlangt der Verein allerdings viel Einsatz - mehr Einsatz, als es für Amateurtheatervereine üblich ist. Ab Mitte das Jahres proben die Thalianer normalerweise zwei Mal die Woche zwei Stunden. In der letzten Woche vor der Aufführung proben die Schauspieler sogar täglich. „Hört man dann aber das Lachen des Publikums, den Applaus, dann war es das alles wert. Es gibt kein erhabeneres Gefühl als auf der Bühne zu stehen“, erläutert Pütz.

Verpflichtungen gibt es für die Mitglieder des Vereins kaum welche. Der Vorstand diskutiert sogar darüber, Schauspieler mitspielen zu lassen, die keine Vereinsmitglieder sein wollen. Melden können sich Interessenten bei Pütz unter 02273/52304 oder auf der Internetseite des Theatervereins.

„Ich habe wenig Hoffnung, dass es uns nächstes Jahr noch gibt“, sagt Pütz. „Das Theater ist unsere Leidenschaft. Es wäre schön, wenn wir noch ein paar Leute anstecken könnten, bevor es vorbei ist.“ Für Sindorf wäre das Ende des Theatervereins Thalia ein großer Verlust: Zu seinen Glanzzeiten hat der Verein vor 5000 Leuten gespielt - mehr als ein Viertel der Einwohner des Kerpener Ortsteils.