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HochwasserschutzZwischen Kerpen und Erftstadt entsteht eine neue Erft

Lesezeit 3 Minuten
Eine Baggerschaufel auf der Wiese, auf der die neue Erfttrasse entstehen soll.

Der Bagger steht schon: Hier entsteht die neue Erfttrasse.

Zwischen Kerpen und Gymnich verlegt der Erftverband die Erft. Das Ziel: Einen naturnahen Flusslauf schaffen, der vor Hochwasser schützt.

Überflutete Straßen, gebrochene Dämme und Menschen, die hüfttief im Wasser stehen. Die Bilder der Überschwemmungen in Süddeutschland wecken im Rhein-Erft-Kreis Erinnerungen an die Flutkatastrophe 2021. Seitdem haben Bund, Land und Kreis daran gearbeitet, die Hochwassergefahr im Kreis zu reduzieren. Demnächst kommt eine weitere Maßnahme des Erftverbands hinzu - und die reduziert die Hochwassergefahr noch einmal deutlich. Der Verband verlegt die Erft zwischen Kerpen und Gymnich.

Mit einem ersten Spatenstich haben der Erftverband, Vertreter der Städte Erftstadt und Kerpen, Landrat Frank Rock (CDU) und NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) den Startschuss für das Renaturierungsprojekt gegeben. Bis Ende 2025 kommt auf den Erftverband einiges an Arbeit zu. Laut Krischer ist die Verlegung der Erft aktuell das größte Renaturierungsprojekt in Nordrhein-Westfalen.

Länge des Erft-Abschnitts soll sich verdoppeln

Aus der 2,5 Kilometer langen, geraden Erfttrasse soll ein 5,5 Kilometer langer, mäandernder und naturnaher Bachabschnitt werden. Außerdem legt der Verband drei Brücken, ein neues Wehr in der kleinen Erft und ein Raugerinne an. Ein Raugerinne ist eine treppenartige Struktur aus Steinen im Gewässer, durch das Fische und wirbellose Tiere schwimmen können. Die Sohlschwellen, die es aktuell in der Erft gibt, sind für Wassertiere nicht passierbar.

Mit dem ersten Spatenstich haben die Städte Kerpen und Erftstadt, der Rhein-Erft-Kreis, der Erftverband und NRW-Umweltminister Oliver Krischer den Startschuss für die Verlegung der Erft gegeben.

Mit dem ersten Spatenstich haben die Städte Kerpen und Erftstadt, der Rhein-Erft-Kreis, der Erftverband und NRW-Umweltminister Oliver Krischer den Startschuss für die Verlegung der Erft gegeben.

Verläuft alles nach Plan, dauern die Arbeiten 13 Monate. Für Ruth Haltof, zuständige Planungsingenieurin des Erftverbands, sind die 13 Monate nur die Spitze des Eisbergs. „Bis zum Spatenstich war es ein langer, zäher Weg. Den ersten Scoping-Termin beim Rhein-Erft-Kreis hatten wir 2007“, sagt die Ingenieurin.

Seitdem ist viel passiert. Unter anderem hat der Erftverband Haselmäuse umgesiedelt, Wälder gerodet, ein Laichgewässer in einer Kiesgrube angelegt und sich um Habitate für Vögel gekümmert.

Schwermetalle aus Mechernich belasten den Boden

Für die Erft-Verlegung bewegt der Erftverband rund 280.000 Kubikmeter Boden. Der wird laut Verband ausschließlich im Projektgebiet zur Gestaltung von Aue und Gewässersohle verwendet. Etwas anderes ist auch gar nicht möglich: Weil der Boden in Erftnähe zu stark mit Schwermetallen belastet ist, darf er nicht abtransportiert werden. „Über den Veybach gelangen Schwermetalle aus dem Burgfeyer Stollen bei Mechernich in die Erft“, sagt Haltof. Und diese würden sich dann im Boden anreichern.

Zu den Schwermetallen aus dem Stollen zählen Zink, Kupfer, Cadmium und vor allem Blei. Sorgen müsse sich aber niemand machen, der weder Wasser noch Erde verzehre. Auch die Rinder, die auf der Weide an der künftigen Erftaue grasen, sollen laut Haltof mit einem Weidezaun vor belastetem Wasser geschützt werden.

In den beiden Städten Kerpen und Erftstadt ist der Blick auf das Projekt des Erftverbands ein positiver. „Wenn ich die Erft-Verlegung mit einem Wort beschreiben müsste, wäre das: super“, sagt Kerpens Technischer Beigeordneter Thomas Marner. „Allein die Tatsache, dass hier aus rund zwei Kilometern Erft mehr als fünf werden, zeigt die Bedeutung für den Hochwasserschutz.“ Marners Erftstädter Pendant Dirk Schulz sieht das ähnlich. „Das Projekt bietet aber mehr als nur Hochwasserschutz“, sagt Schulz. Auch die Naherholung der Bürger profitiere.

Für kleine Verzögerungen kann nur noch der Landschaftsverband Rheinland (LVR) sorgen. Aktuell gräbt er im Westen des Gebiets, durch das später die Erft fließen soll. Der Grund: archäologische Funde. „Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Funde einen großen Einfluss auf unsere Arbeiten haben“, erläutert Haltof. „Wir arbeiten auf fünf Kilometern. Wir müssen also nicht unbedingt da anfangen, wo der LVR gräbt.“