Erftverband, DLRG und Feuerwehr testen eine neue Konstruktion, die verhindern soll, dass Menschen unfreiwillig in den Sog des Wassers geraten.
ErftverbandNach Tod eines Schülers in Bedburg – Rettungsbalken am Erft-Wehr angebracht

Die DLRG probte den Ernstfall am Wehr in der Bedburger Innenstadt. Ein neuer Rettungsbalken soll verhindern, dass Menschen in den Sog des Wassers am Wehr geraten.
Copyright: Dennis Vlaminck
Strömungsretter der DLRG stehen am Wehr, einige springen ins schäumende Wasser, während sich ein junger Mann oberhalb der Staustufe an einen Metallbalken klammert, um von der Strömung nicht ins Wehr gedrückt zu werden. Auch Feuerwehrleute stehen am Geländer und schauen bei der Rettungsaktion zu.
Betrachter der Szenerie und Anwohner mögen sich an das schlimme Unglück am Wehr erinnert haben, das 2022 einen 16-Jährigen das Leben kostete. Doch was sich am Montagnachmittag, 24. März, am Wehr in der Bedburger Innenstadt abspielt, ist kein neuerlicher Unfall, sondern eine Übung. Ein Test eines Rettungsbalkens unter realen Bedingungen.
Bedburg: Sicherheit auf der Erft soll verbessert werden
Für die Wehranlage in Bedburg wurde laut Erftverband eigens ein Rettungsbalken konzipiert, der unmittelbar vor dem Wehr angebracht wurde und verhindern soll, dass ein Schwimmer oder Kajakfahrer ins Wehr hineingetrieben wird. Und auf DLRG-Strömungsretter Tom Birk aus Brühl kam die Aufgabe zu, den Balken auf Tauglichkeit zu testen. „Ich konnte mich gut an dem Balken festhalten“, sagt Birk, der auch vergebens versuchte, ein Kanu und ein Kajak an dem Balken vorbei ins Wehr zu steuern.
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Auch für Ulrich Muris vom Erftverband ist der Testlauf ein Erfolg. „Es muss schon mit dem Teufel zugehen, wenn ein Mensch an dem Balken vorbei ins Wehr gerät“, sagt er. 15.000 Euro hat die Konstruktion nach seinen Angaben gekostet. Sechs weitere Wehre am Unterlauf der Erft sollen nun mit solchen Balken ausgestattet werden.
Fast drei Jahre ist das Unglück am Wehr in der Bedburger Innenstadt nun her, in dessen Folge ein 16 Jahre alter Schüler aus Köln starb. Die von einem Guide begleitete Fahrt mit mehreren Kajaks auf der Erft sollte im Sommer 2022 die Abschlussfahrt einer Schulklasse sein. Doch was als spaßiger Ausflug gedacht war, endete in einer Tragödie.
Vor dem Wehr, in dem das Wasser auf ein tieferes Niveau stürzt, müssen eigentlich alle Kajakfahrer ausbooten und ihr Kajak um das Bauwerk tragen. Doch der Junge kenterte vor dem Wehr, trieb ab und wurde von der Strömung über die Staustufe gedrückt.
Ein damals 52 Jahre alter Lehrer geriet beim Versuch, seinen Schüler zu retten, ebenfalls in den Sog des Wehrs, das hinter der Staustufe eine tückische und tödliche Kraft entwickelt: Das herabstürzende Wasser entwickelt eine Walze, die Menschen und Gegenstände immer wieder zurück ins Wehr zieht, zum anderen wird dermaßen viel Luft in das Wasser gemischt, dass es kaum noch Dichte hat und Menschen auch mit Schwimmweste einfach untergehen. „Selbst geübte Schwimmer kommen da nicht alleine raus“, sagt Tim Grippekoven von der DLRG Bedburg.

Die DLRG probte den Ernstfall am Wehr in der Bedburger Innenstadt. Strömungsretter sprangen vom Wehr ins schäumende Wasser und testeten die Kraft des Wassers.
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Der Lehrer konnte rechtzeitig über eine Leiter gerettet werden, und einem Feuerwehrmann gelang es, auch den leblosen Jungen aus dem Wasser zu ziehen. Nach einer Wiederbelebung lag er lange in einem Kölner Krankenhaus, bis die Ärzte ihn für tot erklärten.
Der Erftverband und andere reagierten in den Monaten nach dem Unglück, um die Sicherheit am Bedburger Wehr zu erhöhen. Die Bedburger Feuerwehr etwa schaffte gelbe Auftriebskörper an, die einem Verunglückten um den Hals gelegt werden können, damit er mit dem Kopf über Wasser bleibt, und für die Feuerwehrleute gab es neue Rettungswesten mit Leinen, um Rettungskräfte und Verunglückte aus dem Wasser geziehen zu können.
Vor das Wehr in der Bedburger Innenstadt ließ der Erftverband ein zusätzliches Drahtseil spannen, an dem rote Rettungsbojen hängen, um damit zu verhindern, dass jemand über die Anlegestelle hinaus paddelt. Zwei neue Rettungsringe wurden angebracht, auch eine öffentlich zugängliche Strickleiter hinterlegt. Und: Die Björn-Steiger-Stiftung stellte an den Wehren in Bedburg und in Broich solarbetriebene Notrufsäulen auf.

Ein Strömungsretter der DLRG testet, ob der Rettungsbalken am Wehr in der Bedburger Innenstadt ein Kajak aufhält.
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Nun also auch noch der Rettungsbalken, der sich per Handkurbel nach oben bewegen lässt, sollte sich darin Treibgut verfangen haben. Der Verband teilt nach der Übung mit: „Wichtig bleibt, dass Freizeitsportler die Nähe zu Wehren eigenverantwortlich meiden müssen, um sich nicht in Gefahr zu begeben. Die Warnhinweise an der Erft sind uneingeschränkt zu beachten.“ Auch der Betreiber der Kajaktouren müsse seinen Beitrag zur Sicherheit auf der Erft leisten.

Nach dem Kajak-Unfall auf der Erft am Wehr in der Bedburger Innenstadt war die Bestürzung groß. Ein Orthopädie-Schuhmacher hält immer einen Rettungsring bereit. Damit wurde der Lehrer gerettet.
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DLRG und Erftverband zogen aus der Übung aber auch gleich Schlüsse zur Verbesserung der Konstruktion. So schlugen die Strömungsretter vor, am Wehr knapp oberhalb der Wasserlinie einen Handlauf anzubringen, damit sich Menschen nicht dauerhaft am Balken festklammern müssen, sondern sich leichter ans rettende Ufer ziehen können. „Ein guter Vorschlag“, befand auch Muris, der zugleich mahnte: „Wir sind weit davon entfernt, dass die Erft sicher ist. Wir haben sie nur ein Stückchen sicherer gemacht.“