Kerpen/Hambach – Nach einem lauten Knall brach am Freitag der Bagger 259 knirschend und ächzend in sich zusammen. RWE Power hatte das Ungetüm mit kontrollierten Schnittsprengungen in die Knie gezwungen.
Mit dem Kohleausstieg wurde der Bagger überflüssig. Bis Ende vergangenen Jahres arbeitete er auf der obersten Sohle bei Merzenich-Morschenich. Da sich der Tagebau dort nicht weiter nach Süden ausbreiten wird, haben die Tagebauer das Großgerät nach der Empfehlung der Kohlekommission, den Hambacher Forst zu erhalten, abgestellt. Später wurde die energiepolitische Weichenstellung endgültig. Seitdem wurde er ausgeschlachtet und Ersatzteile für baugleiche Geräte eingelagert. Schließlich war er erst vor vier Jahren für 17 Millionen Euro runderneuert worden.
Bagger 259 in Zahlen
Gebaut wurde Bagger 259 vor 60 Jahren. Drei bis vier Großgeräteführer waren pro Schicht nötig, um ihn zu fahren. Er war 70 Meter hoch, 210 Meter lang, 31 Meter breit und wog insgesamt 7800 Tonnen. Ein 12 886 PS (9478 kW) starker Motor trieb 12 Raupenketten an. Das Schaufelrad mit zehn Schaufeln zu je 2,6 Kubikmetern Fassungsvermögen, angetrieben von zwei eigenen, je 1020 PS (750 kW) starken Motoren, hatte einen Durchmesser von 17,30 Metern und wog rund 100 Tonnen. (ftz)
Übrig blieb das stählerne Skelett, in das die Fachleute um Sprengmeister Michael Schneider 44,5 Kilogramm Sprengstoff an 264 statisch entscheidenden Stellen deponierten und verkabelten. Kurz vor 15 Uhr am Freitag ertönte, wie RWE-Sprecher Guido Steffen berichtet, ein erstes Warnsignal. Danach informierte die Polizei die Besetzer im nahen Wald per Megaphon über die Sprengung. Punkt 15 Uhr gab es eine leichte Vergrämungssprengung, um die letzten Vögel vom Bagger aufzuscheuchen. Zehn Sekunden später zündeten die Schneidladungen. Der Bagger sackte sofort in sich zusammen.
Elefantentreffen
Große Bekanntheit erlangte Bagger 259, der 100 000 Tonnen Erdreich und Braunkohle pro Tag verarbeiten kann, vor 19 Jahren. Begleitet von großem Publikumsinteresse fuhr er vom Tagebau Bergheim auf dem Landweg über Autobahn, Erft und Bahnlinie hinweg zum Tagebau Hambach. An der Autobahn 61 bei Elsdorf-Niederembt gab es ein Elefantentreffen mit dem großen Bruder 288, der mit 240 000 Tonnen Tagesumsatz mit drei gleichen als größter Bagger der Welt gilt. Er zog damals von Hambach nach Garzweiler um. (ftz)
Beobachter, auch Berichterstatter der Medien, warn nicht informiert und vor Ort zugelassen. „Das haben wir zur Sicherheit wegen Corona nicht publik gemacht. Wir wollten Menschenansammlungen ausschließen“, begründet Steffen die bis Freitagabend zurückgehaltene Information. Es handele sich nicht um den Bagger, der per Internet zum Verkauf angeboten worden ist, betonte er auf Nachfrage.
Bagger war ans Herz gewachsen
„Der Entschluss zur Aufgabe des Baggers war kein einfacher Schritt, denn unsere Kollegen haben viel Arbeitszeit mit und auf dem Gerät verbracht. Dieser Bagger war uns auch ein Stück weit ans Herz gewachsen. Wir stehen aber zu den getroffenen Kompromissen und hoffen, dass alle anderen dies auch tun“, sagt Thomas Körber, Leiter des Tagebaus Hambach.
„Jetzt geht es an die Fleißarbeit des Zerkleinerns und Abtransportierens“, erläuterte Projektleiter Lars Krone nach der erfolgreichen Sprengung. 7000 Tonnen Stahl müssen mit Hydraulikschere und Schneidbrenner zerkleinert und anschließend gewinnbringend verschrottet werden. Bagger 260 wird derweil auf der Kerpen-Manheimer Seite vor Elsdorf-Berrendorf die oberste Sohle außerhalb des Waldes weiter gen Süden vorantreiben.