Es sind nur drei Buchstaben. Aber der Verzicht von „neu“ im Ortsnahmen markiert zwölf Jahre nach der Aufgabe von Manheim-alt die Umsiedlung in Kerpen.
Wegen Braunkohle umgesiedeltManheimer feiern – Manheim-neu ist nun auch offiziell Geschichte
„Heimat es do, wo de glöcklich bes“ – weil es so gut zum Anlass passte, zitierten die Festrednerinnen und Festredner am Samstag bei den Feierlichkeiten zum offiziellen Abschluss der Manheimer Umsiedlung gleich mehrfach aus dem beliebten kölschen Heimatlied der Paveier. Ein symbolträchtiger Akt durfte ebenfalls nicht fehlen.
Umringt von Hunderten applaudierenden Menschen enthüllten Bürgermeister Dieter Spürck und Ortsvorsteherin Lonie Lambertz nahe dem Bürgerzentrum ein neues schwarz-gelbes Ortseingangsschild, das sich von der Vorgängertafel in einer gewichtigen Kleinigkeit unterscheidet: Es fehlen drei Buchstaben. Denn statt „Manheim-neu“, wie die bislang gängige Bezeichnung lautete, soll das innerhalb von zwölf Jahren aus dem Boden gestampfte Umsiedlungsdorf am Westrand des Kerpener Stadtzentrums fortan wie der alte Ort einfach nur Manheim heißen.
Das bedeute natürlich nicht, dass man das der Braunkohle geopferte und mit vielen Erinnerungen verknüpfte alte Manheim vollends vergessen wolle, betonte Lonie Lambertz: „Aber wir wollen zeigen, dass wir alle gemeinsam in der neuen Heimat angekommen sind und dass dieser schöne neue Ort nun wirklich unser Manheim geworden ist.“
Alles zum Thema RWE
- Interview Jeden Tag gehen 14 Hektar landwirtschaftliche Fläche in NRW verloren
- Tagebau Hambach Erste Rohre für Rheinwasserleitung nach Elsdorf sind eingetroffen
- RWE informiert Bürger So soll im Tagebau Hambach der zweitgrößte deutsche See entstehen
- Naturschutzprojekt Zwei Wildpferde von der Sophienhöhe nach Holland umgesiedelt
- Empfang in Bedburg Landwirte diskutieren über Herausforderungen der Branche
- Zukunft gesucht am Tagebau Garzweiler Gestalten lässt sich in den geretteten Dörfer viel, zurückkommen wollen aber nur wenige
- 414 Bewerber Kunstverein Frechen zieht ein positives Fazit zu Internationalen Grafik-Triennale
Die Ortsvorsteherin, der Bürgermeister, RWE-Power-Vorstand Lars Kulik und weitere Redner hoben in ihren Ansprachen immer wieder hervor, dass man mit Blick auf Manheim guten Gewissens von einer erfolgreichen Umsiedlung sprechen dürfe. Zu verdanken sei das beispielsweise dem rührigen Bürgerbeirat mit Willi Lambertz an der Spitze.
Das parteipolitisch unabhängige Gremium habe von 2006 bis 2021 in genau 100 Sitzungen überaus hartnäckig für die Belange der Umsiedler gekämpft und der Stadt sowie RWE bei der Infrastruktur fürs neue Dorf so manches zunächst nicht eingeplante Zugeständnis abgerungen.
Vor allem aber sei es in Manheim offensichtlich besser als in Orten mit vergleichbarem Schicksal gelungen, nicht nur schicke neue Häuser zu bauen, sondern auch das gesellschaftliche Leben zu retten. „Insbesondere unsere vielen Vereine haben sich sehr engagiert, um ihre Angebote zu erhalten und sogar noch auszubauen. Damit haben sie ganz viel dazu beigetragen, die Besonderheit unseres Dorfes Manheim zu bewahren. Wir haben eben immer versucht, die Umsiedlung bei allen damit verbundenen persönlichen Härten auch als Chance zu betrachten, und ich denke, das ist uns auch gelungen.“
Das konnte man am Samstag auch hautnah erleben. Von der Schützenbruderschaft, mehreren Karnevalsgesellschaften und dem Fußballerverein bis hin zur Maigesellschaft, der Feuerwehr und dem Tambourcorps reichte das Großaufgebot, das sich am Vormittag nach dem Auftaktgottesdienst in der Albanus-und-Leonhardus-Kapelle in einen kunterbunten Festzug zum Bürgerhaus einreihte.
Dort wurde dann neben dem neuen Ortsschild gleich auch eine weitere Neuerung präsentiert: Auf dem Ostgiebel des Gebäudes prangen nun die Wappen und Logos von stolzen 25 in Manheim aktiven Vereinen und Institutionen – wahrlich nicht schlecht für ein Dorf mit knapp 1700 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Das neue Manheim ist damit in etwa so groß wie der alte Ort bei Beginn der Umsiedlung. Auch viele junge Familien haben sich dort niedergelassen, wie Lonie Lambertz mit einem lachenden und einem weinenden Auge erklärt: „Die wenigen noch freien Baugrundstücke sind heißbegehrt und Zuziehende von außerhalb bei uns stets herzlich willkommen. Leider ist der neue Kindergarten dadurch schon wieder zu klein geworden. Ich hoffe sehr, dass er bald von drei auf fünf Gruppen ausgebaut wird.“
Die Umbenennung hat auch die kuriose Folge, dass es in Kerpen nun zwei Manheime gibt – das alte, immer noch von etwa 30 Menschen besiedelte Dorf mit der Postleitzahl 50170 und das neue mit der Postleitzahl 50171.