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DenkmalpflegeLVR in Pulheim kann nun auch das Alter von Bauholz datieren

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann bohrt einen Holzbalken an.

Norbert Engels zieht mit einem Hohlbohrer eine zum Ausmessen der Jahrringe benötigte Probe aus einem Holzbalken.

Das auf dem Gelände der Abtei angesiedelte Labor für Dendrochronologie bietet den dort tätigen Fachleuten der Bauforschung neue Möglichkeiten.

Marc Peez klingt begeistert. „Es ist für uns ein Sprung in die Zukunft“, sagt der Leiter der Abteilung Restaurierung im Amt für Denkmalpflege im Rheinland des Landschaftsverbandes Rheinland. Das LVR-ADR, so die Kurzform, ist das erste Fachamt in Deutschland, das ein nicht kommerzielles Labor für Dendrochronologie besitzt.

In den auf dem Gelände der Abtei angesiedelten Räumen können die Fachleute nun anhand der Jahrringe das Alter von Hölzern ermitteln und somit wichtige Hinweise auf die Entstehungszeit historischer Gebäude gewinnen.

Pulheim: Fachleute ließen sich in Bamberg schulen

Das Labor eröffne viele Möglichkeiten für die Erforschung der Kulturlandschaft Rheinland und biete die Chance, das kleine Fachgebiet der Dendrochronologie künftig auch in anderen Denkmalämtern Deutschlands zu etablieren, sagte der Restaurator bei einem Pressegespräch.

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Für die Bauforschung ist das Labor ein Meilenstein, sind Bauforscherin Anne Lambert und ihre Kollegen, die Holzrestauratoren Norbert Engels und Werner von Schorlemer, überzeugt. Die Fachleute im Dienst des LVR haben sich in den vergangenen Monaten am dendrochronologischen Labor der Otto-Friedrich-Universität Bamberg schulen lassen.

Der eckige Bohrkern.

Der fertige Bohrkern. Er wurde in fünf verschiedenen Körnungen geschliffen und so in die eckige Form gebracht, auf Holz aufgeleimt, nummeriert und beschriftet.

Die Einrichtung in Oberfranken und das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland arbeiten schon viele Jahre zusammen. In der Vergangenheit wurden in dem Bamberger Labor auch Hölzer aus dem Rheinland datiert. Im vergangenen Jahr sind die Verantwortlichen in Bamberg und Brauweiler einen weiteren Schritt gegangen.

Sie haben einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, anschließend wurde das Labor auf dem Abteigelände eingerichtet. Ein erstes gemeinsames Projekt gab es auch schon, es liegt allerdings einige Zeit zurück und war quasi der Auslöser für die im Juni mit einem Vertrag besiegelte Kooperation.

Der Bildschirm eines Computers. Im oberen Teil sind Jahresringe eines Baumes zu sehen, im unteren verschiedene Kurven.

Mit einem Computerprogramm werden die Jahresringe, die je nach Baum und Klimabedingungen variieren, ausgemessen. Es ergibt sich eine Jahrringkurve.

Die enge Kooperation habe eigentlich mit der Hochwasserkatastrophe an der Ahr begonnen, ergänzte Dr. Thomas Eißing, Leiter des Labors für Dendrochronologie und Gefügekunde an der Universität Bamberg. Im Mai und November 2022 sowie im März 2023 „haben wir in Bad Münstereifel gemeinsam die Dachstühle untersucht“.

34 denkmalgeschützte Gebäude, die vor der Flut nicht zugänglich oder verdeckt waren, haben die Fachleute für Dendrochronologie und Bauforschung mit insgesamt 217 Proben untersucht. „Wir haben den Eigentümern die Gutachten nach kürzester Zeit, innerhalb von 14 Tagen übergeben.“ Das habe einen enorm tollen Effekt in der Stadt gehabt. „Es hat ein positives Feedback gegeben.“

Da sei letztendlich die Idee entstanden, die Dendrochronologie dauerhaft in Brauweiler zu etablieren. In Kombination mit der Bauforschung sei es möglich, nicht nur Zahlen zu liefern, sondern auch andere Fragestellungen, wie etwa waldgeschichtliche, zu beleuchten. „Es gibt einen tollen Mehrwert. Die Dendrochronologie hat sich, weil sie sehr schnell ist und tolle Ergebnisse liefert, als eine sehr effektive Methodik herausgestellt in der Beurteilung von Holzdach- und Fachwerken, zu denen man bislang keine Quellen hat.“

Zwei Untersuchungsergebnisse haben die Fachleute aus Bamberg und Brauweiler nach ihren Einsätzen in Bad Münstereifel überrascht. Eißing: „Das zurzeit älteste Fachwerkhaus im Rheinland datiert aus dem Jahr 1421, der älteste erhaltene Dachstuhl mit einem niederländischen Tragprinzip aus dem Jahr 1409. Sie sind 100 Jahre älter als alles, was bisher bekannt war.“


Wie lässt sich das Alter von Bauholz ermitteln?

Wird ein Baum gefällt, sind an der Schnittstelle viele Ringe zu sehen. Jeder Ring steht für ein Wachstumsjahr. Je älter ein Baum ist, desto mehr Jahresringe hat er. Die zum Ausmessen der Jahrringe benötigten Proben werden vor Ort mit einem Hohlbohrer aus den Bauhölzern gezogen. Anschließend werden sie in fünf verschiedenen Körnungen geschliffen, auf Holz aufgeleimt, nummeriert und beschriftet.

Mit einem Computerprogramm werden die Jahresringe, die je nach Baum und Klimabedingungen variieren, ausgemessen. Es ergibt sich eine Jahrringkurve. In einem weiteren Schritt wird sie mit anderen, auf einem Rechner hinterlegten Kurven verglichen. Diese Standardchronologie geht bis in das Jahr 1109 zurück.