Wesseling – Ein Großprojekt wie das, was die Rheinland Raffinerie Shell in Wesseling auf die Beine gestellt hat, gibt es nicht alle Tage. 2000 zusätzliche Arbeiter aus 20 Ländern, 17 Kräne, 15 Projekte, 250.000 Kubikmeter Gerüst, 4000 Dichtungen, 1600 Schrauben und drei Jahre Vorbereitung; das sogenannte Chemie Event war auf dem Shell-Werksgelände einer der umfangreichsten Wartungsstillstände der vergangenen Zeit.
„Es ist ein wenig wie ein TÜV-Stempel“, sagt Stillstandsleiter Andreas Loschelder. Die Olefinanlage und zwei nachgeschaltete Anlagen mussten gewartet werden. „Zusätzlich kamen etliche Projekte zur Prozesssicherheit dazu“, sagt Loschelder. Die Sicherheit und Technik entwickeln sich stetig weiter, sodass das Unternehmen gleichzeitig an den Anlagen nachgerüstet hat. Auch bei den Maschinen, bei den Steuerungsanlagen und den Systemen, fanden Modernisierungsarbeiten statt. In der Anlage wird normalerweise Rohbenzin, sogenanntes Naphtha, mit Hilfe von Dampf gespalten. Dadurch entstehen kurze Molekülketten, die beispielsweise für Kunststoffe für die Automobil- und Bauindustrie oder Farbstoffe benötigt werden. Dass ausgerechnet das „Herzstück“ der Anlage mit der Wartung dran war, sei kein Problem gewesen: Die dort produzierten Rohstoffe kämen ersatzweise überwiegend aus Godorf nach Wesseling, berichtet Loschelder.
Kosten liegen in unterer dreistelliger Millionenhöhe
Zwei Drittel der Anlage seien außer Betrieb gewesen, nun folge langsam die Wiederinbetriebnahme, sagt Loschelder. Dabei werden verschiedene Tests vorgenommen, bei denen es auch mal zur Fackeltätigkeit kommen kann.
„Wir müssen sehen, dass alles, was umgesetzt wurde, auch funktioniert“, erläutert Loschelder. Anfang nächster Woche sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Kosten für die Revisionsarbeiten lagen nach Auskunft des Unternehmens in unterer dreistelliger Millionenhöhe.
Kein einziger Corona-Fall während des Stillstands
Geplant war der Stillstand schon für April, aufgrund der Pandemie musste das Unternehmen das Mammut-Vorhaben allerdings verschieben. „Im April hätten uns die nötigen Fachkräfte gefehlt, weil sie Schwierigkeiten bei der Einreise bekommen hätten. Auch die Fachteile, die aus Italien geliefert wurden, wären nur schwierig zu beschaffen gewesen“, sagt Raffineriedirektor Dr. Marco Richrath.
Der Lockdown wirke sich bis heute auf die Materialbeschaffung aus. Aus diesem Grund hat sich das Unternehmen, in Abstimmung mit dem Kreisgesundheitsamt, auf die Verschiebung auf Ende August geeinigt, um die nötigen Fachkräfte zur Wiederaufnahme der Anlagen im Werk haben zu können. Trotz der vielen zusätzlichen Arbeiter gab es keinen einzigen positiven Corona-Fall während des Stillstands. „Wir haben überwiegend im Freien arbeiten können. Für Arbeiten, die drinnen stattfinden mussten, haben wir extra Helme angeschafft, bei denen ein Visier runtergeklappt werden kann“, berichtet Loschelder. Die Mitarbeiter wurden außerdem in Gruppen eingeteilt, die Kantine, Duschen und Umkleiden nur getrennt nutzen durften.