Der Wasserverband Rhein-Sieg will das Hochwasserrückhaltebecken am Ohbach in Bad Honnef sanieren. Es bestehe aber keine akute Gefahr.
NaturschutzgebietWasserverband will Dammbruch am Ohbach im Schmelztal verhindern
In diesen sommerlichen Tagen plätschert der mehr als acht Kilometer lange Ohbach, der durch das Schmelztal im Siebengebirge und später durch Selhof in Richtung Rhein fließt, gemütlich vor sich hin. Doch der Mittelgebirgsbach kann auch anders, wie sich bei Hochwasser und Starkregen in der Vergangenheit schon gezeigt hat.
Ein Stück weit bremsen soll ihn in solchen Fällen ein Ende der 60er Jahren im Schmelztal an der Landesstraße 144 geschaffenes Hochwasserrückhaltebecken (HRB), das wegen seines markanten Betonturms mitten in einem Naturschutzgebiet auffällt. Rund 14 000 Kubikmeter Wasser können dort aufgestaut werden, bevor es durch einen Überlauf weiter zu Tal fließt.
Das Wort „Dammbruch“ tauchte in der Präsentation in Bad Honnef auf
Doch um das Bauwerk, das die Menschen und deren Gebäude im Siedlungsbereich des Ohbaches unterhalb des Beckens schützen soll, steht es nicht zum Besten. Das Wort „Dammbruchgefahr“ tauchte jüngst in einer Präsentation auf, die Oliver Thiele, Geschäftsführer des Wasserverbandes Rhein-Sieg-Kreis (WV-RSK), im städtischen Umweltausschuss präsentierte.
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„Es besteht keine akute Gefahr“, betont im Gespräch mit dieser Zeitung der Geschäftsführer des Verbandes, der im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis für alle Fließgewässer zuständig ist, die in die Sieg oder in den Rhein münden. „Es wurde nachgewiesen, dass das Hochwasserrückhaltebecken die heutigen technischen Anforderungen nicht erfüllt. Das heißt nicht, dass morgen etwas passiert. Aber man muss sich kümmern.“
Bei allen Überlegungen und Berechnungen geht es um ein sogenanntes 100-jähriges Hochwasser. Da puffert das Becken im Schmelztal „nur“ sieben Prozent der dann fließenden Wassermassen. Im Ausschuss zeigte Thiele zur Verdeutlichung des Risikos ein Foto der Deutschen Presseagentur von der Steinbachtalsperre nach der Flut im Juni 2021, an der auf der „Luftseite“ die Erde zum Teil weggespült war. Es bestand akute Dammbruchgefahr.
„Das Absperrbauwerk des Hochwasserrückhaltebeckens Ohbach ist ebenfalls ein Erddamm, welcher für Überströmungen nicht ausgelegt ist“, stand in der Präsentation. In solch einem Fall könnte der Damm brechen.
Nachdem eine regelmäßige Überprüfung des HRB Ohbach gezeigt hatte, dass es in Sachen Standsicherheit nicht die aktuelle technische Norm erfüllt, machten sich die Gewässerexperten Gedanken über eine Lösung. Und dabei kommen sie nach der Prüfung mehrerer Varianten zunächst auf eine Interimslösung.
Die sieht vor, die Dammkrone abzusenken und eine sogenannte Notüberlaufscharte zu vergrößern, dafür aber den Überlauf des Hochwasserentlastungsturms außer Betrieb zu nehmen. Damit würde die Dammscharte des Beckens zwar früher überflutet und das Wasser zielgerichtet abgeleitet. Durch die „Füllstandsreduktion“ sei das Bauwerk aber standsicher, so Thiele.
Quasi zum Ausgleich soll auf der „Luftseite“ des Dammes dem Ohbach mehr Raum gegeben werden, er sich also in die Breite ausdehnen können. Der Eigentümer des unmittelbar unterhalb des Dammes liegenden Grundstücks habe dafür Flächen zur Verfügung gestellt.
So könne über ein „Tosbecken“ die Strömung beruhigt werden, wie Thiele im Gespräch erläutert. Doch in einem Gesamtpaket zum Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasser entlang des Ohbaches ist die vorübergehende Dammveränderung nur ein Element. Weiter im Tal gebe es im Siedlungsgebiet zu viele Engpässe im und am Bach.
Hochwasserrückhaltebecken im Bad Honnefer Mucherwiesental geplant
Vor allem ist laut Oliver Thiele in der Vergangenheit die Bebauung zu nah an das Gewässer gerückt. Die Experten haben insgesamt vier Gebiete in Selhof ausgemacht, in denen der Bach verbreitert werden könnte. Dafür müssten Eigentümer eventuell Teile ihrer Grundstücke zur Verfügung stellen.
Die „Leistungsfähigkeit des Gewässers“ könne so bei einem Regenereignis maximiert“ werden, hieß es in der Präsentation. Das müsse passieren, bevor die Arbeiten am Ohbach-Becken starten, um die hydraulische Leistungsfähigkeit im Gewässer zu erhöhen und die Größe auch eines geplanten Beckens im Mucherwiesental berechnen zu können.
Denn für eine langfristige Lösung zum Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasser ist neben der Dammabsenkung und der Bachverbreiterung ein dritter Baustein nötig: Im Mucherwiesental soll an einer der Wiesen im unteren Teil ein Hochwasserrückhaltebecken am Weidenbach gebaut werden, der an der Landesstraße 144 in den Ohbach mündet, ihm also noch mehr Wasser zuführt.
Eingriffe ins Naturschutzgebiet Siebengebirge nötig
Über diese Idee sei schon nachgedacht worden, als Ende der 60er Jahre das Ohbach-Becken gebaut wurde, so Thiele. Für dieses Projekt müssten jedoch noch mal die hydrologischen Grundlagen verifiziert werden. Das romantische Mucherwiesental liegt ebenso wie das Hochwasserrückhaltebecken am Ohbach im Naturschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet (FFH) Siebengebirge.
Entsprechend muss die Planung auch ökologische Aspekte berücksichtigen, wie Oliver Thiele betont. Im Ausschuss äußerte er die Hoffnung, am Ohbach-Becken im Frühjahr 2026 anfangen zu können. Endgültig saniert werden solle es im Zusammenhang mit dem Bau des Beckens am Weidenbach.
Die Kosten für den Umbau des Beckens – also die Interimslösung – schätzt der Gewässerexperte auf rund 900 000 Euro. Das neue Rückhaltebecken im Mucherwiesental könnte nach einer groben Einschätzung 2,5 Millionen Euro kosten. Diesen Beträgen hält Oliver Thiele den volkswirtschaftlichen Schaden entgegen, der durch Hochwasser entsteht.
In der Sitzung hatte unterdessen Holger Heuser, der Erste Beigeordnete der Stadt Bad Honnef, klargestellt, dass es beim Ohbach „im Extremfall“ um einen Wasserstand gehe, der „nur“ einen Meter über dem Normalen liegt. Heuser: „Wir reden hier nicht über ein Ahrtal-Szenario.“