Polizisten sollen künftig erst nach fünf Extrastunden im Monat Mehrarbeit aufschreiben dürfen, Feuerwehrleute erst mit 61 oder 62 in Pension gehen.
„Die sehen viel, das ist eine hohe Bürde“Feuerwehrleute aus Rhein-Sieg protestieren gegen spätere Rente
Scharfe Kritik üben SPD-Politiker aus dem Kreis an den Plänen von Innenminister Herbert Reul zur Anhebung der Altersgrenze bei verbeamteten Feuerwehrleuten. Sie sollen, wenn sie im Einsatz- und Schichtdienst aktiv sind, erst mit 61 Jahren, wenn sie im Tagesdienst arbeiten, mit 62 Jahren in Pension gehen dürfen.
Der Innenminister argumentiert mit dem Fachkräfte- und Personalmangel und erinnerte in Stellungnahmen daran, dass auch Polizistinnen und Polizisten erst mit 62 Jahren in Pension gehen dürften. Er bezeichnete die Anhebung der Lebensarbeitszeit als moderat.
„CDU und Grüne ignorieren den Protest der Feuerwehrleute“, sagt Denis Waldästl, Mitglied im Landesvorstand der NRWSPD. „Wer im Schichtdienst immer wieder sein Leben riskiert und in einer 48-Stunden-Woche extremen Belastungen ausgesetzt ist, der muss auch weiterhin die Möglichkeit haben, mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand zu gehen.“
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Der Vorsitzende der SPD Rhein-Sieg und Bundestagsabgeordneter Sebastian Hartmann schlägt in die gleiche Kerbe: „CDU-Innenminister Reul scheint zu glauben, dass der Feuerwehrberuf durch längere Arbeitszeiten attraktiver wird. Die hohen körperlichen und psychischen Belastungen im Job scheint der Innenminister nicht zu registrieren.“
In den großen Berufsfeuerwehren sind hunderte Stellen nicht besetzt
Aus der Praxis kommen ähnliche Stimmen. Komba-Gewerkschafter Emanuel Bollinger, Feuerwehrmann in Siegburg, hat eine noch differenziertere Sicht auf die Lebensarbeitszeitverlängerung. Drei Aspekte hat er ausgemacht. So benötigten die Feuerwehren dringend Personal. In den großen Berufsfeuerwehren wie Köln, Berlin und München seien hunderte Stellen nicht besetzt.
Außerdem sei für viele das Einstiegsalter angehoben. Etliche kommen erst spät ins Berufsbeamtentum, Bollinger selbst gehört dazu. Und so gebe es eine Schere zwischen der Pension und der Rente, die erst einige Jahre später gezahlt werde. Diese Differenz könnte gemildert werden durch die Verlängerung.
Eindeutig bleibt er aber bei den Kolleginnen und Kollegen im Einsatzdienst. „Die sehen viel, das ist eine hohe Bürde“, sagt Bollinger, „da muss die Altersgrenze dringend beibehalten werden. Sonst wird es für die stark belasteten Einsatzkräfte ein kürzerer Lebensabend.“ Reul kritisiert er dafür, dass er so einen Allgemeinschlag macht. „Das ist nicht differenziert genug.“
Streit gibt es auch bei der Landespolizei im Rhein-Sieg-Kreis
Er wünscht sich eine genauere Unterscheidung zwischen Einsatz- und Verwaltungsdienst. Bollinger sieht ein, dass was getan werden muss, „aber unter dem Aspekt der Fürsorge“. Außerdem wünscht er sich eine vernünftige Ausbildungsoffensive. „Im Moment graben wir uns gegenseitig das Personal ab.“
Streit gibt es auch bei der Landespolizei. Geltendes Recht für alle Beamten ist, dass fünf Extrastunden im Monat nicht aufgeschrieben werden. Sie fallen unter die so genannte Bagatellgrenze und werden automatisch am Monatsende gestrichen. Für die Polizei galt diese Regelung bislang nicht. Doch der Innenminister hat verfügt, dass sie jetzt konsequent angewandt wird, auch für Polizistinnen und Polizsiten.
„Der Innenminister hat immer versprochen, bei ihm verfällt keine einzige Stunde. Diesem Anspruch muss er jetzt gerecht werden“, forderte Michael Mertens, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei NRW. Er forderte Reul auf, eine Gesetzesänderung zu machen oder eine Rechtsverdnung zu erlassen. Schließlich würden gerade bei den Gesetzeshütern häufig Überstunden angeordnet.
Der Kreisvorsitzende der GdP Rhein-Sieg, Bernhard Göbel, argumentiert ähnlich: „Mir stellt sich die Frage, ob die aktuelle Gesetzeslage, die für alle Beamten gilt, noch zeitgemäß ist“, erklärte er, „sie wird den besonderen Anforderungen an Polizistinnen und Polizisten nicht gerecht, die ganz anderen Belastungen ausgesetzt sind. Da muss nachgebessert werden.“
Wie die GdP vorrechnet, ist zwar von 2016 bis 2023 die Zahl der Mehrarbeitsstunden von 3,6 Millionen auf 1,7 Millionen gesunken. Doch parallel dazu sind die sonstigen Stundenguthaben von 1,8 Millionen auf 3,3 Millionen gestiegen. Denn neben dem Mehrarbeitsstundenkonto gibt es noch ein sogenanntes Differenzkonto und ein Lebensarbeitszeitkonto.