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Ferienstart in NRWRaststätte an der A3 in Siegburg wird zum Drehkreuz Richtung Süden

Lesezeit 4 Minuten
Volle Parkbuchten auf der Raststätte.

Viele Menschen halten an der Raststätte Siegburg-West Richtung Frankfurt, um eine Pause zu machen.

Tausende Urlauber schoben sich zum Start der Sommerferien durch die Baustellen in Rhein-Sieg Richtung Süden. Wo es die Reisenden hinzieht.

Die Sommerferien haben begonnen: Direkt nach Schulschluss machen sich in NRW die ersten Familien auf den Weg Richtung Süden – und halten auf ihrem Weg an der A3 an der Raststätte Siegburg-West. Umweht vom Odeur überteuerter Toilettengebühren machen Reisende zwischen Rinnsteinen und grauem Asphalt Pause – und erzählen, wohin sie unterwegs sind.

Tom Fröhlich zieht die Bockwurst aus dem Raststätten-Restaurant den Äpfeln und Gurken vor, die seine Frau Claudia vor der Fahrt geschnippelt hat. Sie sind mit Sohn Jamiro und Hündin Luna auf dem Weg an den Gardasee. Am Heck des Porsche Cayenne hängen zwei Fahrräder. „Die Wurst ist gut, könnte aber wärmer sein“, sagt Fröhlich und verfüttert die Reste an seine nimmersatte Hündin. Sie kommen aus Schermbeck im Kreis Wesel und sind direkt nach der Zeugnisvergabe losgefahren. Wie das ausgefallen ist? „Ist ok“, sagt der Demnächst-Neuntklässler und will gar nicht darüber reden. „Ist ok“, pflichtet die Mutter bei. „Fürs Medizinstudium wird’s nicht mehr reichen, aber wir lieben ihn trotzdem.“

Viele Menschen türkischer Herkunft sind zum Ferienstart unterwegs

Übernachten werden sie in Baden-Württemberg. „Da wohnt die Oma und Luna kommt in die Hundeferien. Vorher und nachher wird sie einmal gewogen“, scherzt Claudia Fröhlich. Auf der A3 sei viel Stau gewesen. „Die Baustellen machen die auch immer in den Sommerferien. Mit dem Anpfiff des Deutschland-Spiels wird’s nichts mehr. Wir dachten, es sei clever, wenn wir um 12 auf der Piste sind“, sagt Tom Fröhlich. „Früher gab's das nicht: Stau war höchstens am Brenner“, ergänzt seine Frau. Der Verkehr habe zugenommen – das führe sogar zu Staus an den Raststättenklos.

Eine Familie steht vor ihrem Auto.

Familie Yilmaz aus Eindhoven mit den Eltern Hatay und Yasmin sowie den Kindern Yusuf, Kadir und Kardelen ist auf dem Weg in die Türkei. Die EM-Spiele werden sie im Auto schauen.

Es sind auffällig viele Menschen türkischer Herkunft unterwegs, manche rollen zur Mittagszeit den Gebetsteppich aus. Mit ebenso vollgepackten Autos sind sie auf dem Weg in Richtung Heimat – so wie Familie Yilmaz aus Eindhoven in der Niederlande. Vater Hadir (50) fährt, Mutter Yasmin (43) leitet ihn. Und hinten vertreiben sich Kadir und seine Geschwister Kardelen (11) und Yusuf (5) die Zeit. „Wir hören Musik und tanzen ein bisschen, auch wenn der Platz gering ist“, sagt der 14-Jährige. Er spricht am besten Englisch und übersetzt für seine Eltern ins Türkische.

Sie werden wohl zwei bis drei Tage unterwegs sein, ehe sie in Istanbul, dem ersten Ziel ihrer fünfwöchigen Reise, ankommen werden. „Wir fahren das erste Mal im Auto, ich würde schon lieber fliegen“, sagt Kadir. So würden sie auch den ganzen Baustellen entgehen, die in Deutschland immer seien. „Und es gibt kein Tempolimit, das ist gefährlich“, ergänzt sein Vater. Das EM-Viertelfinale zwischen den Niederlanden und der Türkei am Samstagabend werden sie im Auto auf ihren Smartphones schauen. „Mein Vater fährt, ich erzähle ihm, was passiert“, sagt Kadir. „Wir sind für die Türkei – es wird ein knapper Sieg im Elfmeterschießen.“

Parkbuchten am Rasthof Siegburg/Bonn sind überfüllt

Mit Dachbox und vollem Kofferraum ist Familie Angenent aus Bocholt unterwegs. Die beiden Söhne, zwei und neun Jahre alt, tollen mit einem Ball vor dem Familienwagen umher. „Passt auf die Autos auf“, ermahnt Vater Maik die beiden. Sie wollen nach Kroatien, in eine Ferienwohnung auf Rab. Übernachten würden sie in München.

Eine Familie steht vor dem Auto.

Familie Fröhlich mit Tom, Jamiro und Claudia ist auf dem Weg an den Gardasee. Hündin Luna aber wird bei der Oma in Baden-Württemberg gelassen werden.

Es ist ihre erste Fahrt mit dem Auto in den Urlaub. „Das ist quasi ein Pilotprojekt. Aber mit dem Auto ist es billiger als mit dem Flugzeug, da zahle ich fünf- bis sechstausend Euro für 12 Tage“, sagt Angenent – und bereut es jetzt schon. „Die Zeit geht kaum runter. Das nächste Mal fahren wir nachts, ich bin das eh durch meine Arbeit gewöhnt. Da ist man eine Stunde schneller in München.“

Schulzeugnis ist auf dem Weg in den Urlaub kein Thema mehr

Drei Autos mit Duisburger Kennzeichen stehen neben den überfüllten Parkbuchten. Sie gehören zu Suad Mjeki und seinen Bekannten. Mehr als 2000 weitere Kilometer liegen vor ihnen, bis sie im Kosovo ankommen werden. Seine Kinder blieben sechs Wochen dort, er müsse arbeitsbedingt nach einer Woche zurückfliegen. „Wo wir auf der Fahrt übernachten, entscheiden wir spontan. Vielleicht in Österreich“, sagt der 40-Jährige. Ob sie da Verwandte hätten? „Nene, wenn du Verwandte hast, kommst du zwei Tage nicht weg“, sagt Mjeki und lacht.

Nach der Schule hätten sie noch kurz etwas gegessen, dann seien sie gestartet. Das Zeugnis seiner Großen solle kein Thema mehr sein. „Sie hat eine Vier in Mathe, ansonsten Zweien und Dreien – es hätte besser sein können“, schildert er. Eine Eins sei aber auch dabei. Sie freuten sich auf die Landschaft an der kroatischen Küste, die sie passieren würden. „Nicht alle von uns haben deutsche Pässe. Mit den kosovarischen kommen wir nicht durch Serbien, deswegen außen rum“, sagt Mjeki. „Für uns beginnt der Urlaub schon auf der Fahrt.“