Ein Autor aus Kaldauen forschte zu den Anfängen der Fliegerei in Siegburg in den 1930er Jahren.
Segelflieger in Kaldauen seit 1930er-JahrenWie Siegburg am Lendersberg flügge wurde
„Flieger, grüß mir die Sonne, grüß mir die Sterne und grüß mir den Mond. Dein Leben, das ist ein Schweben. Durch die Ferne, die keiner bewohnt“: 1932 packte Hans Albers die ganze Romantik und Abenteuerlust der Fliegerei in einen Gassenhauer. Auch Siegburger versuchten, den uralten Menschheitstraum wahr werden zu lassen.
Im Februar 1930 schleppte eine Gruppe junger Enthusiasten einen stoffbespannten Holzgleiter den Lendersberg bei Kaldauen hinauf und begann mit ersten Flugstunden. Mit Geschichte und Schicksal der Gruppe hat sich jetzt der Kaldauer Autor Ulrich Hofmann für seinen Band „Lendersbergpiloten – Eine kleine Segelfluggeschichte Siegburgs“ zusammengetragen, den er jetzt im Stadtmuseum vorstellte.
„Siegburg wird flügge“, schreibt Hofmann, und stellt die Anfänge in den historischen Kontext: Typisch für die 20er Jahre war eine umfassende Technikbegeisterung, der allerdings die restriktiven Bestimmungen des Versailler Vertrags entgegenstanden.
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Ab 1926 aber sollte es mit der zivilen Fliegerei aufwärtsgehen, und 1928 forderte gar das Reichsministerium für Handel und Gewerbe die Schulaufsichtsbehörden auf, theoretischen und praktischen Unterricht des Flugwesens aufzunehmen.
Anfänge der Fliegerei in Siegburg: Weltkriegsflieger als treibende Kraft
In Siegburg waren ein Weltkriegsflieger namens Königsfeld, der von Beruf Maler und Anstreicher war, und ein Oberlehrer Schmitz von der Berufsschule Bonn die treibenden Kräfte, die die Fläche für 20 Mark jährlich pachteten. „Der notorisch klamme Gemeinderat von Braschoß hatte für ein ansonsten nutzloses Stück Brachland eine jährliche keine Summe auf der Habenseite“, so Hofmann.
Die Gruppe brachte es schnell auf 50 Mitglieder und baute ihre Gleiter an der Mühlengasse, später in der Tönnisberger Straße. Am 12. Februar 1930 etwa wurden mehr als 30 Flüge durchgeführt.
1933 folgte auch für die Siegburger wie auch für die Hangelarer Vereinsflieger die Gleichschaltung im Deutschen Luftsport Verband. 1934 wurde für weitere Flüge ein zweiter Platz gerodet.
Die Ausbildung sah folgendermaßen aus: Am unteren Startplatz wurden „Rutscher“ geübt, bei denen der Gleiter in der Waage gehalten werden musste, dann folgten „Hüpfer“ mit kurzen Strecken im Flug und schließlich Flüge von mindestens 30 Sekunden Dauer. 400 Meter bis 450 Meter Flugstrecke dürfte sie damals zurückgelegt haben, schätzt Hofmann.
Die Schulgleiter vom Typ Grunau wurden mit dem Motor eines zweckentfremdeten Kleinwagens vom Typ Morris Minor den Hang hinaufgezogen. Helfer an Gummiseilen, „Gummihunde“ genannt, zogen die Gleiter in die Höhe. Hofmann fand auch Belege für den Besuch eines Siegburgers und eines Bonners in Hirzenhain bei Dillenburg, wo mehrstündige Flüge stattfanden.
Der Mitarbeiter der LVR-Bodendenkmalpflege stieß auf eine rästelhafte Fundstelle
Anhand von Luftaufnahmen, Schilderungen und Karten machte Hofmann, der promovierter Prähistoriker ist, die Lage der Anlagen aus. Der Zufall hatte ihn auf die Spur der Segelflieger gebracht: Bei der Neuaufnahme von Funden aus der Frühzeit für Außenstelle des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege in Overath, stieß er als ehrenamtlicher Mitarbeiter auf eine eigenartige Fundstelle in Kaldauen, die als „Baugelände der Wehrmacht“ vermerkt war.
Wie sehr im Lauf der Jahre und vor allem durch den Zweiten Weltkrieg die militärische Bedeutung der Segelfliegerei zunahm, zeigt eine Schilderung Hofmanns von 1943: Spätestens in diesem Jahr durfte nur noch an einer Ausbildung teilnehmen, wer eine Freiwilligenmeldung zur Luftwaffe unterschrieb. Diese sei auch ohne Unterschrift der Eltern gültig gewesen.
Vom harmlosen Vergnügen zum Himmelfahrtkommando
Nach dem Krieg sollte aus dem Segelfliegergelände eine Sandgrube werden, doch auf Luftaufnahmen von 1965 erkannte Hofmann „Äcker und Fruchtstand in Form von langen Streifen“.
Hofmann zieht ein bitteres Fazit: „Was als harmloses Wochenendvergnügen des lokalen Bürgertums in den späten zwanziger Jahren begonnen hatte, war später die organisierte Ausnutzung jugendlicher Begeisterung. Der dramatische Niedergang in der Qualität der militärischen Ausbildung und die Übermacht des Gegners machte aus Anfängereinsätzen Himmelfahrtkommandos.“
„Lendersbergpiloten – Eine kleine Segelfluggeschichte Siegburgs“ (ISBN 978-3-945953-31-0, 40 Seiten) ist im Rheinlandia-Verlag erschienen und für 12 Euro im Buchhandel sowie im Shop des Stadtmuseums erhältlich.