Siegburg – Lena Spieker hat den vielen Menschen, die im Ahrtal den Flutopfern geholfen haben, ein Buch gewidmet. „We Ahr Together“ heißt es in leichter Abwandlung der englischen Übersetzung von „Wir sind zusammen“ und erzählt die Geschichten der unermüdlichen Ehrenamtler, die aus allen Teilen Deutschlands im Sommer in das Katastrophengebiet fuhren und anpackten. Der Erlös dieses beeindruckenden Bildbands – Kosten: 34,95 Euro inklusive Versand – kommt komplett den Betroffenen zu Gute.
Die 32-Jährige war noch in Elternzeit, als sie am Morgen des 15. Juli die ersten Nachrichten von den verheerenden Überschwemmungen erhielt. Sie versuchte, Bekannte zu erreichen, erfuhr, dass Menschen, die sie kannte, mit einem kleinen Kind zwölf Stunden auf dem Dach ausgeharrt hatten, bevor sie gerettet wurden. Und sie erinnerte sich an die Erzählungen ihrer Großmutter von der Sturmflut in Hamburg 1962.
Unterstützer mobilisiert
Wie so viele wurde sie aktiv. Am Samstag, zwei Tage später, sammelte sie Spenden auf dem Gelände der Spedition Achnitz – sie blockierten die Zeithstraße, weil so viele kamen. Am Sonntag reiste sie nach Kall und Gemünd. „Das war wie im Krieg“, erinnert sich Spieker, „ich habe mit einem Soldaten gesprochen, der in Afghanistan im Einsatz war. Der hat mir gesagt: Das hier ist schlimmer.“ Die private Hilfsorganisation hat sich verselbstständigt.
„Ich habe etwa 100 Transporter organisiert, Tetanus-Impfstoff und Hundeschuhe besorgt, Leichenspürhunde, Notfall-Seelsorger und ehrenamtliche Sanitäter an die Ahr gebracht.“ Oft war die inzwischen rund anderthalbjährige Tochter Emilia dabei.
Auf einer Rückfahrt nach Hause erinnerte sich die kaufmännische Angestellte in einer Gebäudereinigungsfirma, die vier Semester Jura studiert und eine Hotelfachausbildung gemacht hat, an eine alte Idee. Mit einem Fotografen wollte sie an den Hamburger Landungsbrücken Porträts machen. „Ich habe so viele beeindruckende Menschen kennengelernt, aller Nationalitäten, Religionen, sozialer Schichten, die wollte ich würdigen.“ Also schwenkte sie um auf die Fluthelfer.
„Es gibt keine Kohle, bist du dabei?“
Sie telefonierte mit Florian Ulrich, einem Schulfreund, der Fotograf ist. „Das ist meine Idee. Es gibt keine Kohle, bist du dabei?“ Zwei Wochen später stand er mit der Mediendesignerin Alexandra Möller, die das Layout übernahm, vor ihrer Tür. Noch im Auto rief sie einen Freund aus der Hotelfachschule an, Küchenchef im Bonner Kalkuhl-Gymnasium. Der hatte Kontakt zur Heel-Familie, Inhaber eines Verlages und der Schule. Franz-Christoph Heel war sofort begeistert, vom Papier bis zum Druck übernahm er die Kosten. Das Projekt stand, noch bevor sie zu Hause ankam.
Zwei Tage im August fuhr sie mit Möller und Ulrich an die Ahr. Sie wollte keine Betroffenen vorführen, deshalb nahm sie sich zunächst die Helfer vor. Aus allen Teilen Deutschlands traf sie Menschen, es entstanden eindrucksvolle Porträtaufnahmen und kurze Statements. Aber es kamen auch Betroffene auf sie zu, ihre Texte nahm sie mit auf, aber ohne Bild, nur Vorname und ihr Heimatort. „Ich wollte nicht die reißerischste Story, ich wollte die Realität widerspiegeln.“ Sie machte das meiste davon am Telefon: „Nach den Gesprächen brauchte ich immer einen Moment.“
Sie fand Kontakt mit der Fotowache, Michaela Auerswald und Markus Schulze lieferten faszinierende Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Das Team wuchs. Radiomoderator Frank Wallitzek half bei der Werbung. Carl Rhomberg-Kauert, Gründer der gemeinnützigen Organisation „help & fun“, übernahm den Vertrieb. Die ersten gut 100 Bücher sind schon verkauft, obwohl sie noch gar nicht gedruckt sind. 128 Seiten, prall gefüllt mit ergreifenden Geschichten.