Gleich zwei Bündnisse hatten zu Veranstaltungen aufgerufen. Sie forderten bezahlbaren Wohnraum statt Waffenproduktion auf dem umstrittenen Gelände.
Demo gegen WaffenfabrikGut 100 Protestierende zogen mehr als drei Stunden durch Troisdorf
Ein nicht alltägliches Bild bekamen die Besucher der Troisdorfer Innenstadt am Sonntagnachmittag geboten. Rote Fahnen und Transparente wurden am Kölner Platz entrollt, kämpferische Reden waren zu hören. Ein breites Bündnis von Interessierten, Friedensaktivistinnen und -aktivisten sowie besorgten Bürgerinnen und Bürgern hatte zu einem „Aktionstag gegen die Waffenfabrik“ aufgerufen.
Unter dem Motto Lebensqualität statt Waffenproduktion machten die Deutsche Friedensgesellschaft -Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen NRW, die Linke Troisdorf und die Ratsfraktion, die Linksjugend Solid Rhein-Sieg, Friedensforum Bonn und Kölner Friedensforum sowie die Kreistagsgruppe Vernunft und Gerechtigkeit mit beim Protest für eine Schließung der Waffenfabrik. Ihr Slogan war „Kein Deal mit Diehl“.
Doch das Unternehmen will an der Produktion von Zündplättchen, unter anderem für Lenkflugkörper, festhalten (siehe Infokasten). Sven Schlesiger als Versammlungsleiter nannte zweierlei Dinge einmalig. Zum einen hätten sowohl der Verteidigungsminister Boris Pistorius als auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschuss, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Troisdorf in den Bundestag gebracht.
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Zum anderen sei es wohl einmalig, dass die Waffen produzierenden Unternehmen jetzt so offen und ungeniert auftreten würden. Er hielt dagegen: „Wir müssen eine friedliche Gesellschaft schaffen.“ Und er stellte Zusammenhänge zur Klimakrise her. Waffen die abgefeuert werden, würden ebenso Emissionen verursachen, wie die Fabriken, die sie herstellen. Auch zerstörte Gebäude und ihr Wiederaufbau sorgten für ein Fortschreiten des Klimawandels.
Starke Stimmen erhoben sich dann. Die Agitprop-Truppe Dynamo aus Frankfurt, verstärkt durch Sängerinnen und Sänger von Aufruhr aus Köln und Roter Pfeffer aus Bremen, führten Bertolt Brechts Lied gegen den Krieg auf. Spätestens beim „Solidaritätslied“ erinnerte sich manch Vorbeikommender an Demonstrationen der 1970er- und 1980er-Jahre.
Überhaupt waren die Reaktionen des Einkaufspublikums sehr unterschiedlich. Viele nahmen die Flugblätter interessiert in die Hand und lasen gleich los. Andere wehrten die Annahme vehement ab. Etliche Passanten schüttelten den Kopf ob teils klassenkämpferischer Parolen, fragten, ob der „Russe denn gleich durchmarschieren“ solle. Jedenfalls waren es nur wenige, die länger stehen blieben und zuhörten.
Dabei war die Europaabgeordnete der Linken, Özlem Demirel, deutlich zu verstehen. Ironisch berichtete sie von Berichten, nach denen „die Provinz das große Interesse auf Verteidigungsfähigkeit verhindere“, Gegner des Konsortiums um Diehl als naive Putintrolle diffamiert werden. Sie hielt dagegen: „Seit wann sind Munitionsfabriken eine Perspektive?“
Der Militarismus greife um sich.„ Immer größere, immer schnellere Waffen werden den Frieden nicht verteidigen“, ist sie sich sicher. „Wir wollen nicht kriegstüchtiger, wir wollen friedensfähig werden.“ Zugleich forderte sie bezahlbaren Wohnraum.
Anschließend zogen die gut 100 Teilnehmer durch die Fußgängerzone. Die Agitprop-Truppe sorgte für reichlich Aufmerksamkeit und Diskussionen in den Cafés am Straßenrand. Über Wilhelm- und und Kronprinzenstraße ging es zum Bahnhof.
Dort traf der Demonstrationszug auf das zweite Bündnis: „Wohngebiete statt Kriegsprofite“, zu dem Betriebskampf Föderation klassenkämpferischer Organisationen, Frauen Kollektiv Köln, Internationale Jugend, SDAJ Köln und Solidaritätsnetzwerk Köln gehören. Entsprechend klassenkämpferischer wurden die Töne beim Zug über den Jahnplatz zurück ins Zentrum, wo bis 16.30 Uhr eine Abschlusskundgebung lief.