Berlin – Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach eigenen Worten im vorigen Jahr noch versucht, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über eine neue europäische Sicherheitsordnung zu sprechen und sieht den Grund für das Scheitern auch in den damaligen Umbruchphasen des Westens.
„Einerseits war Putin nicht mehr zu einem Gipfeltreffen im Normandie-Format bereit. Andererseits gelang es mir auch nicht, neben dem Normandie-Format ein zusätzliches europäisch-russisches Gesprächsformat über eine europäische Sicherheitsordnung zu schaffen“, sagte Merkel im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), das am Samstag in voller Länge erscheint.
Sie schloss nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt in dem Konflikt vermitteln zu können. Auf die Frage, ob sie dafür zur Verfügung stünde, antwortete sie: „Diese Frage stellt sich derzeit nicht.“
„Man muss Putin ernst nehmen“
Dazu, ob Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine gewartet habe, bis sie nicht mehr im Amt sei, sagte Merkel: „Mein Ausscheiden kann ein Beitrag gewesen sein wie zum Beispiel auch die Wahl in Frankreich, der Abzug der Truppen aus Afghanistan und das Stocken der Umsetzung des Minsker Abkommens.“ Merkel räumte eigene Machtlosigkeit zum Ende ihrer Amtszeit ein: „Es war ja klar, dass ich nicht mehr lange im Amt sein würde, und so muss ich einfach feststellen, dass verschiedene Versuche im vorigen Jahr nichts mehr bewirkt haben.“
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Der Kalte Krieg sei mit Blick auf Europas Sicherheitsordnung nicht überwunden. Man müsse Putin ernst nehmen, mahnte sie. Sein brutaler Überfall sei eine Zäsur in der europäischen Nachkriegsgeschichte, die noch über viele Jahre ihre Auswirkungen haben werde. Sie stützte den Kurs ihres Nachfolgers Olaf Scholz (SPD). „Deshalb finde ich es richtig, wie der Westen sich für die Existenz der Ukraine einsetzt, ohne Teil der direkten militärischen Auseinandersetzung zu werden.“
„Ich bin selten zweckfrei in den alten Bundesländern gewesen”
Merkel sagte auch, dass sie nach 16-jähriger Amtszeit in Ruhe den Westen Deutschlands näher kennenlernen wolle. „Ich bin selten zweckfrei in den alten Bundesländern gewesen“, sagte Merkel dem RND. „Ich bin nie einfach so auf der Loreley gewesen oder an der Moselschleife oder alleine im Trierer Dom oder Speyerer Dom.“
Nun beginne ein neuer Lebensabschnitt. Sie habe bisher nur wenig gemacht, was viele Menschen gern und selbstverständlich unternähmen. Merkel sagte: „Ich gehe jetzt in den Teil meines Lebens, der mir bisher verwehrt war. Als Mensch.“ Ihre politische Zeit über gut 30 Jahre sei eine große Ehre gewesen. Darüber sowie über ihre Kindheit und Jugend in der DDR werde sie mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann ein Buch schreiben.