Berlin – Die Bundesregierung bereitet die Bürger auf eine wochenlange Verlängerung und eine zusätzliche Verschärfung des Lockdowns vor. Nachdem bereits entsprechende Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus internen Unions-Runden an die Öffentlichkeit gelangt waren, stellte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch klar: “Es ist aus meiner Sicht schon sehr offenkundig, dass es am 1. Februar jedenfalls nicht möglich sein wird, alle Einschränkungen, Beschränkungen wieder zu lockern.“ Es müssten jetzt noch “zwei, drei Monate“ die Kontakte reduziert werden, womit Spahn eine Zeit bis mindestens Ostern beschrieb. Erst dann würden sich die Effekte der schrittweisen Impfung zeigen, sagte der Minister voraus.
Spahn gab auch Hinweise darauf, an welchen Stellen Verschärfungen diskutiert werden. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 hätten mehr Menschen im Homeoffice gearbeitet als derzeit, beklagte der Gesundheitsminister. In den Branchen, in denen es möglich sei, müsse jetzt konsequent auf Heimarbeit umgestellt werden, forderte der CDU-Politiker. Er verwies zudem auf die ausgewerteten Mobilitätsdaten. Sie zeigten, dass die Menschen derzeit auch mehr unterwegs seien als noch im Frühjahr des vergangenen Jahres.
Spahn kündigte im Deutschlandfunk an, man müsse mit den Bundesländern “in den nächste Tagen“ über das weitere Vorgehen reden. Dabei dürfte auch der Vorstoß Bayerns eine Rolle spielen, in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr das Tragen einer FFP2-Maske vorzuschreiben. Eigentlich ist das nächste Treffen von Merkel mit den Länderchefs erst am 25. Januar geplant.
„Kontaktbeschränkung muss vertieft werden“
Die Bundesregierung sorgt sich dem Vernehmen nach, dass die aufgetretenen Corona-Mutationen zu einer deutlichen Verschärfung der Infektionslage führen könnten. Sie verbreiten sich deutlich leichter und könnten damit zu mehr Erkrankungen und mehr Todesfällen führen.Unterstützung für eine Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns kam von den Grünen. “Wir sind nach den laufenden Zahlen weit entfernt von einer Inzidenz, die es den Gesundheitsämtern erlaubt, Infektionsketten nachzuverfolgen und in vielen Regionen stehen die Intensivkapazitäten der Krankenhäuser am absoluten Limit“, sagte die Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Es liegt im Interesse aller, wenn wir jetzt konsequent nachsteuern“, betonte sie.
Es gehe nun darum, vorausschauend zu handeln. “Deshalb muss die Kontaktbeschränkung vertieft werden“, fordert sie. Es reiche nicht aus, sich dabei hauptsächlich auf den Bereich des privaten Lebens sowie auf den Handel und den Veranstaltungsbereich zu fokussieren. “Der Lockdown muss dringend auch die Arbeitswelt stärker durch ein Recht auf Homeoffice einbeziehen“, verlangte die Grünen-Politikerin. Das führe dann auch zur Reduktion von Kontakten im öffentlichen Nahverkehr.
Für Kritik sorgte unterdessen der bayerische Masken-Erlass. Zwar wurde nicht in Frage gestellt, dass das Tragen von FFP2-Masken den Infektionsschutz generell erhöht. Von Sozialverbänden und der Linkspartei wurden allerdings die Folgen für sozial Schwache beklagt und mehr Unterstützung gefordert. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, sagte dem RND: “Eine FFP2-Maskenpflicht benachteiligt eindeutig arme Menschen.“ Anstatt sie mit Vorschriften zu gängeln, die sie nicht alleine stemmen könnten, benötigen sie Unterstützung.
So böten die Regelsätze der Grundsicherung keinerlei Spielraum, um mehrfach und regelmäßig neue FFP2-Masken zu erwerben. “Wir fordern deshalb, einen pauschalen Corona-Mehrbedarf von 100 Euro monatlich für Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind“, sagte sie. Nur so können die Kosten für solche Zusatzausgaben im Pandemiealltag bewältigt werden.
Auch die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderte im Gespräch mit dem RND einen “Corona-Zuschlag“ von mindestens 100 Euro bei allen Sozialleistungen. Bayern hat auf die Kritik bereits reagiert: Nach Angaben aus der Landesregierung sollen für Bedürftige zwei Millionen FFP2-Masken kostenlos zur Verfügung gestellt werden.