Berlin – Die von der Bundesregierung als wünschenswert betrachtete Durchimpfung aller Schülerinnen und Schüler vor Beginn des neuen Schuljahres trifft auf den Widerstand der Ständigen Impfkommission (Stiko). Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Redaktionsnetzwerk Deutschland/RND) tendiert das Gremium gegenwärtig dazu, nach der noch für Mai erwarteten EU-Zulassung des Vakzins von Biontech/Pfizer keine allgemeine Impfempfehlung für Zwölf- bis 15-Jährige auszusprechen. Vielmehr werde es wahrscheinlich nur eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppe mit bestimmten chronischen Erkrankungen geben, hieß es in informierten Kreisen. Grund sei unter anderem eine unbefriedigende Datenlage, um die Folgen einer Corona-Erkrankung und mögliche Risiken durch eine Impfung abwägen zu können.
In diese Richtung gehen auch Aussagen des Stiko-Chefs Thomas Mertens. Er sagte im Deutschlandfunk, die Aussage der Zulassungsstudie von Biontech für die EU-Arzneimittelbehörde Ema sei „limitiert“, da sie lediglich 1100 Kinder umfasse. „Es muss zunächst genau geklärt werden, wie dringend die Kinder die Impfung brauchen zu ihrem eigenen Gesundheitsschutz“, betonte Mertens. Andere Argumente wie die Öffnung der Schulen im neuen Schuljahr oder Urlaube mit den Eltern seien sekundäre Argumente. Man müsse klären, ob die Impfung wirklich die einzige und richtige Lösung sei.Aus der Politik hingegen gab es zuletzt vermehrt Stimmen, wonach eine Impfung von Kindern und Jugendlichen mindestens erwünscht ist.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach sich dafür aus, Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren bis Ende August ein Impfangebot zu machen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet forderte sogar, noch vor den Sommerferien möglichst viele Kinder zu impfen. Über die Umsetzung wollen am Donnerstag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten beraten.
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Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium wollte sich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht zu den möglichen Konsequenzen einer solchen Entscheidung durch die Stiko äußern. Ein Sprecher verwies auf den Beschluss der Gesundheitsminister vom 6. Mai, Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren bis Ende August ein Erstangebot mit dem Impfstoff Biontech zu machen. „An einer Konkretisierung des Vorgehens in NRW wird derzeit gearbeitet.“
Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas, geht davon aus, dass die Stiko die Impfung nur bei bestimmten Vorerkrankungen empfehlen wird. „Kinder mit diesen Krankheiten müssen zuerst geimpft werden. Dies muss nun trotz der Aufhebung der Priorisierung sichergestellt sein“, sagte sie dieser Zeitung. Eltern könnten ihre Kinder aber auch ohne Vorerkrankung impfen lassen.
Sorgfältige Prüfung bei Kindern
Ebenso äußerte sich Prof. Jörg Dötsch, Direktor der Kinder- und Jugendmedizin der Kölner Uniklinik: „Wenn die EMA den Impfstoff zulässt, kann man als Elternteil die Kinder natürlich trotzdem impfen lassen. Ähnlich wie beim Grippeimpfstoff wäre es auch hier die individuelle Entscheidung bei den Eltern und Jugendlichen, sie impfen zu lassen“, so der Mediziner. Bei Kindern müsse besonders sorgfältig geprüft werden, ob ein Impfstoff empfohlen wird.
Unterdessen hat das US-Unternehmen Moderna mitgeteilt, dass sein Impfstoff auch bei Kindern und Jugendlichen höchst wirksam sei. Das Vakzin habe bei einer klinischen Studie mit Teilnehmern im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt, erklärte Moderna. (mit afp)