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Die Grünen und die AtomkraftZur Zeitenwende gehören politische Opfer

Lesezeit 3 Minuten
Atomkraftwerk Niederbayern 23062

Gedrosselte Gaslieferungen und Sorge um Energie-Engpässe: Die Folgen des Ukraine-Kriegs heizen die Debatte über mögliche Laufzeitverlängerungen der deutschen Atommeiler immer wieder an.

  1. Werden die drei verbliebenen Meiler doch über den 31. Dezember hinaus am Netz bleiben?
  2. Zur Zeitenwende nach dem Überfall auf die Ukraine und die folgende Gas-Krise gehören auch Zugeständnisse und politische Opfer.
  3. Die Entscheidung muss jedoch schnell getroffen werden, kommentiert Kristina Dunz.

Berlin – Für eine Partei mit dem Gen einer lachenden Anti-Atomkraft-Sonne ist das Ringen um einen längeren Betrieb der letzten drei Atommeiler in Deutschland bitter. Jahrzehnte haben die Grünen mit „Atomkraft? Nein Danke“ dafür gekämpft, dass das Land aus der potenziell hochgefährlichen, wenn auch klimaverträglichen Kernkraft aussteigt. Und nun geht eine neue Debatte los. Werden die drei verbliebenen Meiler doch über den 31. Dezember hinaus am Netz bleiben?

Die Partei der heutigen Kabinettsmitglieder Robert Habeck und Annalena Baerbock hat den Atomausstieg mit der rot-grünen Koalition unter Kanzler Schröder (SPD) vor mehr als 20 Jahren durchgesetzt. Sie hat gelitten, als die schwarz-gelbe Koalition von Angela Merkel die Laufzeiten wieder verlängerte und mit Genugtuung verfolgt, wie die Kanzlerin wenig später nach dem Super-GAU im japanischen Fukushima den Atomausstieg um so entschiedener auf Ende 2022 festlegte.

Zugeständnisse und politische Opfer

Aber zur Zeitenwende nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und durch die daraus folgende Gas-Krise gehören auch Zugeständnisse und politische Opfer. Gerade hat die EU einen Notfallplan für eine mögliche Gasknappheit bei einem russischen Lieferstopp beschlossen. Alle Staaten wollen Energie einsparen und den von Putins Machtspielen besonders abhängigen Staaten - wie Deutschland - im Notfall helfen. Die Deutschen als Bittsteller, weil sie zu lange auf Moskaus billiges Gas vertrauten. Jene Deutschen, die in der Finanz- und Schuldenkrise den betroffenen Ländern brutal harte Sparkurse abverlangten, um ihre Länder zu sanieren.

Nun sind wir es, die liefern müssen. Gasverbrauch drosseln, weniger heizen, weniger Strom verbrauchen. Und ja, auch den sogenannten Streckbetrieb verlängern. Damit sind noch keine längeren Laufzeiten beschlossen. Die Meiler gehen nur von Volllast auf gesenkte Leistung, um noch den ganzen nächsten Winter betrieben werden zu können. Um eine zusätzliche Sicherheit zu haben, dass es nicht zum Blackout kommt. Die Entscheidung muss jedoch schnell getroffen werden, um den Streckbetrieb einleiten zu können.

Sicherheitscheck und Haftungsfrage ungeklärt

Die drei Atomkraftwerke Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen, produzieren noch gut sechs Prozent der in Deutschland verbrauchten Strommenge. Hört sich gar nicht mal so viel an. Ist aber entscheidend, wenn Gasspeicher leer sind, Kohle als Ersatz nicht ausreicht, auch weil mit dem Kohleausstiegsbeschluss Transportkapazitäten zurückgefahren wurden, und die Menschen womöglich mit Radiatoren in kalten Wohnungen oder eben Wärmepumpen und E-Autos mehr Strom verbrauchen.

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Ursprünglich sollte es ja umgekehrt sein. Gas als Brückenenergie beim Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft so lange Erneuerbare Energien noch aufgebaut werden. Ein Ja zu diesem Streckbetrieb wird den Grünen nicht schaden. Die Partei wäre schlecht beraten, wenn sie daraus eine Zerreißprobe machte. Es handelt sich um ein paar Monate. So lange eben die abgebrannten Brennstäbe, die wegen der absehbaren Stilllegung nicht mehr erneuert wurden, noch genutzt werden können.

Geklärt werden muss allerdings, ob das ohne umfangreichen Sicherheitscheck geht, dem die drei Meiler mit der Aussicht auf Abschaltung schon lange nicht mehr unterzogen wurden. Und es bliebe noch die Haftungsfrage. Die Betreiberfirmen wollen ab Januar keine Haftung für Unfälle mehr übernehmen. Sollten die Grünen einem Streckbetrieb zustimmen, stünde aber noch eine weitere Entscheidung an. Dann muss auch das Tempolimit auf Autobahnen kommen, gegen das sich die FDP so heftig wehrt. Und die Schuldenbremse darf auch nicht mehr in FDP-Stein gemeißelt sein. Zeitenwende eben.