- Beide Probleme sind seit dem Frühjahr bekannt, beide bestehen jedoch fort.
- Dabei war eine massive Personalaufstockung versprochen worden.
- Lesen Sie hier die Hintergründe.
Berlin – Gesundheitsämter und Intensivstationen sind im Kampf gegen die Corona-Pandemie die neuralgischen Punkte - und beiden fehlt es an Personal.
Auf den Intensivstationen drohen noch vor den Beatmungsgeräten die Pflegerinnen und Pfleger knapp zu werden, in den Gesundheitsämtern fehlen Mitarbeiter zur Nachverfolgung der Kontakte von Corona-Infizierten. Beide Probleme sind seit dem Frühjahr bekannt, beide wollte die Politik lösen, beide bestehen jedoch fort.
In den rund 400 Gesundheitsämtern hilft die Bundeswehr dabei, die schlimmsten Personallücken zu schließen. Jedes zweite Amt setzt bei der Kontaktverfolgung inzwischen auch Angehörige der Streitkräfte ein, rund 3200 Soldatinnen und Soldaten sind im Einsatz.
Dabei war dem öffentlichen Gesundheitsdienst eigentlich eine massive Personalaufstockung versprochen worden. Schon im Mai hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Verstärkung für den weiteren Verlauf der Pandemie versprochen, in Juni einigte sich die Große Koalition im Rahmen des Krisen-Paketes darauf, die Gesundheitsämter mit vier Milliarden Euro zu fördern, im September stellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ vor. Neben moderner IT und besserer Bezahlung versprach der Minister, 4165 neue und unbefristete Stellen bis Ende 2022 zu schaffen, 1500 davon schon bis Ende kommenden Jahres.
Bislang allerdings ist in den Gesundheitsämtern davon nichts angekommen. Der Grund: Die Bundesländer haben es noch nicht geschafft, Ausbaupläne vorzulegen, aus denen hervorgeht, wie viele Stellen auf jedes einzelne Gesundheitsamt entfallen. So lange es diese Pläne nicht gibt, kann auch nicht eingestellt werden.
Aus Sicht des Deutscher Landkreistages ist das ein Unding. „Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ist inzwischen zwei Monate alt und wir können leider in den Ländern noch immer keine Umsetzung erkennen, die den Landkreisen in der aktuellen Krisensituation weiterhilft“, sagt Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Es geht darum, dass die Länder ihre uns gegenüber eingegangen Verpflichtungen auch erfüllen, und zwar zügig“, so Henneke weiter. Erst wenn die Aufwuchsplanungen abgeschlossen seien, könnten die Landkreise auf deren Grundlage neues Personal für die Gesundheitsämter einstellen. „Jeder Tag, der nun in der sich sehr dynamisch entwickelnden Situation verstreicht, ist in dieser Hinsicht verschenkt“, kritisiert Henneke. „Insofern müssen die Länder dringend einen Zahn zulegen.“
Auch auf den Intensivstationen ist die Personalknappheit ein altbekanntes Problem, auch dort gestaltet sich eine Lösung schwierig. Angesichts der nun stark steigenden Corona-Fälle fordert die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Bund und Länder auf, umgehend die rechtlichen und finanziellen Grundlagen für eine Verschiebung planbarer Operationen zu schaffen. „Die Krankenhäuser müssen angesichts der rasanten Zunahme der Zahl von Covid-19-Erkrankungen Eingriffe verschieben, die jetzt nicht dringend erforderlich sind. Nur so können sie Kapazitäten für die Versorgung von Corona-Patienten bereithalten“, sagt Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler dem RND. „Die Beschäftigten im Gesundheitswesen müssen vor Überlastung geschützt werden“, betont sie. Vor allem in der Pflege seien umsichtige Einsatzpläne notwendig, um den Personalmangel bestmöglich zu kompensieren.
Bühler fordert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, das Finanzierungssystem für die Kliniken befristet umzustellen, um den Krankenhäusern das Verschieben von Operationen zu ermöglichen. „Wirtschaftliche Erwägungen dürfen bei den erforderlichen Entscheidungen keine Rolle spielen, die Rettung von Menschenleben geht vor“, sagt sie. „Das Krankenhaus-Finanzierungssystem über Fallpauschalen ist während der Pandemie auszusetzen und alle notwendigen Ausgaben sind vollständig zu refinanzieren, damit die Krankenhäuser Kapazitäten freihalten, ohne deshalb in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.“