- Eine Maskenpflicht in öffentlichen Einrichtungen mit Ausnahmen für frisch Geimpfte und Genesene - diese Möglichkeit gibt es im Entwurf des neuen Infektionsschutzgesetzes.
- Doch wie viele Menschen lassen sich eine Corona-Infektion überhaupt noch per PCR-Test bestätigen?
- Der Hausärzteverband und Amtsärztechef Johannes Nießen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, schätzt die Corona-Dunkelziffer etwa zwei- bis dreimal so hoch ein wie offizielle Zahlen. Diese ergeben sich aus den PCR-Test Meldungen abzüglich der Verstorbenen.
„Zunehmend ist es so, dass Personen sich einem Antigentest unterziehen und keinen PCR Test mehr durchführen. Dies führt zunehmend zu einer Untererfassung der Infektionen“, sagte Nießen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das Corona-Monitoring von Abwasser und Antikörperstudien von Blutspenden geben laut Nießen einen Hinweis auf diese Untererfassung.
Maskentragen im Herbst und Winter sinnvoll
Dennoch blickt Nießen positiv auf die Zukunft und den Entwurf des Infektionsschutzgesetzes: „Der Maßnahmendreiklang „Masken-Testen-Impfen„ wird uns gut durch Herbst und Winter bringen“, erwartet er, und ergänzte: „Das Maskentragen in vielen Lebenslagen und die Testpflicht in bestimmten Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen halte ich für sehr sinnvoll.“
Der Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz enthält Ausnahmen für Dreifach-Geimpfte für drei Monate und für innerhalb der letzten 90 Tage Genesene. Verhängen die Länder eine Maskenpflicht für Restaurants, Bars, Kultur- oder Freizeiteinrichtungen, sind diese Personen vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit. Für Besuche im Krankenhaus oder Pflegeheim müssen sie keinen negativen Test vorzeigen, sondern nur eine FFP2-Maske tragen.
Offizielle Coronazahlen nur bedingt aussagekräftig
Doch um eine überstandene Infektion nachweisen zu können, brauchen die Menschen einen positiven PCR-Befund. „Nur ein Teil derjenigen, die einen positiven Schnelltest haben, machen zur Bestätigung auch einen PCR-Test. Allein deswegen schon ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen“, sagte auch der Bundesvorsitzenden des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, dem RND.
Aus medizinischer Sicht ist laut Weigeldt ein bestätigender PCR-Test nicht zwingend notwendig. Wer einen positiven Schnelltest habe und darüber hinaus and typischen Corona-Symptomen leide, könne mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Corona-Infektion ausgehen. „In solchen Fällen auch noch einen PCR-Test zu machen, bringt in aller Regel keine neuen Erkenntnisse und dient eher statistischen Zwecken.“
Immer weniger Menschen lassen sich testen
Laut Daten des RKI ist die Zahl der Tests seit März stark eingebrochen. Wurden zu Spitzenzeiten im Januar und März diesen Jahres rund 2,5 Millionen Tests pro Woche an das RKI gemeldet, waren es in der zuletzt registrierten Woche vom 18. bis 24. Juli nur rund 890.000 Tests. Auch eine aktuell hohe Positivrate von etwa 54 Prozent, also der Anteil an positiven Ergebnisse an allen durchgeführten Tests, deutet darauf hin, dass sich weniger Menschen vorsorglich testen lassen.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, vermutet, dass mit den neuen Plänen wieder mehr Neuinfizierte einen PCR-Test bei ihrem Hausarzt oder in einem Testzentrum machen werden. Wer keinen Genesenen-Nachweis hat, werde auch wieder einen tagesaktuellen Schnelltest benötigen, um bei einer eventuellen Pflicht die Maske absetzen zu dürfen.
Forderung nach kostenlosen Bürgertests wird lauter
„Auch deswegen brauchen wir im Herbst wieder kostenlose Bürgertests für alle“, sagte Dedy dem RND. Das gelte umso mehr, da Betreiber von Testzentren seit dieser Woche keine Abrechnungen mehr vornehmen können, sagte Dedy. Denn die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die Abrechnungsportale für Bürgertests geschlossen.
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Grund dafür sei, dass weiter keine Einigkeit über die Abrechnung der Tests bestehe – ein ungelöster Konflikt mit dem Bundesgesundheitsministerium. „Es steht zu befürchten, dass wir in den kommenden Wochen eine Schließungswelle bei Testzentren erleben und viele Menschen keinen wohnortnahen Zugang zu Testmöglichkeiten mehr haben“, warnte der Städtetagschef.