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KommentarZapfenstreich eröffnet Blick auf die andere Angela Merkel

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Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Donnerstagabend mit einem Zapfenstreich verabschiedet.

Berlin – Angela Merkel verabschiedet sich, und sie tut das mit einer wohlüberlegten Botschaft. 16 Jahre lang hat die Bundeskanzlerin vor allem Zurückhaltung und Beherrschung nach außen getragen, perfektioniert bis zum Ruf von Inspirationslosigkeit.

Beim Abschiedszeremoniell der Bundeswehr, dem Großen Zapfenstreich, lässt sie einen Blick auf die andere Angela Merkel zu: Die Hildegard-Knef-Hymne „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“, soll das Musikkorps der Soldaten für sie spielen und Nina Hagens 70er-Jahre-Beschwerde „Du hast den Farbfilm vergessen“, ein Hit in der DDR.

Merkel ging sehr häufig zielstrebig zu Werke

Den sehr eigenen Pathos der Militärzeremonie durchbricht Merkel also durch ironische Mitsinghymnen und eine seltene Reminiszenz an ihre ostdeutsche Herkunft. Knefs zentrale Zeile „Ich will“ verweist darauf, dass diese Kanzlerin hinter der Fassade der Ungerührtheit häufig sehr zielstrebig zu Werke gegangen ist, unter Inkaufnahme von Umwegen und längeren Wartezeiten zuweilen.

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So hat sie einst ihren Job erlangt, so hat sie ihn auch beendet. Merkel brach die Erstarrung der CDU nach der Regentschaft Helmut Kohls auf, indem sie forderte, die Partei müsse laufen lernen, sie schob sich an die Spitze und ließ ihre Konkurrenten im Glauben, eine Übergangskandidatin zu sein. Sie hat einiges laufen lassen und damit versäumt, in manchen Situationen – beim Atomausstieg und in der Flüchtlingspolitik etwa – allerdings jäh und sehr klar und kompromisslos den Weg vorgegeben. Merkel wird bei der Zeremonie auch eine Rede halten. Da es keine anderen offiziellen staatlichen Gelegenheiten dafür gibt, wird es die Wirkung eines Vermächtnisses haben.

Ob ausgerechnet eine Militärzeremonie allerdings der richtige Rahmen ist, lässt sich bezweifeln. Es wäre keine schlechte Idee, scheidenden Regierungschefinnen oder -chefs eine zivilere Möglichkeit für ihre letzten amtlichen Worte zu geben.