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Kommentar zum dritten EntlastungspaketLindners Sieg und die Scheu vor Präzision

Lesezeit 3 Minuten
Entlastungspaket DPA 040922 (1)

Omid Nouripour, Olaf Scholz, Christian Lindner und Saskia Esken (v.l.n.r.).

Berlin – Die Ampel-Koalition hat die Erwartungen an das dritte Entlastungspaket selbst in die Höhe geschraubt, hinter denen sie nun zurückbleibt. „Wuchtig“ und „präzise“ sollten die Beschlüsse sein. Ein Volumen von 65 Milliarden Euro ist wuchtig, keine Frage, aber die Hilfen sind alles andere als präzise gerade in den Bereichen, wo die meisten Menschen die größten Sorgen haben: Gaspreis und Lebenshaltungskosten.

Tagelang wurde darüber debattiert, ob ein Gas-Grundbedarf errechnet und darauf ein Preisdeckel gesetzt wird. Nun soll eine Expertenkommission „zeitnah“ klären, „ob und wenn ja wie ein solches Modell in Deutschland oder Europa realisierbar ist“. Das wird dauern.

Drittes Entlastungspaket: Überraschend unpräzise

Ferner wissen die Bürger nun zwar, dass sich Lindner gegen SPD und Grüne durchgesetzt hat und es keine Übergewinnsteuer für Unternehmen geben wird, die leistungslos von Krisen profitieren. Nun sollen Zufallsgewinne unabhängig vom Steuerrecht abgeschöpft werden und den Verbrauchern zugute kommen, inklusive Strompreisbremse. Aber: Die Regierung wartet erst ab, ob die EU dieses neue Strommarktdesign hinkriegt. Wenn nicht, will sie das selbst umsetzen - und zwar „zeitnah“. Nachfolgeangebot zum 9-Euro-Ticket? Kommt zeitnah.

Alles zum Thema Christian Lindner

Es ist ein Synonym dafür, dass sich die Regierung scheut, ein konkretes Datum zu setzen. Je unpräziser, desto geringer die Gefahr, gebrochener Versprechen bezichtigt zu werden. Viele Menschen brauchen aber sehr schnell Unterstützung, sie haben keine Rücklagen, und Verbesserungen durch Wohngeld, Bürgergeld und Abbau der kalten Progression kommen erst 2023.

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In Koalitionskreisen selbst war mit einer höheren dreistelligen einmaligen Direktzahlung an kleinere und mittlere Einkommen gerechnet worden. Sie taucht nun gar nicht auf. Nur die nachgereichte Einmalzahlung mit der Gießkanne von 300 Euro auch für alle Rentnerinnen und Rentner - auch jene, die es nicht brauchen.

Entlastungspaket Kraftanstrengung für die Bundesregierung

Es darf aber nicht übersehen werden, welche Kraftanstrengung das dritte Entastungspaket für diese Bundesregierung bedeutet. Es ist bitter, dass der CO2-Preis später erhöht wird. Alle wissen, was das für das Klima bedeutet. Und bei aller Enttäuschung, dass viele Hilfen nicht sofort kommen - in den nächsten Monaten werden sich einige von ihnen erst entfalten.

Das Wichtigste zum Verständnis haben die drei Parteien und ihre Führungskräfte aber gesagt, und darauf kommt es an: Der Grund für die Krise liegt nicht in Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft in Deutschland. Es ist der russische Krieg gegen die Ukraine und seine Auswirkungen. Es mag Menschen geben, die das nicht interessiert. Wladimir Putin ist aber eine Gefahr für den Frieden in Europa.

Die Bundesregierung unterstützt die Ukraine in ihrem Kampf gegen Tod und Verderben und federt mit viel Geld soziale Folgen im eigenen Land ab. Das ist der Zusammenhang zu hiesigen Wohlstandseinbußen. Und das ist der Preis, um Frieden und Freiheit auch in Deutschland zu sichern. (RND)