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Kommentar zur Inflation9-Euro-Ticket und Tankrabatt helfen Ärmeren nur wenig

Lesezeit 3 Minuten
Pfandflaschen Sammler dpa Symbol

Ein Mensch sammelt Dosen und Pfandflaschen. Die gesteigerten Lebenskosten treffen vor allem Menschen mit geringem Einkommen. (Symbolbild)

Es sollte nicht weniger sein als ein „runder Tisch der kollektiven Vernunft“: Als Anfang 1967 die Bundesrepublik nach Jahren des deutschen Wirtschaftswunders erstmals in eine schwere Rezession schlitterte, lud der damalige Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller Gewerkschaften und Arbeitgeber zur sogenannten Konzertierten Aktion. Dort sollte ein abgestimmtes Vorgehen verabredet werden, um Wachstum und Beschäftigung wieder anzukurbeln. Mehr als 50 Jahre später will Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts der dramatisch gestiegenen Inflationsrate an diese Idee anknüpfen und erneut die Sozialpartner an einen Tisch bitten.

„Lohn-Preis-Spirale“ droht

Das ist ein kluger Schachzug. Schließlich ist die gegenwärtige Wirtschaftslage ohne jedes Vorbild. Die Inflation wird getrieben durch hohe Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelpreise, die Folge des Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sowie von pandemiebedingten Lieferengpässen sind. Den Preissteigerungen wird geldpolitisch nichts entgegengesetzt, da die Europäische Zentralbank mit Rücksicht auf die südeuropäischen Länder bisher untätig geblieben ist. Dazu kommt, dass die Wirtschaft hierzulande immer noch wächst, was zusammen mit dem demografischen Wandel zu einem akuten Mangel an Arbeitskräften führt.

Im Ergebnis ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass es zur gefürchteten „Lohn-Preis-Spirale“ kommt, bei der die Gewerkschaften zum Ausgleich der Preissteigerung besonders hohe Lohnabschlüsse fordern, die wiederum die Inflation zusätzlich befeuern und damit einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichten würden.

Zwar gibt es Ökonomen, die diese Gefahr schon wegen des geschrumpften Einflusses der Gewerkschaften nicht sehen. Tatsächlich ist nur noch knapp die Hälfte aller Jobs über Tarifverträge abgedeckt. Aber auch das reicht schon, um eine gewisse Sogwirkung zu entfalten. Gleichzeitig ist aber auch zu bedenken, dass eine starke Lohnzurückhaltung auch keine Lösung sein kann. Denn wenn die Nachfrage wegen der dann sinkenden Kaufkraft einbricht, leiden die Unternehmen. Mehr Geld in der Tasche ist also geboten, um die Wirtschaft in dieser Krise zu stabilisieren.

Es kommt auf Maß und Mitte an

Wie so oft im Leben, kommt es auf Maß und Mitte an. Dazu können Gespräche der Sozialpartner im Rahmen einer Konzertierten Aktion einen wichtigen Beitrag leisten. Grundfalsch wäre es allerdings, wenn der Staat in Form der Ampelregierung hier nur die Rolle eines Moderators übernehmen und so die Verantwortung auf Arbeitgeber und Gewerkschaften abwälzen wollte. Nein, die Bundesregierung ist selbst ein bedeutender Akteur, der maßgeblich dazu beitragen kann, beitragen muss, um die schwierige wirtschaftliche Situation zu meistern.

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Bei dieser Aufgabe hat die Regierung Scholz bisher versagt. 9-Euro-Ticket oder Tankrabatt kosten Milliarden, lösen aber nur Strohfeuer aus und sind wenig zielgerichtet, um den Ärmeren zu helfen, die unter der Inflation am stärksten leiden. Es ist doch aberwitzig, dass Rentner oder Studenten von der Energiepauschale ausgenommen sind.

Gefragt sind nun Konzepte, um inbesondere Menschen mit geringen und mittleren Einkommen dauerhaft zu entlasten. Dabei müssen sich SPD-Klimageld und FDP-Steuerreform gar nicht widersprechen. Durch eine kluge Kombination könnten diejenigen, die es am nötigsten brauchen, auch das meiste bekommen.

Nur wenn die Ampelkoalition gemeinsam überzeugende Antworten liefert, wird es ihr gelingen, Gewerkschaften und Arbeitgeber auf einen Kurs zu bringen, der die kaum zu verhindernden Wohlstandsverluste so weit wie möglich begrenzt. Fehlt ihr dazu die Kraft und der Wille, kann sich Scholz die Einladung sparen.