Söder gegen LaschetDie letzte Runde im Drama der Union
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Berlin/Düsseldorf – Armin Laschet kommt für seine Botschaft zur K-Frage aus dem Berliner Konrad-Adenauer-Haus. Kein sehr würdiger Platz für große Verkündungen. Der Straßenverkehr rauscht hier nur so vorbei. CSU-Chef Markus Söder ist da längst wieder nach München abgereist. Die beiden haben sich in ihrem Machtkampf so vertakelt, dass es in der Nacht auch mit Hilfe von Vertrauten aus CDU und CSU nicht gelungen ist, den Knoten zu durchschlagen. Sie haben damit ihr Versprechen gebrochen, sich bis Sonntag zu einigen. Und sie haben in aller Öffentlichkeit vorgeführt, dass es nichts mit der Realität zu tun haben muss, wenn sie etwas „freundschaftlich und einvernehmlich“ klären wollen. Die Verletzungen der vergangenen Tage dürften im Ohr nachhallen wie der Autolärm vor der CDU-Zentrale.
Kurz nach 13 Uhr äußert sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident zur Kanzlerkandidatur – allerdings zu der der Grünen. Deren Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck haben geschafft, was Söder und Laschet in diesem Wahlkampf nicht mehr erreichen können: eine freundschaftliche und einvernehmliche Entscheidung, wer die Kanzlerkandidatur übernimmt.
Laschet gratuliert Baerbock
Laschet gratuliert Baerbock und sagt ihr einen fairen Wahlkampf zu. Er spricht so, als wäre er selbst schon der Kanzlerkandidat der Union. Er bemüht sogar den Populisten und Spalter Donald Trump, um indirekt vor Söder zu warnen. So tief ist der Graben zwischen den Schwesterparteien jetzt. Laschet nennt Söder natürlich nicht namentlich, aber was er Baerbock alles verspricht, wirkt wie ein Ruf in die eigene Union: „Wir müssen menschlich, fair miteinander umgehen. Das muss man ohnehin in Wahlkämpfen, aber man muss es ganz besonders in diesen Zeiten der Pandemie, wo die Menschen existenzielle Ängste haben.“ Von Politikern werde erwartet, dass sie fair miteinander Argumente austauschen und um den besten Weg ringen.
Dann kommt er recht unvermittelt auf den Vorgänger von US-Präsident Joe Biden: „Wir wissen aus den USA was es bedeutet, polarisierte Wahlkämpfe zu führen und wir wissen auch, wie lange nach einer demokratischer Entscheidung dort ein neuer Präsident immer noch braucht, um das Land wieder zu versöhnen. Das sollen wir uns in Deutschland ersparen.“ Schließlich verspricht er: „Es wird ein fairer, ein frischer, vielleicht auch manchmal ein fröhlicher, jedenfalls ein ernsthafter Wahlkampf werden.“ Und zwar mit „Menschlichkeit“.
Digitale Sitzung angekündigt
Vor seinem Statement hat er seinem bayerischen Kontrahenten eine SMS geschickt. Er werde für 18 Uhr eine digitale Sitzung des CDU-Bundesvorstands einberufen. Söder könne daran teilnehmen. Simsen statt sprechen. Reden hilft in diesem Moment nicht mehr. Söder winkt in seiner für 14 Uhr angesetzten Pressekonferenz nach einer Sitzung des CSU-Präsidiums öffentlich ab. Es sei alles gesagt. Die CDU müsse jetzt entscheiden. Sie sei die größere Schwester, er akzeptiere das. Das CSU-Präsidium spricht sich erneut für Söder als Nummer Eins aus.
Auf die Frage, ob Laschet dann Kanzlerkandidat der Union sei, wenn sich der CDU-Vorstand am Abend einhellig dafür aussprechen sollte, antwortet Söder mit Ja. Der Haudegen, der Baum-Umarmer, der Möbelpacker unter den Politikern gibt nach? Seine Unterstützer sind enttäuscht und wütend auf Laschet. Söder selbst wirkt in diesem Moment niedergeschlagen. Seine Stimme klingt nicht so kraftstrotzend wie in den Tagen zuvor. Eher leise. Vielleicht hat er Laschets Leidensfähigkeit und sein Stehvermögen unterschätzt.
Der 60-jährige Laschet bekräftigt, dass ihm der CDU-Bundesvorstand vor einer Woche einhellig Unterstützung zugesagt habe. Das schließe Vertreter aller Landesverbände und Vereinigungen der Wirtschaft und der kommunalen und europäischen Ebene ein. Er werde dem Vorstand einen Vorschlag machen, „wie wir jetzt sehr schnell die nicht geklärte Frage zwischen CDU und CSU auflösen.“ Die Sitzung hatte bei Redaktionsschluss noch nicht begonnen. Es wurde mit einer aufgewühlten Debatte gerechnet.
Söders Unterstützer unter den CDU-Bundestagsabgeordneten beraten derweil immer noch, ob sie eine Abstimmung in der Fraktion am Dienstag einfordern. Dann gibt es ein „Blutbad“, heißt es seit Tagen in der Union. Das wolle auch Markus Söder nicht. Der bayerische Ministerpräsident betont zwar noch einmal, er stehe weiter bereit, die Kandidatur zu übernehmen, sofern die CDU dies wolle. Aber: „Wird es Armin, hat er meine volle Unterstützung und die Rückendeckung der CSU.“ Er werde keinen „Groll“ hegen.
Kein gemeinsames Wahlprogramm
In der CSU heißt es unterdessen, ihre Leute wollten keinen Wahlkampf für Laschet machen. Und für den Fall, dass es zur Ausrufung des Kanzlerkandidaten der Union keine gemeinsamen Bilder gibt, sieht der Start in den Wahlkampf von CDU und CSU so aus: Weder haben die Schwesterparteien ein gemeinsames Wahlprogramm noch einen ungeteilten Aufbruch durch ihre Personalentscheidung.
Markus Söder sagt noch, er müsse sich – Kanzlerin Angela Merkel habe ihm das auch mal gesagt – weiter in einer besonderen Disziplin üben: In der Ruhe liegt die Kraft. „Das will ich jetzt optimieren.“ Und er fügt hinzu: „Irgendwie wird es am Ende ein gutes Ergebnis sein.“