Düsseldorf/Berlin – Nach dem Bekanntwerden des weitreichenden Missbrauchsfalls von Wermelskirchen hat eine erneute Debatte um den Kampf gegen Kindesmissbrauch und die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Internet eingesetzt. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach sich für eine Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen aus.
Auch der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, hatte am Montag bei der Vorstellung eines Lagebildes zu Kindesmissbrauch seine Forderung nach einer solchen Datenspeicherung bekräftigt. Jährlich führten Tausende Ermittlungsverfahren des BKA ins Leere, weil bei den Internetanbietern keine Daten mehr zu den IP-Adressen von Tatverdächtigten gespeichert seien.
Unionsfraktion: „Zum Schutz unserer Kinder“
Die Bundesregierung müsse „zum Schutz unserer Kinder“ endlich ihre Blockadehaltung bei der gesetzlichen Mindestspeicherfrist von Verbindungsdaten aufgeben, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Das was nach den Vorgaben des EuGH rechtlich zulässig ist, muss seitens der Bundesregierung unverzüglich möglich gemacht werden“, sagte Throm.
Wer das ablehne, versage den Strafverfolgungsbehörden „das mit Abstand beste und wirksamste Instrument im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie im Netz“.
Die Innenpolitikerin und erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, lehnt eine Vorratsdatenspeicherung ab. „Statt sich mit einem Instrument zu befassen, das bereits mehrfach wieder und wieder gerichtlich kassiert wurde, sollten wir uns mit wirklichkeitsnahen, tragfähigen und wirkungsvollen Lösungen im so wichtigen Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder und die Verbreitung ihrer Darstellungen befassen“, sagte Mihalic dem RND. Das BKA müsse gestärkt werden. Gerade im Bereich der Auswertung beschlagnahmter Datenträger brauche es technische Lösungen.
FDP stellt sich gegen Vorratsdatenspeicherung
Auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle, sprach sich gegen eine Vorratsdatenspeicherung aus. Die Vorratsdatenspeicherung, die in Deutschland bereits Rechtslage sei, könne seit Jahren nicht angewandt werden, weil sie europarechtswidrig sei. „Eine anlasslose und dauerhafte Speicherung von IP-Daten unterläge einer ähnlichen Rechtsunsicherheit“, sagte Kuhle.
„Anstatt Polizistinnen und Polizisten bei ihrem wichtigen Kampf gegen Missbrauch an Kindern und dessen Darstellung unwirksame Befugnisse zu geben, müssen wir rechtssichere und leicht einsetzbare Instrumente schaffen“, erklärte der FDP-Politiker. Der Vorschlag seiner Fraktion: „Daten unter Richtervorbehalt für einen begrenzten Zeitraum einzufrieren, um sie für das Ermittlungsverfahren nutzbar zu machen.“
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Martina Renner, sagte dem RND, Vorratsdatenspeicherung und auch eine von der EU-Kommission angedachte „Chatkontrolle“ stellten schwere Grundrechtseingriffe dar, „deren Nutzen in keinem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs steht.“ Solche Maßnahmen schafften zudem ein falsches Gefühl von Sicherheit. Ein besserer Schutz von Kindern müsse absolute Priorität haben. „Erforderlich ist dafür eine bessere Nutzung der vorhandenen Mittel der Strafverfolgung und mehr fachlich geschultes Personal“, so Renner.