Die Debatte um die Lobbytätigkeit für Russland und seine jüngsten Äußerungen zum Ukraine-Krieg von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hält an. Nachdem bereits Verfahren zu seinem Parteiausschluss laufen - Ausgang und Zeitplan sind offen – hat ihn SPD-Co-Chefin Saskia Esken zum freiwilligen Austritt aufgefordert.
Zudem werden inzwischen auch Rufe laut, die staatlichen Zuwendungen für ihn zu streichen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich an diesem Dienstag offen dafür. Was wird geprüft, wie sind die Chancen? Ein Überblick:
Was wird Schröder vorgeworfen?
Schröder war nach seiner Kanzlerschaft 2005 als Lobbyist zum staatlichen russischen Gasunternehmen Gasprom gewechselt, laut Medienberichten für ein Jahresgehalt von 250.000 Euro allein bei der „Nord Stream AG“. Forderungen, sich wegen des Ukraine-Kriegs von Putin zu distanzieren, ignorierte er lange. Gegenüber der „New York Times“ lehnte er ein Abrücken oder ein „Mea culpa“ nun ab und zweifelte unter anderem Putins Verantwortung für die Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort Butscha an.
Welche Konsequenzen drohen ihm?
Einige Schritte hat Schröder selbst vorweggenommen: Weil ihm etwa die Stadt Hannover die Ehrenbürgerwürde entziehen wollte, hat er sie selbst niedergelegt. Seit seinen jüngsten Äußerungen gibt es zudem mindestens 14 Anträge auf einen Parteiausschluss Schröders, darunter vom SPD-Unterbezirk seiner Heimatstadt Hannover. Die mündlichen Verhandlungen dazu sollen im Juni starten. Zudem gibt es Forderungen, im die finanzielle Ausstattung sowie die Räumlichkeiten für sein Altkanzler-Büro zu streichen.
Welche steuerlichen Zuwendungen erhält Schröder und wie könnte man sie kappen?
Schröder stehen als Altkanzler verschiedene Privilegien zu: Zum einen verschiedene Ruhegehälter aus seiner Zeit als Abgeordneter und Mitglied der Bundesregierung, zum anderen eine Ausstattung mit einem Büro samt Personal und Fahrer. Letzteres ist nicht gesetzlich geregelt, sondern vom Bundestag bewilligt. Derzeit stehen ihm neun Stellen für sein Altkanzler-Büro zu, für die im vergangenen Jahr 407.000 Euro aus der Staatskasse geflossen sind. Derzeit sind sie aber unbesetzt, weil die Mitarbeiter nach Kriegsausbruch gekündigt hatten und noch keine Nachfolger gefunden sind.
Nun wird im Haushaltsausschluss des Bundestages erwogen, die Stellen im Bundes-Etat für 2023 bei dieser Gelegenheit wegen Nichtbesetzung zu streichen: „Es finden aktuell Gespräche über die Überarbeitung der Regeln zur Amtsausstattung ehemaliger Bundeskanzler statt“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, dem RND. Diese Reform würde dann auch Schröder betreffen, so die Grüne.
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Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte dem RND, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages sicher „sehr sorgsam mit den Steuermitteln umgehen und eine weise Entscheidung in dieser Frage treffen wird“. Wenn die Mitarbeiterstellen in seinem Altkanzler-Büro derzeit ohnehin unbesetzt seien, könne der Bundestag auch darauf verzichten. Kubicki stellte zudem infrage, „ob Bundeskanzlerin Merkel ein doppelt ausgestattetes Büro dauerhaft benötigt, während bei den ranghöheren Bundestagspräsidenten eine zeitliche Befristung gilt“.
Wie ließe sich ein Parteiausschluss gegen Schröders Willen durchsetzen?
Vor einem Parteiausschluss stehen rechtlich hohe Hürden: Das Parteiengesetz erlaubt ihn in Paragraph 10 Absatz 4 nur, wenn ihr dadurch „ein schwerer Schaden zugefügt“ wird. So soll der Rauswurf von Mitgliedern wegen Meinungsverschiedenheiten verhindert werden.
Wie schwer der Schaden nachzuweisen ist, erlebte die SPD in den Verfahren gegen Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und den Ex-Finanzsenator von Berlin, Bestsellerautor Thilo Sarrazin. Clement ging nach langem Streit freiwillig, Sarrazin konnte erst 2020, zehn Jahre nach den ersten Anträgen und im dritten Verfahren, von der Bundesschiedskommission wirksam ausgeschlossen werden.