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Quarantäne, Booster, KontakteÜber diese Corona-Maßnahmen beraten Bund und Länder

Lesezeit 6 Minuten
Scholz Wüst 060122

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (l.) und Bundeskanzler Olaf Scholz am 21. Dezember

Berlin – Nach dem Hin- und Her über die sogenannte Osterruhe 2021 wurde sie totgesagt, doch auch im neuen Jahr und mit einer neuen Bundesregierung ist sie weiterhin das zentrale Entscheidungsgremium im Kampf gegen die Corona-Pandemie: Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) – oder genauer gesagt: die Videoschalte der Länder-Regierungschefs mit den Spitzen der Bundesregierung. Sie tagt ab Freitagmittag, um angesichts der rasanten Verbreitung der Omikron-Mutante die bisher geltenden Vorschriften und Regeln zur Eindämmung der Pandemie anzupassen. Ein Überblick:

Aktuelle Lage in Deutschland

Die Zahl der vom Robert-Koch-Institut (RKI) registrierten Omikron-Fälle wächst exponentiell. Waren es Mitte November erst 17 Fälle, stieg die Zahl bis zur letzten Kalenderwoche 2021 auf mehr als 26.000. Damit werden internationale Erfahrungen bestätigt, dass sich die Zahl in etwa alle zwei bis vier Tage verdoppelt.

Bisher wurden dem RKI für die laufende Woche 10.000 Omikron-Fälle gemeldet – diese Zahl dürfte in den kommenden Tagen noch kräftig nach oben gehen, denn zwischen der Meldung eines Falls und einem Labornachweis liegen Tage oder sogar Wochen.

Deutlich zu sehen ist, dass im Infektionsgeschehen eine Wende eingetreten ist: Nach einer langen Phase des Rückgangs der 7-Tages-Inzidenz im Dezember steigt die Infektionsrate seit dem 29. Dezember wieder kontinuierlich an. Am Donnerstag betrug sei 285,9. Die Dynamik ist erheblich, was sich an der Veränderung dieses Wertes jeweils zur Vorwoche zeigt: 3. Januar: plus 4,38 Prozent. 4. Januar plus 11,27 Prozent, 5. Januar: plus 25,87 Prozent. 6. Januar plus 37,86 Prozent.

Quarantäne/Isolierung

Die Ministerpräsidenten werden alle Voraussicht nach den Vorschlägen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Reduzierung der Fristen bei der Quarantäne (für Kontaktpersonen) und der Isolierung (nach einer Infektion) zustimmen. Der Minister hält das für vertretbar, da Omikron-Infizierte kürzer ansteckend sind. Die Vorschläge stimmen mit der Beschlussvorlage von Donnerstag, 16.30 Uhr, bis auf einen Punkt nahezu überein.Erkrankte und Kontaktpersonen sollen sich demnach nach sieben Tagen durch einen PCR- oder Antigen-Test freitesten können. Lauterbach hatte in seinem Vorschlag eine Unterscheidung zwischen Mitarbeiterin der kritischen Infrastruktur und der Allgemeinbevölkerung gemacht, wonach erstere sich nach Corona-Kontakt schon nach fünf Tagen freitesten können.

Aus der Beschlussvorlage wird nicht deutlich, ob dies gelten soll. Ausdrücklich werden in der Vorlage Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe erwähnt, die nur mit PCR-Test aus der Quarantäne entlassen werden können. Sie müssen zudem 48 Stunden symptomfrei sein, bevor sie wieder aus der Quarantäne entlassen werden können.

Ohne Testung gilt für alle die Entlassung aus der Quarantäne nach zehn Tagen. Für Kinder gilt nach Corona-Kontakt die Regel, dass sie sich mit einem PCR- oder Antigentest nach fünf Tagen freitesten können.

Geboosterte müssen nicht mehr in Quarantäne, wenn sie Kontakt mit Infizierten hatten. Das Gleiche gilt für Menschen, die gerade erst geimpft wurden oder erkrankt waren. Bislang gilt generell eine Frist von 14 Tagen bei Quarantäne und Isolation – ohne Freitest-Möglichkeit und unabhängig vom Impfstatus.

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Der Ärzteverband Marburger Bund warnt allerdings davor, beim Freitesten ausschließlich auf PCR-Tests zu setzen. „Die Omikron-Variante wird auch zu mehr Infektionen bei Beschäftigten in den Laboren führen“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna dem RND. „Es ist also damit zu rechnen, dass die PCR-Testkapazitäten in Deutschland bald nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen“, betonte sie. Dies sehe man leider schon jetzt in anderen Ländern. Johna schlug als Alternative zwei Antigentests in Folge zum Freitesten vor.

Kontaktbeschränkungen

Es wird erwartet, dass die MPK weitere Kontaktbeschränkungen beschließen wird. In einem ersten Beschlussvorschlag heißt es, dass künftig bundesweit und unabhängig vom lokalen Infektionsgeschehen in der Gastronomie statt der 2G- die 2G-plus-Regel gelten soll. Danach erhalten Geimpfte und Genesene nur noch mit einem tagesaktuellen Test Zutritt. Geboosterte sollen bereits ab dem Tag der Auffrischimpfung keinen Test mehr benötigen. Wann die Verschärfung in Kraft tritt, ist offenbar noch offen. In der Vorlage ist der 15. Januar genannt, wobei das Datum aber in eckige Klammern gesetzt ist. Das ist üblich, wenn Details noch ungeklärt sind.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen fordert weitergehende Maßnahmen: „Die Länder sollten jetzt in Erwägung ziehen, die Gastronomie, Bars, Clubs und Veranstaltungsorte zu schließen“, sagte er dem RND. 2G plus sei das absolute Minimum, ergänzte der Mediziner. Er forderte zudem eine umfassende Pflicht zum Tragen von Masken. „Wo Erwachsene im Innenraum zusammenkommen, ist eine konsequente FFP2-Masken-Pflicht nötig“, sagte er.Der Expertenrat der Bundesregierung sieht dagegen keine Notwendigkeit, jetzt rasch neue Beschränkungen in Kraft zu setzen. In seiner aktuellen, am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme heißt es zu diesem Thema: „Sollte absehbar in den kommenden Wochen die Belastung durch hohe Infektionszahlen und Personalausfälle zu hoch werden, ist kurzfristig eine weitere Intensivierung der Kontaktbeschränkungen erforderlich.“

Bund und Länder wollen laut Beschlussvorschlag zudem Arbeitgeber und Beschäftigte auffordern, in den nächsten Wochen verstärkt Homeoffice zu nutzen. „Das Arbeiten von zu Hause verringert Kontakte am Arbeitsplatz und auf den Wegen zur Arbeit. Es hilft, die Zahl der Ansteckungen zu verringern“, heißt es in der Vorlage.

Impfen

Gesundheitsminister Lauterbach strebt als neues Impfziel die rasche Auffrischimpfung für weitere 13 Millionen Menschen an, um die erwartete Omikron-Welle bewältigen zu können. „Nach der Modellierung des Robert-Koch-Instituts sollte das Ziel sein, dass mehr als 80 Prozent der doppelt geimpften auch geboostert sind, also rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung“, hatte er im RND-Interview gesagt und hinzugefügt: „Dann hat es Omikron schwer.“

Bisher sind 59,5 Millionen Menschen doppelt geimpft. 34 Millionen Menschen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten. Das entspricht einem Anteil von etwa 57 Prozent aller doppelt Geimpften. Lauterbachs 80-Prozent-Ziel bedeutet, dass rund 47,5 Millionen Menschen eine Booster-Impfung erhalten müssen

Impfpflicht

Bei den vergangenen MPKs hatten die Länder den Bund immer wieder aufgefordert, eine allgemeine Impfpflicht im Bundestag zu beschließen. Zwar liegt inzwischen die Stellungnahme des Ethikrates vor, der im Gegensatz zu früher nunmehr eine allgemeine Impfpflicht befürwortet. Doch die Bundestagsparteien lassen sich erkennbar Zeit, sich des Themas anzunehmen.

Nach Angaben der SPD vom Donnerstag soll es erst Ende Januar eine „Orientierungsdebatte“ im Bundestag geben. Die Gesetzgebung solle dann noch im ersten Quartal abgeschlossen werden, erklärte Fraktionsvize Dirk Wiese. Sollte das Gesetz Mitte/Ende März in Kraft treten, dürfte die Impfpflicht aber frühestens Ende Mai scharf gestellt werden: Bisher Ungeimpften muss eine gewisse Zeit eingeräumt werden, sich doch noch vollständig impfen zu lassen. Erst dann können Bußgelder wirksam werden. Offen ist die Frage, ob eine Impfpflicht dann überhaupt noch Sinn macht.

Pflegebonus

Die Ampelkoalition hat den Pflegekräften einen Bonus versprochen und dafür eine Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Die Zahlung sollte eigentlich schon im Dezember im Bundestag beschlossen werden. Die Entscheidung wurde dann aber auf Januar verschoben mit dem Argument, es gebe keine guten Daten darüber, wer als Pflegekraft tatsächlich stark belastet war.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im RND-Interview Mitte der Woche klargestellt, dass der Bonus nur einem engen Personenkreis zu Gute kommen soll, damit die Zahlung auch eine nennenswerte Größenordnung erreichen kann. Im Gespräch waren zuletzt 3000 Euro, das würde dann für 333.000 Beschäftigte reichen. In der Kranken- und Altenpflege sind allerdings fast 1,8 Millionen Menschen beschäftigt.