Berlin – Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat die Nicht-Umsetzbarkeit der Osterruhe bedauert. Die Entscheidung, das Osterfest um zwei Tage zu verlängern, sei auch ein Fehler aller Ministerpräsidenten gewesen, weil die rechtlichen Hürden des Vorschlags aus dem Kanzleramt nicht erkannt worden seien, sagte er am Mittwoch nach einer kurzfristig einberufenen Runde der Länderregierungschefs mit der Kanzlerin. Gleichwohl habe die Osterruhe „nach wie vor einen wichtigen Hintergrund“, sagte der Bürgermeister. Um die Beschleunigung der Infektionsdynamik zu begrenzen sei es wichtig, „die Phase des Osterwochenendes so ruhig wie möglich zu verbringen“, sagte er.
Bund und Länder hatten die Regelung bei einer Marathonsitzung in der Nacht zu Dienstag beschlossen. Merkel hatte nach heftiger Kritik entschieden, die geplante „Osterruhe“ zu stoppen und hatte dafür die Verantwortung übernommen. Merkel begründete den Verzicht mit zu vielen ungeklärten Fragen bei der Umsetzung. Die Kanzlerin hatte sich nach dem Kippen der geplanten Regelung bei den Menschen in Deutschland entschuldigt.
Kretschmer nimmt Merkel in Schutz
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) in Schutz. „Ich finde, sie muss dafür nicht die Verantwortung übernehmen. Diese Entscheidung ist von 16 Ministerpräsidenten und der Bundesregierung gemeinsam getroffen worden“, sagte er am Mittwoch am Rande der Landtagssitzung in Dresden: „Wir haben über die vergangenen zwölf Monate diesem Land viele richtige Entscheidungen gegeben.“ Die Entscheidung vom Montag gehöre nicht dazu. Das sollte man auch offen und deutlich sagen. Sie sei aber in einem guten Willen geschehen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) betonte ebenfalls die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. „Es war unser aller Fehler, dass wir in der Nacht der MPK-Entscheidung nicht noch stärker die Konsequenzen hinterfragt haben“, teilte Woidke. Der Bund habe in der Sitzung erklärt, dass er umgehend einen Vorschlag zur Umsetzung der Osterruhe vorlegen werde. Nun sei klar, dass dies nicht kurzfristig gemacht werden könne, ohne an anderer Stelle zusätzliche Probleme zu schaffen.
Woidke zollte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür „großen Respekt“, die geplante erweiterte Ruhezeit zu Ostern – also auch an Gründonnerstag und Karsamstag – wieder zu kippen. „Wenn eine Entscheidung nicht umsetzbar ist, muss sie auch wieder zurückgenommen werden“, erklärte der Regierungschef. Woidke entschuldigte sich bei den Bürgern: „Deshalb müssen wir alle (...), deshalb muss auch ich, die Menschen im Land für diese falsche Entscheidung um Verzeihung bitten“, erklärte er.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte: „Wir alle haben dem zugestimmt, wir haben Bedenken geäußert. Aber am Ende haben 16 Ministerpräsidenten gesagt, wir machen es so.“ Das sei weder für die Kanzlerin noch für die Ministerpräsidenten angenehm. Aber im politischen Stil sei es richtig, wenn man „rechtzeitig die Notbremse zieht“ und Maßnahmen auch wieder zurücknehme.
Ramelow appeliert an die Bevölkerung
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) appellierte an die Bevölkerung, die Tage über Ostern weiterhin als Ruhetage zu verstehen und keine Urlaubsreisen zu unternehmen. „Die Osterruhe ist nicht abgesagt, es sind nur keine Feiertagsregelungen für Gründonnerstag und Karsamstag gefunden worden“, sagte Ramelow. Das dynamische Wachstum bei den Infektionszahlen müsse gebrochen werden. „Ich fand es eine gute Idee“, machte Ramelow mit Blick auf die bislang angestrebte Feiertagsregelung für Gründonnerstag und Karsamstag klar.
Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte tritt für eine Reduzierung der Kontakte über die Feiertage ein. „Ich bedaure, dass der Bund sich nicht dazu in der Lage sieht, die mit der verlängerten Osterruhe verbundenen Fragen verbindlich zu klären“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Bremen. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Schalte mit den Ländern den Beschluss eines weitgehenden Lockdowns von Gründonnerstag bis Ostermontag (1.-5. April) zurückgenommen.Haseloff: „Was theoretisch denkbar und was praktisch umsetzbar“
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat den Rückzieher ebenfalls verteidigt. „In einer solchen Situation, in der viele Fragen nicht beantwortet werden können, ist es aus meiner Sicht richtig, dann nicht an dieser Absicht festzuhalten“, sagte er am Mittwoch in Wiesbaden. „Ich bin mir sehr darüber im Klaren, dass das auf den ersten Blick vielleicht eher überraschend ist.“ Er habe Respekt vor der Entscheidung der Bundeskanzlerin, die ja auch sehr persönlich dazu gesprochen habe. „Wir haben es gemeinsam beschlossen.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die revidierte Entscheidung der Osterruhe begrüßt. „Dies ist ein richtiger Schritt als Konsequenz aus den inzwischen offenkundig gewordenen Schwierigkeiten bei der rechtlichen und organisatorischen Umsetzung dieser Maßnahme“, sagte Haseloff in Magdeburg. Zwar hätte die erst in der Nacht zu Dienstag beschlossene, fünftägige Osterruhe einen zusätzlichen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie leisten können, sagte Haseloff. „Allerdings müssen wir auch immer im Auge behalten, was theoretisch denkbar und was praktisch umsetzbar ist“, erklärte er.Söder entschuldigt sich
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für die gekippte Osterordnung entschuldigt. „Das haben alle Ministerpräsidenten entschieden. Ich war genauso dabei wie alle anderen. Und deswegen glaube ich, ist es auch notwendig, dass sich alle dann dafür entschuldigen und das bedauern“, sagte er am Rande der Sitzung des bayerischen Landtags in München.
„Es ist zwar nichts tatsächlich passiert – aber natürlich gibt es einen Vertrauensschaden. Und das tut uns leid, das tut auch mir leid“, sagte Söder. Die Situation sei „sehr ärgerlich“, aber letztlich sei es besser, den Beschluss frühzeitig zu korrigieren.
Manuela Schwesig: Ostern zu Hause bleiben
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) appelliert an die Menschen im Land, über Ostern trotzdem zu Hause zu bleiben. Kontakte zu anderen Menschen sollten minimiert und auf Familienbesuche solle möglichst verzichtet werden, sagte Schwesig. „Die Entscheidung der Bundeskanzlerin ändert nichts daran, dass wir steigende Zahlen haben, dass die dritte Welle läuft und dass wir alles unternehmen müssen, um das zu brechen.“ (rnd, dpa)