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Vorstoß mit TankzuschussSPD und Grüne sind „stinksauer auf Lindner“

Lesezeit 4 Minuten
Lindner Habeck 150322

Christian Lindner (l.) und Robert Habeck 

Berlin – Betroffenheit und Wut. Mit diesen Gefühlen blicken derzeit wohl die meisten Menschen auf den Krieg gegen die Ukraine und auf das Chaos, das der russische Angriff an den Energiemärkten ausgelöst hat. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kann sich davon nicht ganz freimachen, wobei bei dem Grünen-Politiker derzeit auch noch die Wut über etwas anderen hinzukommt: seinen Koalitionspartner.

Am Sonntagabend bei Anne Will war das Habeck‘sche Gefühlschaos live und in Farbe zu bewundern. Derart emotional erklärte der Minister der Moderatorin, warum Deutschland einen Boykott russischer Energielieferungen derzeit nicht durchhalten könne, dass ein Onlinemedium später titelte, Habeck sei „den Tränen nahe“ gewesen.

Das mag leicht übertrieben gewesen sein, auffällig aber war, wie viel kühler der Grüne wurde, als er auf die Idee seines Ministerkollegen Christian Lindner angesprochen wurde, Autofahrern mit Rabattgutscheinen von den steigenden Benzin- und Dieselkosten zu entlasten.

Es sei wenig sinnvoll, einzelne Maßnahmen aus dem derzeit in Arbeit befindlichen Entlastungspaket der Bundesregierung vorwegzunehmen, beschied der Grüne. Er könne auch nicht erkennen, inwieweit der Vorschlag des Finanzministers umfassend sei, Effizienz steigere oder zum Energiesparen animiere, so Habeck weiter. All das erwarte er aber von einer Entlastung. „Da kann man es noch ein bisschen besser machen.“

Rums.

Ein Koalitionskrach zu besten Sendezeit inklusive öffentlicher Ohrfeige des Vizekanzlers für den Finanzminister – das hat es in dieser Form schon lange nicht mehr in Deutschland gegeben.

SPD und Grüne sind „stinksauer auf Lindner“

FDP-Chef Lindner hat mit seiner über die „Bild“-Zeitung lancierten Idee eines staatlichen Tankzuschusses in der Ampelkoalition für massiven Streit gesorgt. Stinksauer sei man, hieß es bei SPD und Grünen unisono. Intern hatten sich die Ampelkoalitionäre auf ein ganzes Entlastungspaket verständigt, an dem die zuständigen Ministerien derzeit „unter Hochdruck“ arbeiten, wie es heißt. Erleichterungen bei den Heizkosten und beim Strom müssten genauso dazu gehören wie bei der Mobilität, sagte Habeck.

Doch der Grüne will es nicht bei einem Subventionsprogramm fossiler Energieträger belassen. Nach seinem Willen sollen auch die Energieeffizienz sowie Einsparungen gefördert werden. Es brauche „marktwirtschaftliche Impulse“ so Habeck. Zu deutsch: Ganz wird der Staat den Anstieg der Energiekosten nicht ausgleichen, der preisliche Anreiz zum Energiesparen soll erhalten bleiben.

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Auch Sozialverbände fordern, Entlastung von ausufernden Energiekosten nicht allein auf den Spritpreis zu beschränken. „Für die Höhe staatlicher Unterstützung sollte die Bedürftigkeit, nicht der Hubraum entscheidend sein, den sich jemand leisten kann“, sagte Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Sachgerechter als Geldgeschenke nur an Autofahrer wären höhere Energiezuschüsse für einkommensarme Haushalte, so Schneider weiter. Eine Erhöhung der Regelsätze für die Grundsicherung sei vor dem Hintergrund gestiegener Lebensmittelpreise ebenfalls weit wichtiger als „kostenintensive Entlastungen mit der Gießkanne“.

Kritik auch vom Wirtschaftsrat der CDU an Lindners Tankzuschuss-Plänen

Auch vom Wirtschaftsrat der CDU kam Kritik am Vorschlag des Finanzministers. „Kassenrabatte an den Tankstellen, die sich der Pächter dann vom Finanzamt zurückholen soll, sind nicht nur schrecklich bürokratisch, sondern bieten auch Gefahren für die Liquidität der Pächter und Mineralölgesellschaften“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger dem RND. „Ein komplizierteres System hätte man sich selbst mit Mühe kaum einfallen lassen können.“ Sinnvoller sei eine Senkung der Energiesteuern auf Kraftstoffe, so Steiger weiter. Damit werde nicht nur Verbrauchern, sondern auch der Wirtschaft am besten geholfen.

Bei der Regierungspressekonferenz am Montag reihte sich das Finanzministerium wieder brav in die Reihe der übrigen Ressorts ein. Die Bundesregierung werde ein Paket an Entlastungsmaßnamen vorlegen, die Benzinpreisrabatte könnten Teil dieses Paketes werden, teilte Lindners Sprecher mit.

Der Finanzminister kann sich einen nachhaltigen Koalitionsknatsch im Moment nicht leisten, denn er steht vor dem Problem, seinen ersten Haushalt aufstellen zu müssen. Und der Krieg gegen die Ukraine macht sämtliche Etatplanungen zur Makulatur. Zwar hat sich Lindner fest vorgenommen, die noch vom heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz eingeplante Schuldenaufnahme von 99,7 Milliarden Euro nicht zu übertreffen – aber das betrifft nur den Kernhaushalt. Das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr kommt on Top, und dann plant das Finanzministerium auch schon einen Nachtragshaushalt für die Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine auf Deutschland.

Die Wünsche und Zwänge für neue Ausgaben wachsen derzeit schneller, als der Finanzminister gucken kann. Und das schon ganz ohne Tankgutscheine.

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