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„Anne Will“Klingbeil spricht über Schröder-Besuch in Moskau

Lesezeit 4 Minuten
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Die Talk-Runde bei Anne Will.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat in der ARD-Talkshow „Anne Will“ am Sonntagabend erneut bekräftigt, dass die Bundesregierung derzeit kein Embargo für russische Energielieferungen plane: „Bei Kohle, Öl und Gas sind wir Schritt für Schritt dabei, uns unabhängig zu machen. Das geht allerdings nicht sofort“, erklärte der Grünen-Politiker.

Ein sofortiger Stopp von Öl- und Gasimporten aus Russland sei nicht möglich: „Wenn man jetzt den Schalter umlegt, dann wird es in Deutschland zu Lieferengpässen und Lieferabbrüchen kommen, zu Massenarbeitslosigkeit und zu Armut. Sowas könnte mehrere Jahre betreffen. Das ist nicht schön, die derzeitige Abhängigkeit zuzugeben, wir als Deutschland haben uns aber in den vergangenen Jahren da hineinmanövriert.“

Robert Habeck lehnt Flugverbotszone und Öl-Embargo ab

Der Grünen-Politiker lehnte erneut die Forderung der ebenfalls anwesenden ukrainischen Schriftstellerin Katja Petrowskaja ab, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten: „Wir tun nicht alles, aus guten Gründen. Wenn wir alles tun würden, würden wir in eine unkontrollierte Eskalation hineingeraten. Als Regierungsmitglied kann man sich nicht emotional leiten lassen, man muss die Sachen durchdenken.“ Putin knüpfe an an das Zarenreich mit Mitteln, die man nur aus dem Imperialismus kenne. „Ich gehe nicht davon aus, dass er mit der Ukraine aufhören wird.“

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Habeck wehrte sich gegen den Vorwurf, dass Deutschland nichts für die Ukraine tue: „Wir machen extrem viel und unterstützen den Widerstand in der Ukraine. Aber wir dürfen nicht den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Wir machen uns bereits unabhängig von russischen Energieimporten, aber das geht nicht von heute auf morgen.“

Zugleich warnte der Bundeswirtschaftsminister vor hohen Energiekosten für das laufende Jahr: „Menschen werden in diesem Jahr extrem hohe Heizrechnungen bekommen. Die Bundesregierung arbeitet an Entlastung.“

Robert Habeck hält wenig von Christian Lindners „Tank-Rabatt“

Ein wie von Finanzminister Christian Lindner geplanter Tank-Rabatt, den der FDP-Politiker in der „Bild“-Zeitung anregte, sei zunächst einmal ein nicht zu Ende gedachter Vorschlag: Die Maßnahmen müssten umfassend und effizient sein und ein marktwirtschaftliches Signal senden. „Alle diese drei Punkte sehe ich in Christian Lindners Vorschlag noch nicht. Das kann man noch ein bisschen besser machen.“

Zugleich echauffierte sich Habeck über die Darstellung der aktuellen Energielage in Deutschland, vor allem in der „Bild“-Zeitung: „Wenn eine Zeitung auf der einen Seite einen sofortigen Stopp von Öl- und Gasimporten fordert und auf der anderen Seite über die hohen Preise klagt, dann ist das logisch mindestens anspruchsvoll.“

Eine Knappheit an Öl- und Gaslieferungen gebe es derzeit nicht: „Wir haben keinen knappen Weltmarkt. Die Preisexplosion, die wir derzeit erleben, liegt ausschließlich an der Erwartung der Märkte, nicht an einer Öl-Knappheit.“

CDU fordert Stopp von Gas-Lieferungen über Nord Stream 1

Der CDU-Politiker und Oberst a.D. Roderich Kiesewetter forderte dagegen den Ausstieg aus der Gas-Pipeline Nord Stream 1, sprach sich aber auch für Ehrlichkeit aus: „Wir sollten der Bevölkerung reinen Wein einschenken, was ein Embargo für Konsequenzen hätte.“

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil konterte: „Man kann in der jetzigen Situation nichts ausschließen. Wir können derzeit nicht raus aus russischem Öl und Gas. Es sind gerade auch Ministerpräsidenten der Union, die Unterschriften sammeln und Selfie-Videos vor Tankstellen machen. Der soziale Zusammenhalt ist gefährdet.“

Klingbeil betonte, er habe zudem nichts vom Besuch Gerhard Schröders in Moskau gehört: „Ich hatte keinen Kontakt mit ihm. Ich habe nur gehört, dass er auf Bitten der ukrainischen Seite dort war.“

Dmytro Kuleba wirft Deutschland Finanzierung von russischem Krieg vor

Neben der Schriftstellerin Petrowskaja forderte auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba härtere Sanktionen gegen Russland und Wladimir Putin: „Wir brauchen mehr Sanktionen für den größten Krieg in Europa, den wir seit dem Zweiten Weltkrieg erleben“, forderte Kuleba. Außerdem solle Deutschland den EU-Beitritt der Ukraine beschleunigen.

Gleichzeitig machte der ukrainische Politiker Deutschland Vorwürfe, den russischen Angriffskrieg zu unterstützen: „Sie haben dazu beigetragen, die aktuelle Macht von Russland mit aufzubauen“, sagte Kuleba. Man fordere nichts von Deutschland, sondern erhoffe sich Unterstützung bei Waffenlieferungen. Ukrainische Soldaten hätten in russischen Panzern Teile des deutschen Herstellers Bosch gefunden. „Das ist nur eines von vielen Beispielen“, so Kuleba.

Petrowskaja sprang ihm bei: „Ein sofortiges Embargo und eine Flugverbotszone würde Putins Rückgrat brechen. Dieser Mann versteht nur Stärke.“ „Demokratie ist immer schwächer als Tyrannei.“ Europa sei bereits nuklear bedroht durch die Situation in den Atomkraftwerken in Tschernobyl und Saporischschja.

Claudia Major, Vorsitzende der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, fordert dafür den Beistand der USA: „Nur die USA haben die Macht, große Importeure wie China und Indien mit ins Boot zu holen.“ Deutschland müsse in der Lage sein, die Entscheidung langfristig durchzuziehen. „Sonst geht das nach hinten los“, so Major. Russland komme mit den Sanktionspaketen in die Lage von Nordkorea. (shh)