Berlin – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) droht den Arbeitgebern mit einer Testpflicht. Doch die Unternehmen lehnen das ab und verweisen darauf, dass in den Betrieben schon viel auf freiwilliger Basis getan werde. Merkel hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ angesichts steigender Infektionszahlen nicht nur strengere Beschränkungen für Bürger angesprochen, sondern sich auch unzufrieden mit der Lage in den Unternehmen gezeigt.
Die Nutzung des Homeoffice sei wieder rückläufig und es werde nicht ausreichend getestet. Sie hat angedeutet, dass Firmen dazu verpflichtet werden könnten, jedem Beschäftigten, der noch an seinem regulären Arbeitsplatz tätig ist, pro Woche zwei Corona-Tests anbieten zu müssen. Bislang gibt es lediglich die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft, bis Anfang April eine Infrastruktur für die Tests aufzubauen. Merkel deutete in dem Fernsehinterview an, dass dies aus ihrer Sicht bislang noch nicht in ausreichendem Maß geschehen ist.
Markus Jerger, Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), kontert: „Das ist der durchsichtige Versuch von Frau Merkel, nach dem »Haltet den Dieb!«-Prinzip vom eigenen, eklatanten Versagen bei der Test- und Impflogistik abzulenken. Sie sollte zur Kenntnis nehmen, dass gerade die mittelständischen Betriebe seit Beginn der Pandemie massiv in Hygiene und Arbeitsschutz investiert haben“, sagte Jerger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Redaktionsnetzwerk Deutschland). Dazu gehöre, dass die Mittelständler selbstverständlich ihren Mitarbeitern überall da Homeoffice anbieten, wo es möglich und sinnvoll ist.
„Wer trägt die Kosten von einer Milliarde Euro im Monat?“
Der BVMW-Geschäftsführer sieht überdies eine Reihe ungeklärter Fragen: „Wo sollen die schätzungsweise 60 Millionen Test pro Woche herkommen? Wer übernimmt die Kontrolle der Testergebnisse? Die wichtigste Frage aber ist: Wer trägt die Kosten von schätzungsweise einer Milliarde Euro im Monat?“
Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger haut in die gleiche Kerbe: Mit dem ständigen Drohen einer gesetzlichen Regelung werde das Engagement der Unternehmen nicht anerkannt. „Ein Testgesetz schafft nicht mehr Schutz, sondern mehr Bürokratie, mehr Kosten, weniger Eigeninitiative und einen Haufen ungeklärter rechtlicher und organisatorischer Fragen“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).
Experten gehen davon aus, dass ein größerer Teil der Ansteckungen am Arbeitsplatz geschieht. Hinter vorgehaltener Hand ist zugleich immer wieder zu hören, dass viele Betriebe beim Infektionsschutz nur das tun, was sie unbedingt tun müssen. Hinzu kommt, dass Führungskräfte offenbar aus Misstrauen darauf beharren, dass Beschäftigte am Arbeitsplatz präsent sind, obwohl sie auch im Homeoffice arbeiten könnten.
Arbeitgeberpräsident Dulger macht auf ein anderes Problem aufmerksam: „Aus den Rückmeldungen unserer Unternehmen wissen wir auch, dass die Testnachfrage so angestiegen ist, dass der Nachschub sich verzögert. So ist mancher Test wohl vielleicht auch im Suez-Kanal stecken geblieben.“