AboAbonnieren

Wie gefährlich ist BA.2.75.2?Was bisher über den Omikron-Subtypen bekannt ist

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Viele Menschen merken noch lange nach einer Corona-Infektion, dass das Virus ihren Körper angegriffen hat.

  1. Besorgt blicken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf eine neue Corona-Variante.
  2. Ihr Name: BA.2.75.2. Eine Studie aus Schweden legt nahe: Sie könnte die Immunantworten von Geimpften und Genesenen besser umgehen als jede Virusvariante zuvor.

Es ist eine Evolution im Zeitraffer: Immer wieder entdecken Forschende neue Varianten des Coronavirus. Zuletzt sind es vor allem Subtypen der Virusvariante Omikron, die sie in positiven Proben finden. Die gute Nachricht ist: Die meisten von ihnen haben nicht das Potenzial, sich gegen BA.5 durchzusetzen – die Omikron-Version, die aktuell das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiert.

Doch das muss nicht auf Dauer so bleiben. Fachleute sind überzeugt: Irgendwann wird eine andere Corona-Variante BA.5 verdrängen. Welche das sein wird, wissen sie jedoch nicht. Es gibt jedoch eine Virusversion, die derzeit besonders im Fokus der Wissenschaft steht: BA.2.75.2.

Virusvariante tritt bisher nur regional auf

„BA.2.75.2 könnte die nächste Variante werden, die sich durchsetzt“, twitterte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vergangene Woche. Noch würden die Daten zur Virusvariante zwar nicht ausreichen. „Aber auch gegen diese Variante wären wir ausreichend vorbereitet. Neue Impfstoffe, Masken im Innenraum und bessere Behandlung.“

Tatsächlich ist noch nicht allzu viel über die Eigenschaften von BA.2.75.2 bekannt. Was auch daran liegt, dass die Corona-Variante bisher nur vereinzelt nachgewiesen wird, vor allem in Indien und in den USA. In Deutschland ist sie seit Anfang Januar vergangenen Jahres nur 17-mal gefunden worden, wie aus den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht.

Studie: „Die wohl resistenteste Variante, die es bisher gab“

Eine Studie aus Schweden, die Mitte September auf dem Preprint-Server BioRxiv erschienen ist, hat versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Forschenden des renommierten Karolinska-Instituts hatten untersucht, wie gut Antikörper aus Blutproben BA.2.75.2 neutralisieren können. Das Ergebnis ist besorgniserregend: „BA.2.75.2 gelingt es, Antikörper fünfmal so leicht zu umgehen, wie beispielsweise BA.5″, heißt es. „Damit ist die neue Omikron-Mutation die wohl resistenteste Variante, die es bisher gab.“

Zu verdanken hat der Omikron-Subtyp seine Eigenschaften den deutlichen Veränderungen im Erbgut. Er besitzt nahezu alle Mutationen der vorherigen Omikron-Sublinien und zusätzlich die Aminosäuren R346T, F486S und D1199N. Sie ermöglichen es, dass die Virusvariante die Immunantworten von Geimpften und Genesenen noch besser umgehen kann. Und gleichzeitig fand das schwedische Forscherteam Mutationen am Spike-Protein, das auf der Oberfläche aller Corona-Varianten sitzt, die auch bei der Delta-Variante vorkommen. Diese ging mit deutlich schwereren Krankheitsverläufen einher.

Krankheitsschwere von BA.2.75.2 noch unbekannt

Das bedeutet jedoch nicht, dass BA.2.75.2 wieder grundsätzlich krankmachender ist. Dazu lässt sich bisher keine Aussage treffen. In der Studie heißt es dazu: „Unabhängig vom sogenannten „Immun Escape„, also der Flucht vor Antikörpern, helfen Impfungen aber gegen einen schweren Verlauf, auch bei neuen Omikron-Mutationen.“

Würde sich die Virusvariante in Deutschland durchsetzen, muss das also nicht bedeuten, dass wieder mehr Menschen schwer erkranken. Die Gefahr von BA.2.75.2 lauert woanders: Es würde wieder zu mehr Infektionen kommen, viele Menschen müssten sich isolieren und würden damit an anderer Stelle fehlen. Die Folge wären größere Personalausfälle.

Corona-Medikament ist gegen BA.2.75.2 unwirksam

Was die Untersuchung aus Schweden auch gezeigt hat, ist: Das Corona-Medikament Evusheld, das die monoklonalen Antikörper Tixagevimab und Cilgavima kombiniert, ist gegen die BA.2.75.2 wirkungslos.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das heißt, es würde eine Covid-19-Prophylaxe wegfallen. Zurzeit wird das Medikament vor allem bei Immungeschwächten und Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, eingesetzt, um vorzubeugen, dass das Coronavirus in die Körperzellen eindringen und eine Infektion verursachen kann.

Zumindest das Präparat Bebtelovimab blieb bei den Tests für BA.2.75.2 empfindlich. Allerdings ist dieser Wirkstoff noch nicht in der EU zugelassen. In den USA hat er Anfang Februar eine Notfallzulassung erhalten.

Weitere Virusvarianten zu befürchten

„Es gibt im Moment eine große Zahl von Varianten, die das Potential haben, eine neue Welle zu verursachen“, sagte Richard Neher vor Kurzem gegenüber dem RND. Er forscht am Biozentrum der Universität Basel zur Evolution des Coronavirus und hat das Projekt Nextstrain ins Leben gerufen, mit dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fast in Echtzeit verfolgen können, wie sich der Erreger verändert. Immerhin: „Eine komplett neue Variante – wie vergangenen Dezember Omikron – ist im Moment nicht in Sicht.“

Welche Corona-Variante sich am Ende gegen BA.5 durchsetzen wird, kann aber auch er nicht vorhersagen. Das Virus mutiert weiter, auch weil es in vielen Ländern ein hohes Infektionsgeschehen und noch Immunitätslücken gibt. Es kann also sein, dass BA.2.75.2 schon bald von einem durchsetzungsstärkeren Variantenneuling verdrängt wird.