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Herbst, Schulen, OktoberfestEin Ausblick mit Hoffnung auf den „Corona-Herbst“

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Im Herbst droht eine erneute große Corona-Welle. Davon geht auch der Virologe Christian Drosten aus.

  1. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt, mehr ältere Menschen infizieren sich: Viele Anzeichen deuten auf ein zunehmendes Infektionsgeschehen in Deutschland hin.
  2. Welche Faktoren sich aktuell besonders ungünstig auf die Corona-Lage auswirken – und was trotz des Herbstbeginns Hoffnung macht.

Die kältere Jahreszeit hat begonnen. Seit Mitte September sind die Temperaturen hierzulande ungewöhnlich niedrig, einige Menschen mussten deswegen sogar schon ihre dicken Jacken aus dem Keller holen. Auch das Oktoberfest in München hatte bererits Halbzeit – sehr zur Freude der Wiesn-Fans findet es in diesem Herbst erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder statt.

Und für Schülerinnen und Schüler hat auch im letzten Bundesland, Baden-Württemberg, wieder das Schuljahr begonnen. Kälte, Massenveranstaltungen und ein weitgehend uneingeschränkter Schulbetrieb: Wenn man eines aus der Pandemie gelernt hat, dann, dass eine solche Kombination keine gute Nachricht für die Infektionslage ist.

Schon jetzt hält das Robert Koch-Institut (RKI) fest, dass einige Infektionsparameter in Deutschland gestiegen sind: Laut dem aktuellen Wochenbericht war die Sieben-Tage-Inzidenz in der vergangenen Woche bei 273 nachgewiesenen Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner und somit 11 Prozent höher als in der Woche zuvor (245). Auch die Zahl der gemeldeten Corona-Ausbrüche in medizinischen Einrichtungen und Pflegeheimen habe etwas zugenommen.

Der Wochenbericht bezieht sich vor allem auf die vergangene Woche vom 12. bis zum 18. September. Bereits in der Woche davor hatte sich gezeigt, dass der lang anhaltende Rückgang bei mehreren Corona-Kennzahlen gestoppt ist.

Epidemiologe: „Müssen mit erheblicheren Corona-Zahlen rechnen“

Laut dem Epidemiologen Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie liegt der Anstieg der Zahlen „völlig im Erwartungshorizont“ – er warnt aber davor, dass sich mehrere Faktoren in den kommenden Wochen ungünstig auf das Infektionsgeschehen auswirken dürften: „Die Menschen halten sich mehr drinnen auf und wir haben Festivitäten wie das Oktoberfest oder bald auch Weihnachten – deswegen müssen wir durchaus mit erheblicheren Corona-Zahlen rechnen“, sagt er. Auch die niedrige Temperatur befördere nachweislich die Infektionszahlen, auch wenn sie kein sonderlich großer Faktor sei.

Bedeutet das also, dass sich nun pünktlich zum Herbstbeginn die nächste Infektionswelle aufbaut? Sicher sagen lässt sich das noch nicht: Zeeb betont, dass die Datenlage aktuell schwierig zu beurteilen sei, weil sie unvollständig sei.

Somit wird sich wohl erst rückblickend zeigen, ob es sich aktuell um den Beginn einer neuen Welle handelt. Laut der aktuellen Ausgabe des „Epidemiologischen Bulletins“, die das RKI am Donnerstag veröffentlichte, werden bislang sechs Wellen seit Beginn der Pandemie gezählt – die jüngste hatte demnach im Juni begonnen, ein Enddatum wurde aber noch nicht festgelegt.

Wieder mehr PCR-Tests

Bei den erhobenen Zahlen gilt es grundsätzlich zu beachten, dass die tatsächliche Gesamtzahl der Infektionen deutlich höher liegen dürfte, da viele Infektionen nicht erkannt oder registriert werden. Zudem sind Labortestungen Grundlage der Inzidenzberechnung – und diese werden inzwischen seltener durchgeführt als in früheren Zeiten der Pandemie.

Aber auch der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) hatte in seiner am Dienstag veröffentlichten Auswertung der PCR-Testzahlen betont, dass in den Facharztlaboren die Testungen auf Sars-CoV-2 wieder gestiegen sind. In der vergangenen Woche seien 491.712 PCR-Untersuchungen durchgeführt worden, 5 Prozent mehr als in der Vorwoche. „Der leichte Anstieg in den letzten beiden Wochen war zu erwarten und ist der Anfang einer sich verändernden Infektionslage in der vor uns liegenden Jahreszeit“, sagte Michael Müller, erster Vorsitzender des Berufsverbandes, in der Mitteilung.

Anstieg der Inzidenz bei Älteren am stärksten

Der Anstieg der Inzidenz war laut des RKI-Wochenberichts ausgerechnet bei den vulnerableren Altersgruppen der 50- bis 84-Jährigen am stärksten. „Das Augenmerk muss auf die Risikogruppen gerichtet werden, denn die Infektionen steigen hier wieder überproportional an. Deshalb ist es ganz wichtig, dass die Älteren die neuen Impfstoffe bekommen und ihren Impfschutz auffrischen“, sagt Zeeb.

Auch die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte sich am Dienstag dafür ausgesprochen, bei Booster-Impfungen bevorzugt die an die Omikron-Varianten angepassten Impfstoffe einzusetzen. Eine zweite Auffrischungsimpfung wird nach wie vor für alle über 60, Risikopatientinnen und Risikopatienten mit Vorerkrankungen, Pflegeheim­bewohnerinnen und Pflegeheimbewohner sowie medizinisches Personal empfohlen.

Für die Einschätzung der Corona-Lage spielen auch die vorherrschenden Varianten eine Rolle. Derzeit ist es noch unklar, welche im Laufe des Herbsts und Winters in Deutschland dominieren werden – und wie sie sich auf das Infektionsgeschehen auswirken. „Es kann immer sein, dass es zu einer neuen, schwerwiegenderen Variante kommt“, sagt Zeeb. Aktuell sorgt weiterhin die Omikron-Sublinie BA.5 Stichproben-Daten zufolge für rund 96 Prozent der Fälle, wie aus dem RKI-Report hervorgeht. Bislang ist zudem die Sublinie BA.2.75 etwa 80-mal hierzulande nachgewiesen worden. Sie steht wegen zunehmender Ausbreitung weltweit unter Beobachtung. Bei der Beurteilung der Ausbreitung der Virusvarianten in Deutschland muss jedoch beachtet werden, dass nur wenige der positiven Proben dahingehend untersucht werden.

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Trotz des Anstiegs der Infektionszahlen bleibt die Lage in den Krankenhäusern nahezu unverändert: Im stationären Bereich und auf den Intensivstationen ist laut dem Wochenbericht noch keine Zunahme an Covid-19-Patientinnen und ‑Patienten mit schweren Verläufen erkennbar. Es sei vielmehr zu einer „Stabilisierung der Fälle“ in den vergangenen Wochen gekommen. Das RKI betont zudem, dass „die bloße Zahl der Infektionen längst nicht mehr so wichtig ist wie zu Beginn der Pandemie“ – und dagegen schwere Covid-19-Krankheitsverläufe für die Beurteilung der Infektionslage eine stärkere Rolle spielten.

Zeeb hält zudem einen weiteren Parameter für die Einschätzung der Infektionslage für wichtig: „Den Krankenstand haben wir bisher noch nicht so sehr im Auge, aber es wäre eine bedenkenswerte Überlegung, weil diese Zahlen viel früher vorhanden sind als die der schweren Verläufe, die im Krankenhaus behandelt werden müssen“, sagt er. Unter dem Krankenstand versteht man den prozentualen Anteil der krankheitsbedingten Fehltage an der Arbeitszeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

30 Tage, zwei Quarantänezentren und 14 PCR-Tests

Mit den steigenden Infektionszahlen wird sich aller Voraussicht nach auch die Zahl der schweren Krankheitsverläufe im Laufe der nächsten Wochen und Monate erhöhen. Zudem gibt Zeeb zu bedenken, dass auch krankheitsbedingte Arbeitsausfälle zunehmen dürften und somit Personal in vielen Bereichen fehlen werde.

„Das wird eher das Problem in diesem Herbst und Winter werden, als dass wir große Wellen von hohen Sterblichkeiten verzeichnen werden“, sagt der Epidemiologe. Er sei daher „skeptisch“, dass es in Deutschland gelingen werde, ohne neue weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie durch die kalten Jahreszeiten zu kommen.

Die Pandemie bleibt damit weiterhin ein Problem – und laut Zeeb müsse nicht nur die Lage in Deutschland, sondern auch die im Rest der Welt beobachtet werden: Pandemien seien „globale Geschehen“ – und man befinde sich „mittendrin in allen möglichen Globalisierungs- und Migrationsströmen“, sagt er.

Dennoch stehe man im Vergleich zu den beiden Vorjahren vor diesem Herbst und Winter in Deutschland nicht mehr so schlecht da. „Die Corona-Pandemie sieht jetzt anders aus. Die Sterblichkeitszahlen werden zwar wieder etwas höher werden, aber dank der Impfungen und der vielen durchgemachten Erkrankungen hat sich die Immunitätslage so verbessert, dass es vielfach bei milden Verläufen bleiben wird“, sagt Zeeb.