AboAbonnieren

Nach dem TrainingslagerDarum sieht sich der 1. FC Köln für den Zweitliga-Start gerüstet

Lesezeit 6 Minuten
Eric Martel (v.l.), Jonas Urbig und Timo Hübers vom 1. FC Köln warten in St. Veit an der Glan auf den Anpfiff des Testspiels gegen Udinese Calcio.

Sie sollen Säulen des „neuen “ FC sein (v.r.): Der neue Kapitän Timo Hübers, Torhüter Jonas Urbig und Sechser Eric Martel vor der Generalprobe gegen Udinese Calcio

Die Saison-Vorbereitung des 1. FC Köln ist praktisch abgeschlossen. Fragen und Antworten zum Zweitliga-Start des Struber-Teams

Am Sonntagvormittag absolvierte die Mannschaft des 1.FC Köln in Bad Waltersdorf noch eine letzte regenerative Einheit an, bevor sich der Tross auf den Weg zum Flughafen in Wien machte und nach Köln zurückgeflogen wurde. Damit war das Trainingslager des Bundesliga-Absteigers, der sich erstmals in Bad Waltersdorf in der Steiermark vorbereitet hatte, nach einer Woche beendet. Nach dem trainingsfreien Montag folgt ab Dienstag mit dem ersten Training am Geißbockheim der Feinschliff für den mit Spannung erwarteten Zweitliga-Auftakt am Freitag (20.30 Uhr) gegen den Hamburger SV.

Wie verlief die Saisonvorbereitung des FC unter dem neuen Trainer Gerhard Struber? Fragen und Antworten zum Zweitliga-Start der Kölner.

Ist der FC für den Liga-Start gerüstet?

Ja – auch wenn nicht alles reibungslos verlief. Der FC hat nach sechs Siegen aus sieben Testspielen die Vorbereitung ungeschlagen abgeschlossen. Vor allem die Auftritte in den letzten beiden Testspielen gegen Championship-Klub Swansea City (2:1) und den Serie-A-Verein Udinese Calcio (3:2-Erfolg nach 0:2-Rückstand) stimmen zuversichtlich. Insbesondere im Offensivspiel konnte das Struber-Team überzeugen. Klammert man die ersten beiden Testspiele gegen heillos überforderte Gegner aus, erzielte der FC in den fünf Partien (Offenbach, St. Truiden, Viktoria Köln, Swansea, Udine) immerhin 14 Tore. Und es hätte leicht mehr sein können, wenn nicht gar müssen. Die Mannschaft kann – wie gegen die Italiener – auch mit Rückschlägen umgehen, bei Bedarf taktisch ihr Spiel anpassen und zeigte, dass der Kader über genug Qualität verfügt, um oben in der Tabelle mitspielen zu können. Was den Marktwert angeht, ist er ohnehin der wertvollste der gesamten 2. Bundesliga.

„Wir müssen nicht künstlich etwas daherreden, die gelebte Realität zeigt uns: Wir haben Qualität. Jetzt geht's darum, das mit in die Liga zu nehmen und dort mit viel Selbstvertrauen und Selbstverständnis aufzutreten“, sagte Struber, der insbesondere die „Widerstandsfähigkeit“ seines Teams lobte: „Die brauchen wir, das ist eine sehr gute Erkenntnis.“ Sein Vorbereitungs-Fazit fiel nach der Generalprobe positiv aus: „Unser Weg stimmt. Wir sind gerüstet.“ Und zwar – auch wenn es keiner im Verein offen ausspricht – für das Ziel direkter Wiederaufstieg.

Wie kommt der neue Cheftrainer Gerhard Struber an?

Nach dem auch in der Mannschaft beliebten Steffen Baumgart und dem leiseren, aber umgänglichen Timo Schultz, der allerdings den Abstieg nicht verhindern konnte, musste sich die Mannschaft bereits auf den dritten Trainer innerhalb eines halben Jahres einstellen. Zwar verbrachte Struber seine ungewöhnlich verlaufene Trainer-Karriere überwiegend im RB-Kosmos, der besonders beim Traditionsklub Köln kritisch beäugt wird. Aber das heißt nicht, dass der Fußballschule des Brause-Klubs nur distanzierte Dogmatiker entstammen. Struber ist umgänglich und hat mit seinem Trainerteam offenbar einen guten Draht zur Mannschaft aufgebaut. Der 47-jährige Österreicher fördert und fordert, verschafft sich auch deutlich Gehör. Struber ist ein Trainer, der eine ähnlich aktive, mutige Spielphilosophie wie der zwei Jahre damit sehr erfolgreiche Baumgart hat.

Nach dem Abstieg war es einer der wichtigsten Aufgaben des Salzburgers, der Mannschaft das Zutrauen in die eigene Stärke wieder zu vermitteln. Laut Struber ist das schon ein Stück weit gelungen. „Wir haben den Jungs auch ein Stück weit Hoffnung verpflanzt in die Birne. Die Spieler haben festgestellt, wie gut sie eigentlich sein können“, befand Struber, der sich in Köln und beim besonders nahbaren, manchmal distanzlosen FC-Umfeld wohlzufühlen scheint.

Zeichnet sich die Startelf ab?

Absolut. Neun bis zehn Positionen sind für den Liga-Start praktisch vergeben. Jonas Urbig ist die neue Nummer eins im Tor. Im Abwehrzentrum ist der neue Kapitän Timo Hübers gesetzt. Hinten rechts verteidigt Jan Thielmann, auf der linken Seite fast sicher Leart Pacarada. In der 4:1:3:2-Grundordnung (oder je nach Sichtweise 4:4:2) spielt Eric Martel auf der Sechs, in der Mittelfeldraute Dejan Ljubicic (rechts) und Denis Huseinbasic (links). Das (junge) Angriffs-Duo bilden der aus Fürth zurückgekehrte Tim Lemperle und Damion Downs. Auf der Zehn spielte zwar zuletzt (eher unauffällig) Sargis Adamyan, doch dies war in Abwesenheit von Luca Waldschmidt. Ist er fit, ist der Ex-Nationalspieler mit seinen Qualitäten erste Wahl auf der Spielmacher-Position. Und dies scheint jetzt der Fall zu sein.

Einzig der Platz neben Innenverteidiger Hübers liefert noch Raum für Diskussionen. Abwehr-Talent Julian Pauli (19) stand viermal in Folge in der Startelf, doch bei der Generalprobe gegen Udine setzte Struber dann doch auf Routinier Dominique Heintz (30).

Gibt es Probleme – und wenn ja, welche?

Die Verletzungen des jungen Linksverteidigers Max Finkgräfe und des Ex-Kapitäns Florian Kainz, die beide mindestens acht Wochen ausfallen, trübten die Vorbereitung. Beide sind Eckpfeiler des Kölner Teams. Gegen Udine zog sich der bisher unauffällige Jacob Christensen offenbar auch noch eine schwerere Blessur zu. Und Mark Uth, wohl der beste Fußballer im Kader, bestritt erneut kein einziges Vorbereitungsspiel. Der 32-Jährige hat verletzungsbedingt fast zwei Jahre gar nicht gespielt und wird erneut ans Team herangeführt. Diesmal soll er auf einem besseren Weg sein – so jedenfalls die FC-Prognose.

Löblich war zwar, dass sich der FC in den Tests viele Chancen herausspielte, doch deren Verwertung ließ bisweilen zu Wünschen übrig. Die Kölner haben mit Downs (20) und Lemperle (22) zwei hoffnungsvolle Stürmer, doch nach dem Abgang von Davie Selke eben auch keinen erfahrenen Torjäger mehr in ihren Reihen. Wobei sich bei Selke, der zudem beim HSV weiter verletzt ist, die Geister scheiden.

Sieben Gegentore in den letzten fünf Testspielen sind auch etwas zu viele, vor allem in der ersten halben Stunde gegen Udine präsentierte sich der FC arg anfällig.

Der FC zeigte in der vergangenen Saison eine Führungsschwäche. Hat sich etwas verbessert und die Hierarchie verändert?

Ja. Hübers hat Kainz, der in der vergangenen Saison nie in Schwung kam und für den das Amt wie ein Ballast wirkte, als Kapitän abgelöst. Kainz bleibt allerdings im Mannschaftsrat wie Vizekapitän Uth sowie Thielmann und Martel, die neu ins Gremium aufrückten. Dem alten Mannschaftsrat gehörte noch der (wechselwillige) Marvin Schwäbe sowie die abgewanderten Benno Schmitz und Selke an. Struber hat den gesetzten, eloquenten Hübers zum Kapitän ernannt, die durchaus knifflige Entscheidung aber smart gelöst. Hübers scheint Führungsqualitäten zu haben, doch erst der Saisonverlauf wird sich zeigen, ob die neue Hierarchie aufgeht.

Wie waren eigentlich die Bedingungen im Trainingslager in Österreich?

Da fällt das Fazit gemischt aus. Der FC reiste ungewöhnlich spät ins Camp. Das Spa Resort Styria in Bad Waltersdorf genügte den Anforderungen einer professionellen Mannschaft. Für die ramponierten Trainingsplätze galt dies indes nicht. Da der FC mit der Steirischen Tourismus GmbH „zunächst“ einen Vertrag bis 2027 abgeschlossen hat, muss sich daran etwas ändern. Österreich ist bekanntlich ein sehr schönes Land, die Gegend zwischen Steiermark und Burgenland ist indes ziemlich öde und weit entfernt von einem Postkarten-Austria. Mancher Anhänger des FC, der das Selbstverständnis eines Fan-nahen Klubs hat, wird sich sicherlich genau überlegen, ob er erneut ins rund 1000 Kilometer entfernte Bad Waltersdorf reisen wird. Doch ob die Gegend besonders pittoresk ist oder nicht, ist nicht das entscheidende Kriterium für einen Profi-Klub.