Köln – Die Bundesliga bangt nach den vier Corona-Fällen bei Hertha BSC um die fristgemäße Beendigung der Saison. Die Berliner müssen wegen einer verhängten 14-tägigen Quarantäne gegen die Mannschaft und den Trainerstab drei Spiele (Mainz, Freiburg, Schalke) auf die Zeit nach dem 28. April verschieben. Das hat auch massive Auswirkungen auf den Abstiegskampf, in dem Hertha ein Konkurrent des Vorletzten 1. FC Köln ist. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Corona-Ausbruch.
Die Profis leben in einer „Blase“, werden permanent getestet und müssen sich an das DFL-Hygienekonzept halten. Wie konnte es dennoch zu dem Corona-Ausbruch bei Hertha BSC kommen?
Wie und wo sich Cheftrainer Pal Dardai, Assistenzcoach Admir Hamzagic, Stürmer Dodi Lukebakio und kurz darauf Mittelfeldspieler Marvin Plattenhardt angesteckt haben könnten, ist nicht gesichert. Wahrscheinlich ist dies im familiären Umfeld passiert. Nach den ersten drei positiven Tests sollte das Team zunächst in eine Arbeits-Quarantäne. Ein ausgewähltes Hotel hätten Profis und Betreuer nur zum Training und den Spielen verlassen dürfen. Doch da das Gesundheitsamt mit dem vierten Fall eine Infektionskette innerhalb der Mannschaft erkannte, folgte die komplette Isolierung des Teams. Das Quartett hatte sich unabhängig von Rune Jarstein infiziert, der bereits vorher positiv getestet worden war. Der 36-jährige Torhüter hatte sogar einen schweren Verlauf, wurde kurzzeitig im Krankenhaus behandelt. Hertha zittert zudem vor weiteren Corona-Fällen. Denn gibt es weitere, geht die Quarantäne über 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Neuinfektion automatisch wieder von vorne los.
Was bedeutet Herthas Quarantäne für die Einhaltung des Spielplans?
„Was den Zeitplan angeht, wird es jetzt sehr eng. Wir haben nahezu keinen Puffer. Denn an die Saison schließen sich sofort die Relegationsspiele und dann die Abstellung der Nationalspieler für die EM an“, sagt FC-Geschäftsführer und DFL-Präsidiumsmitglied Alexander Wehrle und weist darauf hin: „Zudem ist die Tabelle an den kommenden drei Spieltagen vor allem im Abstiegskampf nicht besonders aussagekräftig.“ Bleibt es beim Fall Hertha, lässt sich noch etwas regeln, da alle Bundesliga-Teams im Europapokal ausgeschieden sind. Doch der DFL ist auch bewusst, dass sie auf einer tickenden Zeitbombe sitzt, dass es in Anbetracht der steigenden Infektionszahlen und der Mutationen jederzeit weitere Vereine treffen könnte. „Wir brauchen die bestmögliche Idee, damit keine weiteren Fälle dazukommen. Alle müssen sensibilisiert sein. Wir müssen uns so konsequent verhalten, dass wir nicht in Gefahr geraten. Aber: Keiner macht das mit Absicht“, sagt FC-Sportchef Horst Heldt.
Der FC ist 17. Müsste er absteigen, falls die Saison abgebrochen werden müsste?
Nach der zwischenzeitlichen Liga-Unterbrechung 2020 sprach sich die DFL zuerst dafür aus, dass es auch weiter zwei Absteiger geben müsse. Heldt erinnert sich: „Da gab es diese Gefahr. Zum Glück musste das nicht zu Ende diskutiert werden“, sagt der Sportchef und betont: „Es ist viel zu früh, über Szenarien des Abbruchs zu diskutieren. Wir müssen den Fokus darauf legen, dass wir die Saison zu Ende spielen. Ein Abbruch zeichnet sich nicht ab.“ In einigen Amateurligen und in einigen ausländischen Ligen griffen damals andere Mechanismen: Dort wurde die Saison annulliert, der Abstieg ausgesetzt und die Liga durch Aufsteiger aufgestockt.
Wird der Wettbewerb jetzt unfair?
Für Hertha ist die Quarantäne ein Nachteil. Spieler und Trainer dürfen nicht aus dem Haus, müssen sich dort fit halten. Im Mai warten auf sie nur „Englische Wochen“. „Es ist natürlich nicht schön, jetzt 14 Tage nicht im Mannschaftstraining zu sein. Das ist mit Sicherheit kein Vorteil“, meint FC-Trainer Friedhelm Funkel. In der Vorsaison stieg Dynamo Dresden nach Quarantäne-Pause und einem harten Nachholprogramm aus der 2. Liga ab. Auch Spielabsprachen in der entscheidenden Saisonphase kann man nicht ganz ausschließen.
Wie reagiert jetzt die DFL?
Sie plant, die Zügel erneut anzuziehen. „Der Zeitpunkt ist gekommen, um sich ernsthafte Gedanken über Quarantäne-Trainingslager zu machen, um die Saison möglichst abzusichern. Das ist wichtig aus Wettbewerbsgründen, aber natürlich auch aus wirtschaftlichen Gründen“, sagt DFL-Präsidiumsmitglied Wehrle. Das Horror-Szenario: Sollte die Saison abgebrochen werden müssen, entgingen den Klubs dreistellige Millionen-Einnahmen an TV-Geldern. Die DFL hatte bereits über Corona-Camps für die Vereine rund um die kommende Englische Woche nachgedacht, sie dann aber verworfen. Jetzt dürfte kein Weg mehr an diesen vorbeigehen. Geplant ist, die letzten drei Spieltage so abzusichern. Die Teams würden wie beim Neustart der Liga in der vergangenen Saison zur Isolation in Hotels ziehen. Dieses dürften sie nur zu den Trainingseinheiten und den Spielen verlassen.