Grundsätzliche Entscheidungen oder gar Konsequenzen blieben bisher beim 1. FC Köln aus. Sportchef Keller und Trainer Struber dürfen weitermachen — aber nur vorerst.
1. FC Köln in der KriseDurchhalteparolen am Geißbockheim
Am Sonntagmittag demonstrierte man am Geißbockheim Geschlossenheit: Christian Keller, der Geschäftsführer des 1. FC Köln, kam nach der Einheit des sich in der tiefen Krise befindlichen Zweitligisten zusammen mit dem Trainerteam um Chefcoach Gerhard Struber noch einmal aus dem Franz-Kremer-Stadion und ging in Richtung Geißbockheim. Die Spieler waren zu der Zeit schon längst wieder in der Kabine.
Und damit waren die Kardinalfragen beim FC zumindest bis zum Abpfiff des Pokalspiels am Dienstagabend beantwortet: Struber leitete am Sonntag das Training, wird sich am Montag während der offiziellen Pressekonferenz zum Zweitrunden-Duell gegen Bundesliga-Aufsteiger Holstein Kiel (20.45 Uhr) äußern und tags drauf dann auch auf der Bank Platz nehmen. Der Österreicher bleibt somit vorerst Trainer des auf Platz zwölf der 2. Bundesliga abgestürzten FC. Und Keller darf im Amt des Geschäftsführers Sport bleiben.
Gefühlt ganz Köln fordert aufgrund der sportlichen Entwicklung des Traditionsklubs und nach den fatalen Pleiten in Darmstadt (1:5) und gegen Paderborn (1:2) vor allem die Demission des Sportchefs, auch Kellers Wunschtrainer Struber ist angezählt. Die Fans des FC, die mit ihrer Geduld am Ende scheinen, hatten unmittelbar nach dem Abpfiff am Freitagabend ihrem Ärger Luft gemacht und die Entlassung des umstrittenen Sport-Geschäftsführers gefordert, der seit April 2022 im Amt ist. Doch der Vorstand wird keine Konsequenzen ziehen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
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Präsident Werner Wolf hatte sich am Samstagnachmittag zur Situation beim FC geäußert, der am Spieltag zuvor ein Debakel in Darmstadt erlitten hatte und sich im Heimspiel gegen Paderborn nicht rehabilitieren konnte. Auf die Personalien Keller und Struber ging Wolf in seiner Wortmeldung nicht explizit ein. „Ich hatte mir gegen Paderborn eine Reaktion der Mannschaft erwartet, leider ist diese ausgeblieben. Mir tut es leid für unsere Fans, die uns auch am Freitag während des Spiels wieder großartig unterstützt haben. Gleichermaßen habe ich Verständnis für ihre Enttäuschung nach dem Spiel“, ließ der Präsident ausrichten. Nach zwei solchen Negativerlebnissen innerhalb einer Woche müsse man sich allerdings „schon mal schütteln“. Wolf abschließend: „Aber unsere Aufgabe ist es, das große Ganze im Blick zu behalten. Bereits am Dienstag steht für uns das nächste wichtige Spiel an.“
1. FC Köln: Kein längerfristiges Bekenntnis zu Keller und Struber
Es ist also auch der Faktor Zeit, der eine Rolle spielt und den FC weiterhin nicht zu einer Grundsatzentscheidung veranlasst, die angesagt wäre. Doch Wolfs Wortmeldung lässt die Interpretation zu, dass der Präsident ein längerfristiges Bekenntnis zu Keller und Struber bewusst vermied. Denn die Lage des FC ist brenzlig bis dramatisch. Der Absteiger, der von vielen Zweitliga-Trainern und vermeintlichen Experten zu Saisonbeginn als Aufstiegsfavorit genannt wurde, da er die meisten Leistungsträger nach dem Abstieg gehalten hatte, liegt mit indiskutablen zwölf Punkten nur auf Platz zwölf. Der Vorsprung auf die bedrohlichen Ränge ist derzeit geringer als der Rückstand auf die oberen Plätze: Der FC hat nur vier Punkte mehr als der Drittletzte Eintracht Braunschweig, dafür aber schon sieben Zähler weniger als der Dritte Paderborn und der Zweite Hannover 96, der am Sonntag souverän mit 3:0 beim FC Magdeburg gewann. Auch Keller gestand — wenig überraschend — ein, dass er mit der Ausbeute nicht zufrieden ist: „Zwölf von möglichen 30 Punkten sind zu wenig. Das ist ein unbefriedigender Zustand.“
Am Geißbockheim herrscht mittlerweile Alarmstufe Rot. Und Spekulationen machten sofort die Runde. Nach Informationen dieser Zeitung gab es am Wochenende allerdings weder ein kolportiertes Rücktrittsgesuch von Keller noch konkrete Überlegungen, sich vom Sportchef und/oder vom Trainer vorzeitig zu trennen. Am Geißbockheim fand auch keine Krisensitzung statt. Erstaunlich, vor allem nach den immer wiederkehrenden Fehleinschätzungen Kellers, die sich wie ein roter Faden durch seine bisherige zweieinhalbjährige Tätigkeit beim FC ziehen.
Das heißt wiederum nicht, dass es nicht noch zu personellen Konsequenzen kommen könnte — auch wenn Keller, kein Wunder, seinen Wunschtrainer Struber weiter für den richtigen Coach hält. Denn Kiel und die kommende Zweitliga-Partie bei Hertha BSC (Samstag, 20.30 Uhr) dürften zu Endspielen für beide werden. Danach steht das Heimspiel gegen Greuther Fürth an, ehe eine Länderspielpause folgt. In diese könnten die Kölner bei einem Struber-Aus mit einem Interimstrainer gehen. U-19-Trainer Stefan Ruthenbeck könnte erneut einspringen, der die FC-Profis bereits von Dezember 2017 bis Juni 2018 trainiert hatte, nach einer völlig verkorksten Saison den Abstieg auch nicht mehr verhindern konnte. Bezeichnenderweise würde Ruthenbeck dann auf seinen Ex-Klub Fürth treffen, für den der 52-Jährige von Juli 2015 bis November 2016 als Chefcoach tätig war.
Zu Friedhelm Funkel, der die Kölner 2021 in einer erfolgreichen Rettungsmission doch noch zum Klassenerhalt geführt hatte, haben die Kölner Verantwortlichen nach Information dieser Zeitung bis dato keinen Kontakt aufgenommen. Jedenfalls noch nicht.
Man darf gespannt sein, mit welcher Taktik und welchem Personal Struber die Pokalpartie angehen wird. Der Österreicher hatte es gegen Paderborn mit einer defensiveren Herangehensweise versucht – das ging nach hinten los. Und Sportchef Keller hatte nach dem peinlichen 1:5 in Darmstadt zum Rundumschlag gegen die Spieler ausgeholt – auch diese Maßnahme verpuffte. Gegen Kiel dürfte es darauf ankommen, wie das Struber-Team in die Begegnung startet. Was nicht passieren sollte und die Mannschaft noch weiter verunsichern würde, ist ein früher Rückstand. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie es dann um die Stimmung in Müngersdorf bestellt wäre.