- Seit 2016 müssen Choreografien in Köln angemeldet werden.
- Der Anmelder muss persönlich haften, wenn eine Choreografie eine Verbandsstrafe nach sich zieht.
- Der neue Vorstand will die Klausel nun überprüfen und gegebenenfalls kippen.
Köln – Die Choreografie der Ultra-Fangruppe „Wilde Horde“ im Dezember 2016 gilt als Wendepunkt im Verhältnis zwischen dem 1. FC Köln und seinen Fans. Mit einem gewaltigen Banner auf der Südtribüne beging die „Horde“ ihr 20-jähriges Bestehen und zeigte prägende Momente ihrer Historie. Darunter den Angriff auf einen Bus mit Mönchengladbacher Fans oder Szenen, die das angespannte Verhältnis zur Kölner Polizei illustrierten.
Kritische Auseinandersetzung oder Verherrlichung?
Die Anhänger wollten die Choreografie als auch kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte verstanden wissen. Der DFB allerdings ermittelte, weil man die Darstellung gewaltverherrlichend fand. Der 1. FC Köln, so hieß es anschließend, geriet darüber unter Druck. Die Staatsanwaltschaft ermittelte.
Als Konsequenz verfügte der Verein anschließend die so genannte Choreo-Klausel. Seither verlangt der FC, dass die Fans einen Verantwortlichen benennen, der die Choreografie anmeldet und jeweils ein Formular unterschreibt, in dem er erklärt, für etwaige Verbandsstrafen zu haften. Die Klausel lautet wörtlich: „Für den Fall, dass die tatsächlich durchgeführte Form der Choreografie von der durch den 1. FC Köln genehmigten Form der Choreographie abweicht, und in der Folge wegen der nicht-genehmigten Bestandteile eine Verbandsstrafe insbesondere durch den DFB gegen den 1. FC Köln verhängt wird, verpflichtet sich der Anmelder dazu, den 1. FC Köln im vollen Umfang von dieser Verbandsstrafe freizustellen.“
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Die Fans erklärten daraufhin, keine Choreografien mehr zu gestalten, die Entscheidung hat noch immer Bestand. In einem Beitrag ihres Magazins „Schwaadlappe“ teilte die Wilde Horde mit: „Selbst wenn man also mit absolut reinem Gewissen eine Aktion anmeldet und beispielsweise irgendein Dulli unvorhergesehen mittendrin einen Rauchtopf zündet, kann man theoretisch der Gekniffene sein.“ Diese – durchaus nachvollziehbare – Sorge der Fans möchte Werner Wolf ernst nehmen, der Grundsatz „mitgehangen – mitgefangen“ soll auch beim 1. FC Köln nicht gelten. „Ich glaube, die Fans würden die Verantwortung für ein Plakat oder eine Choreografie und deren Inhalt übernehmen. Aber nicht für alles, was im Umfeld passiert, was ja verständlich ist“, sagt Wolf, und Sieger ergänzt: „Ich frage mich, ob da nicht ein Missverständnis der Klausel vorliegt.“ Sieger wird die Klausel prüfen lassen. Grundsätzlich könnte es mehrere Missverständnisse geben. Denn weder braucht der 1. FC Köln eine Einwilligung, sollte er jemanden in Regress nehmen wollen, der erwiesenermaßen für einen Schaden gesorgt hat. Andererseits können die Ultras nicht davon ausgehen, für Taten nicht in Haftung genommen zu werden, bloß weil sie zuvor kein Formular unterschrieben haben.
FC gibt Strafe weiter
Eine weitere Möglichkeit könnte sein, dass die Fans grundsätzlich nicht bereit sind, sich einer Verbandsgerichtsbarkeit zu unterwerfen und daher kein Formular unterschreiben wollen, in dem etwa Strafen durch den DFB grundsätzlich akzeptiert werden.
Das ist von der Realität allerdings bereits überholt worden. Schließlich hat der 1. FC Köln schon Verbandsstrafen an Fans weitergegeben – eine Wahl hat der Verein in der Regel nicht, denn er ist gegenüber seinen Mitgliedern in der Pflicht, das Vereinsvermögen zu schützen und daher schon rechtlich kaum in der Lage, darauf zu verzichten. „Wenn wir es auf diesen Punkt reduzieren, müssen wir uns überlegen, ob man überhaupt eine Unterschrift fordern muss, um Regress nehmen zu können. Aus meiner Sicht ist das möglicherweise nicht so. Denn wenn klar ist, dass jemand den FC geschädigt hat, besteht ein Rückgriffsanspruch“, sagt Sieger.