Bei der Verlegung des Derbys zwischen Leverkusen und Köln spielte Innenminister Herbert Reul eine wichtige Rolle.
„Wohlwollende Prüfung“Reul half bei Derby-Verlegung zwischen Bayer und FC – Jetzt äußert sich die Kölner Polizei
Rund 7000 Fans des 1. FC Köln werden sich am Freitag und damit zwei Tage früher als geplant auf den kurzen Weg nach Leverkusen machen, um die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart im brisanten Nachbarschaftsduell (20.30 Uhr, Dazn) bei Bayer 04 zu unterstützen. Dass es dazu kam, lag auch an NRW-Innenminister Herbert Reul, der eine „wohlwollende Prüfung“ empfahl, wie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt wurde.
Das Flutlicht geht an, beide Fanlager fiebern dem Duell entgegen, hunderte Polizisten werden rund um das Hochrisikospiel im Einsatz sein. Und nahezu alle Beteiligten werden hoffen, dass auch alles rund um die Bay-Arena, dessen Gelände etwas unübersichtlich ist, friedlich bleibt. Selbstverständlich war das in der Vergangenheit nicht. Und der Zoff der vergangenen Tage trug nicht zu einer Beruhigung der Gefühlslagen bei. Denn die Vorkommnisse vor dem Duell der Nachbarn lieferten noch einmal Zündstoff.
Die Partie war ja von Sonntag auf Freitag verlegt worden, damit Bayer 04 mehr Zeit für die Vorbereitung auf das Halbfinal-Hinspiel am Donnerstag in der Europa League beim AS Rom hat. Das war wiederum in Köln bei den Fans und Verantwortlichen des Klubs überhaupt nicht gut angekommen. Der FC um Sportchef Christian Keller hatte seinem Ärger über die Umstände der Verlegung aus „übergeordneten Gründen“, wie es hieß, Luft gemacht und dabei den rheinischen Rivalen und die Deutsche Fußball-Liga heftig kritisiert.
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Informationszeitpunkt stößt Köln übel auf
Vor allem, dass der FC als Spielpartner als letzter Beteiligter informiert worden war zu einem Zeitpunkt, als alles schon mehr oder weniger beschlossene Sache war, stieß den Kölner übel auf. „Wie die Abläufe sind, will niemand wissen, sonst verliert der eine oder andere den Glauben an die Integrität des Wettbewerbs“, sagte Keller etwas kryptisch.
Spielt Keller mit dieser Wortmeldung darauf an, dass sich die Landespolitik bei der Verlegung des Derbys eingemischt hat? Denn nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ kommt dabei dem Innenminister des Landes NRW und oberstem Dienstherrn der Polizei eine wichtige Rolle zu.
Herbert Reul ist seit 2017 Innenminister des Landes und setzt vor allem auf das Thema Innere Sicherheit. Zudem ist der Leichlinger Anhänger der Werkself und als Dauerkarten-Besitzer oft zu Gast in der BayArena.
Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt einer seiner Sprecher, dass Reul beim Kölner Polizeipräsidium, das auch für Leverkusen zuständig ist, um eine „wohlwollende Prüfung“ einer Verlegung gebeten habe. Denn die bedurfte auch der Zustimmung der Behörden. Sie zu erhalten, war die letzte hohe Hürde in dem ganzen Vorgang. „Innenminister Reul besitzt eine Dauerkarte bei Bayer 04 Leverkusen. Die Spiel-Verlegung führt allerdings dazu, dass er selbst das Spiel nicht wahrnehmen kann. Am Sonntag hätte Herr Reul Zeit gehabt, am Freitag nicht. Der Minister hat in dem Fall nichts entschieden, sondern die Polizei lediglich um wohlwollende Prüfung gebeten, wie in ähnlichen Fällen bei anderen Vereinen übrigens auch schon“, teilt ein Sprecher des CDU-Politikers mit.
Wie zu erfahren war, soll die Verlegung bereits vorige Woche Mittwoch intern Thema bei der Polizei gewesen sein, als Reul eine Veranstaltung im Kölner Polizeipräsidium besucht hatte. „Da wurde darüber gesprochen“, berichtet ein Beamter. Innerhalb der Kölner Polizei reagieren viele mit Kopfschütteln auf die Verlegung: Ein Hochrisikospiel in der Dunkelheit sei „immer ein höheres Risiko, taktisch betrachtet ein No-Go“ und werde daher seit Jahren nicht mehr praktiziert, sagte ein ranghoher Kölner Beamter dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Derby am Freitag „aus polizeilicher Sicht einmalige Ausnahme“
Behördensprecher Wolfgang Baldes betont auf Anfrage, die Verlegung des Derbys auf den Freitagabend sei „aus polizeilicher Sicht eine einmalige Ausnahme“. Letztlich habe die Polizei grünes Licht gegeben, weil es in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr solch massive Auseinandersetzungen gegeben habe wie früher bisweilen. Außerdem sei die Sektorentrennung in der Bay-Arena besser umsetzbar als im Rhein-Energie-Stadion. „Das Risiko verändert sich daher letztlich nicht, wenn das Spiel statt am Sonntag nun am Freitagabend stattfindet“, sagt Baldes.
Fernando Carro verteidigt Bayer 04 Leverkusen
Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bayer 04 Leverkusen, entschuldigte sich in der Zwischenzeit zumindest etwas beim FC über den Vorgang: „Ich schätze Christian Keller als Kollegen sehr. Wenn er und seine Mitstreiter beim FC das Gefühl haben, zu spät informiert worden zu sein, dann bedaure ich dies.“ Doch Bayer 04 habe sich „formal einwandfrei“ verhalten, in diesem Prozess habe der Klub gemeinsam mit der DFL, dem TV-Partner DAZN und den Behörden „eine für uns und letztlich für den deutschen Fußball gute Lösung gefunden“, befand Carro.
Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes verteidigte das Leverkusener Vorgehen ebenfalls ausdrücklich: „Eine Vorverlegung hat für uns eine immense Bedeutung im Hinblick auf das Spiel in Rom. Ich habe Thomas Kessler (Leiter des Kölner Lizenzspielbetriebs, Anm. d. Red.) Mitte der vergangenen Woche angerufen und über unser Vorhaben informiert.“ Das Telefonat am Mittwochabend soll aber schon nach ganz kurzer Zeit beendet gewesen sein.
1. FC Köln hatte kein Mitspracherecht
Viel zu besprechen, gab es nicht mehr. Denn Bayer 04 hatte den Plan zuvor mit der DFL und DAZN schon ausverhandelt und sogar bei Mainz 05 nachgefragt, ob der Klub das Freitagsspiel gegen Schalke nicht einfach auf Sonntag tauschen wolle. Erst danach erfuhr der FC, der in dieser Frage kein formales Mitspracherecht hatte, von der Verlegung.
Eine Verletzung der Wettbewerbsethik kann Rolfes nicht erkennen: „Ich kann den Vorwurf, dass die Integrität des Wettbewerbs infrage gestellt wird, nicht nachvollziehen. Wir hätten es auch unterstützt, wenn der FC oder ein anderer deutscher Verein jetzt im Halbfinale eines europäischen Wettbewerbs stünde und um Verlegung gebeten hätte.“