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Wolf und Co. nicht entlastetMitgliederrat gewinnt Machtkampf gegen Vorstand des 1. FC Köln

Lesezeit 7 Minuten
Ho-Yeon Kim (r.), Vorsitzender des Mitgliederrats des 1. FC Köln, und Vizepräsident Carsten Wettich, singen die Hymne des Klubs.

Einst Mitstreiter im Mitgliederrat, nun auf Konfrontationskurs: Ho-Yeon Kim (r.), Vorsitzender des Mitgliederrats des 1. FC Köln, und Vizepräsident Carsten Wettich

Während der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln zeigt sich ein offener Riss zwischen dem Vorstand und dem Mitgliederrat. Präsidiums-Kandidat fällt zudem bei Wahl durch.

Eine „Schlammschlacht“ sollte vermieden werden, doch dann trat am Dienstagabend während der Versammlung des 1. FC Köln ein offener Riss zwischen Vorstand und Mitgliederrat zu Tage. Rund zweieinhalb Stunden nach Beginn der Veranstaltung in der Lanxess-Arena ging Ho-Yeon Kim, der Vorsitzende des Mitgliederrats, die Vereinsführung hart an. Und zwar heftiger als je zuvor. Kim empfahl den 1482 anwesenden Mitgliedern, den Vorstand nicht zu entlasten!

Diese folgten dann dieser Empfehlung und verweigerten (wenn auch knapp) Präsident Werner Wolf und Co. die Entlastung. Ein Paukenschlag, ein außergewöhnlicher Vorgang, der so nicht erwartet worden war. Der Mitgliederrat gewann somit an diesem Abend den Machtkampf gegen den Vorstand.

1. FC Köln: Letztmals 2010 ein Vorstand nicht entlastet

Zur Einordnung: Letztmals wurde 2010 während der Ära von Präsident Wolfgang Overath ein Vorstand nicht entlastet. 2011 traten Overath und seine Stellvertreter Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch dann zurück.

Der Gremiums-Vorsitzende Kim hatte zuvor die Beweggründe erklärt. „Die Kritikfähigkeit des Vorstands hat nach der letzten Mitgliederversammlung nachgelassen.“ Ein Beispiel sei der Umgang mit dem letzten Jahresbericht sowie dem kritischen Newsletter des Mitgliederrates nach der Fifa-Transfersperre und dem Abstieg, der laut Kim im Vorfeld durchgesteckt worden sei. „Das erschwert eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagte Kim: „Wir rügen den Vorstand für dieses Vorgehen.“

Kim sparte weiter nicht mit Kritik. Zur Diskussion um den Geißbockheim-Ausbau, der sich seit Jahren hinzieht, aber voraussichtlich nun doch in Angriff genommen werden kann, sagte er: „Unbequeme Entscheidungen wurden hinausgezögert“, sagte Kim weiter und schloss: „Wir sehen Stärken und Schwächen in der Arbeit des Vorstands. Wir können die Entlastung des Vorstands nicht empfehlen.“

Präsident Wolf zeigt sich von Kims Empfehlung irritiert

Präsident Werner Wolf zeigte sich irritiert von der Rede, die ihm bereits vorgelegen hatte. „Wir wollen keine Schlammschlacht auf die Bühne bringen. Ich verstehe aber nicht, wie ihr zu dem Ergebnis kommt, den Mitgliedern zu empfehlen, den Vorstand nicht zu entlasten.“ Nur wenn schwere rechtliche Verfehlungen getätigt worden seien, könne man diesen Schritt ergreifen. „Die sehe ich hier nicht“, sagte Wolf und warf wiederum Kim und Co. vor: „Ich verstehe nicht, warum ihr ein Gegeneinander zwischen Mitgliederrat und Vorstand herbeireden wollt. Lasst uns kritisch und hart in der Sache diskutieren, aber die Ruhe im Verein bewahren.“

Mitglieder verweigern Vorstand die Entlastung

In der Aussprache zu den Jahresberichten und der allgemeinen Aussprache gab es erst einmal Gegenwind für die Empfehlung des Mitgliederratschefs, den Vorstand nicht zu entlasten. Um 22.31 Uhr folgte unter Tagesordnungspunkt 6 dann allerdings der Hammer: Die anwesenden Mitgliedern verweigerten dem Vorstand die Entlastung für das Geschäftsjahr 2023/24. Es war eine knappe Entscheidung (51,54 Prozent zu 48,46 Prozent). Und eine Ohrfeige für den Vorstand, die allerdings keine direkten, sondern zunächst nur haftungsrechtliche Folgen hat. Denn durch eine fehlende Entlastung kann der Vorstand nicht einfach so abgewählt werden. Doch da der Mitgliederrat das Vorstands-Vorschlagsrecht hat, wird er das Ergebnis in seiner Nominierung für die Präsidiums-Wahl sicherlich berücksichtigen. Der Mitgliederrat wurde dagegen mit 62,18 Prozent (bei 37,82 Prozent Nein-Stimmen) entlastet.

Vorstands-Kandidat fällt bei Wahl durch, nur zwölf im Gremium

Bei der Wahl des Mitgliederrats fiel dann auch noch der Kandidat für das Gremium durch, den der Vorstand vorgeschlagen hatte: Gottfried Rüßmann (63), langjähriger Vorstandsvorsitzender der DEVK, wurde nicht gewählt. Er erhielt nur 30,34 Prozent an Ja-Stimmen. Erstmals in seiner Amtszeit hatte der aktuelle Vorstand von dem Recht Gebrauch gemacht, einen eigenen Kandidaten vorzuschlagen. Der Mitgliederrat ist laut Satzung der Aufsichtsrat des Vorstands. Es war also an diesem Abend für den Vorstand eine Niederlage auf mehreren Ebenen.

In das Gremium gewählt wurden gegen Mitternacht folgende Mitglieder: Sarah Theisen (87,12 Prozent der Ja-Stimmen), Stacy Krott (81,84), Joel Marx (81,16), Victor Robertz (79,38), Mario Valentino (75,78), Josef Derkum (74,53), Fritz Guckuk (73,95), Tim Blosze (73,14), Fabian Schwab (72,78), Johannes Hochstein (70,50), Oliver Stratmann (68,81), Ho-Yeon Kim (60,83). Gewählt wurde nur, wer mehr Ja- als Nein-Stimmen auf sich vereinigen konnte. Deshalb besteht der neue Mitgliederrat auch nur aus zwölf Personen. 15 hätte es maximal sein können. Auch das Ergebnis von nur knapp 61 Prozent der Stimmen ist für Kim dürftig, sein Stellvertreter Schwab erhielt 72,78 Prozent. Die Südkurve Köln e.V. hatte zuvor zwölf Wahlempfehlungen für den Mitgliederrat abgegeben, von denen alle ins Gremium gewählt worden. Ein deutliches Signal.

Der Hintergrund: Der 21. Dezember 2023 und der 18. Mai 2024 waren als rabenschwarze Tage in die Geschichte des 1. FC Köln eingegangen. Kurz vor Weihnachten war dem FC das Cas-Urteil mit der Fifa-Transfersperre zugestellt worden, nach der Saison stand der Bundesliga-Abstieg – der bereits siebte in der Vereinsgeschichte. Präsident Werner Wolf hatte sich zuvor am Dienstagabend so deutlich wie noch nie zuvor für diese beiden Ereignisse entschuldigt, die laut Wolf dem Klub „einen Schlag“ versetzt und sich „in das kollektive Gedächtnis eingebrannt“ hätten.

„Ich möchte euch persönlich und im Namen des Vorstands um Entschuldigung für den Abstieg bitten. Ich ärgere mich jeden Tag darüber, dass wir in der 2. Bundesliga spielen“, sagte Wolf. Die Registrierungssperre der Fifa nach der Causa um den slowenischen Nachwuchsstürmer Jaka Cuber Potocnik und der Abstieg seien vermeidbar gewesen. Sport-Geschäftsführer Christian Keller stellte aber im Anschluss klar, dass die Aussage natürlich nicht gegen den heute 19-jährigen Potocnik gerichtet war: „Jaka, jeder hier ist froh, dass du beim FC ist. “ Ein großer Applaus war die Folge.

Vorstand entschuldigt sich, lehnt aber weiter einen Rücktritt ab

Einen Rücktritt lehnen Wolf und seine Vizepräsidenten Eckhard Sauren und Carsten Wettich aber weiter ab. „Die Historie hat mich gelehrt: Plötzliche Brüche tragen nicht zu einer positiven Entwicklung eines Vereins bei. Ein Rücktritt des Vorstands hätte dem FC auch 2024 nachhaltig geschadet. Wir werden mindestens bis zum Ende unserer Amtszeit weitermachen“, kündigte der Präsident an. Der Vorstand steht im September 2025 wieder zur Wahl.

Am Anfang des Abends hatte Wolf noch Positives zu verkünden. Zum Beispiel, dass der Klub mittlerweile mehr als 140.000 Mitglieder hat. „Wir freuen uns, dass wir den nächsten Meilenstein geschafft haben. Damit sind wir Top 5 in Deutschland, Top 12 in der Welt. Als mitgliedergeführter Verein haben wir eine unfassbare Anziehungskraft.“

Freude über 140.000 Mitglieder, besondere Ehre für Michael Trippel

Ein Mitglied stand danach ganz besonders im Fokus: Stadionsprecher Michael Trippel. Der 70-Jährige engagiert sich schon seit Jahrzehnten im Klub, auch in diversen Gremien. Trippel verließ nun den Mitgliederrat, der am Dienstagabend (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) neu gewählt wurde. Wolf beließ es aber nicht nur bei einem Dank für Trippel, sondern hatte eine Überraschung parat: „Du bist die lebendige Fußballseele unseres Wohnzimmers. Lieber Michael, dein Verdienst für den 1. FC Köln ist unbezahlbar. Wir möchte dich auf dieser Bühne würdigen und deshalb zum Ehrenmitglied ernennen.“ Trippel war auf der Bühne sichtlich emotional: „Herzlichen Dank, ich bin gerührt. Ich danke auch den Mitgliedern. Bleibt FC-Fans – ich bleibe es ein Leben lang.“

Mit wohlwollendem Applaus wurde Gerhard Struber von den Mitgliedern empfangen. Für den Trainer war es seine erste Mitgliederversammlung beim FC. Der Österreicher lässt bis dato attraktiven Fußball spielen, das goutieren die Fans. Doch die Ausbeute lässt bisher zu wünschen übrig. Mit nur acht Punkten nach sechs Spielen steht der Absteiger derzeit nur auf Platz neun, das ist nicht der Anspruch der Mannschaft mit dem wertvollsten Kader der Liga.

Trainer Struber gibt sich betont zuversichtlich

Doch Struber versprach, dass seine Mannschaft, die am Samstag im Derby in Düsseldorf noch auf dramatische Art und Weise in der fünften Minute Nachspielzeit den Ausgleich zum 2:2-Endstand kassiert hatte, bereits rasch die gewünschten Ergebnisse einfahren wird. „Vieles zeigt bisher in eine gute Richtung, aber mit dem Anspruch des FC wollen wir natürlich auch tabellarisch woanders stehen. Wir sind da dran. Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Der Weg zu den Siegen wird ein sehr absehbarer sein.“ Möglicherweise gelingt der dritte in dieser Saison am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) im Heimspiel gegen den Tabellenzweiten Karlsruher SC. Struber: „Die Einschätzung der Saison ist bisher einfach: Die Jungs sind einfach klasse. Ich sehe von ihnen das gelebte Engagement jeden Tag im Training. Der Mix in unserer Mannschaft macht uns aus.“