- Rafael Czichos hat 15 der 17 Hinrunden-Spiele für den 1. FC Köln absolviert. Für den 29-Jährigen ist es die erste Saison in der Bundesliga.
- Im Interview spricht der Innenverteidiger unter anderem über seinen unangenehmsten Gegenspieler und den Stimmungsumschwung beim 1. FC Köln nach zuletzt drei Siegen in Folge.
- Außerdem äußert sich Czichos zur Konkurrenzsituation und einem möglichen weiteren Neuzugang auf seiner Position.
Benidorm – Im Trainingslager in Benidorm spricht FC-Innenverteidiger Rafael Czichos über seine erste Bundesliga-Saison, seinen unangenehmsten Gegenspieler, den Stimmungsumschwung beim 1. FC Köln nach drei Siegen und die Konkurrenzsituation auf seiner Position.
Herr Czichos, sehen Sie sich als einen der wenigen Gewinner der Hinrunde?
Man muss das alles richtig einordnen. In der vergangenen Saison wurde ich vielleicht zu oft zu kritisch gesehen, und jetzt sehe ich mich auch nicht als Gewinner. Für meine erste Bundesliga-Halbserie war das vernünftig – vor allem die letzten Spiele. Darauf lässt sich aufbauen.
Was wurde denn zu kritisch gesehen?
Ich bekam den Stempel aufgedrückt, dass ich der Schützling von Markus Anfang sei, der ja bereits mein Trainer in Kiel war. Und das in Anführungsstrichen nur bei Holstein Kiel. Von Beginn wurde ich deshalb kritischer gesehen. Das hat mich schon gestört. Mittlerweile hat sich das verändert. Ich registriere, dass die Leute es anerkennen, dass ich mich für die Mannschaft und den Verein reinhaue.
Sie spielen mit 29 Jahren erstmals in der Bundesliga. War der Sprung groß?
Jeder, der behauptet, dass der Unterschied zwischen 2. und 1. Bundesliga nicht groß ist, der lügt. Es ist ein riesiger Unterschied, an den ich mich erst gewöhnen musste. Aber auch in den vergangenen zehn Jahren konnte ich mich immer schnell anpassen und bin mit den Aufgaben gewachsen.
Was ist denn der größte Unterschied?
Es wird einfach jeder Fehler gnadenlos bestraft. Das habe ich ja selbst zu spüren bekommen. Zudem ist die individuelle Klasse fast jedes Spielers deutlich höher. Man kann kaum Spielsituationen vorausahnen, spekulieren, so wie das in den unteren Ligen noch funktioniert. Da kann man mit einem guten Auge und Stellungsspiel einiges reparieren. In der Bundesliga musst du permanent voll da sein.
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Wer war bisher Ihr unangenehmster Gegenspieler?
Das haben mich Kumpels im Urlaub auch gefragt. Von der Effektivität her war das sicherlich Robert Lewandowski. Wenn der Ball bei Bayern nur in die Nähe des Strafraums kommt, ist er sofort on Fire. Wenn man Lewandowski nur den Hauch einer Chance lässt, dann nutzt er sie mit einer beeindruckenden Konstanz.
Haben Sie Lehrgeld zahlen müssen?
Ja, teilweise. Ich habe zwei Elfmeter verursacht, die meine Gegenspieler geschickt provoziert hatten. In solchen Situation muss ich cleverer agieren. Diese Szenen habe ich mir noch oft angeschaut und versuche daraus zu lernen. Dazu der Platzverweis. Da denke ich manchmal: Wie unnötig war das denn? Eigentlich wäre es eine richtig gute Hinrunde gewesen, so war es eben nur eine gute oder normale.
Sie wirken selbstbewusst.
In den vergangenen fünf Jahren habe ich viel Selbstvertrauen getankt. Ohne überheblich zu klingen: Ich weiß, was ich kann und glaube an mich. Ebenso selbstkritisch bin ich, mache mir aber nach Fehlern keinen großen Kopf, sondern versuche, nach vorne zu blicken. Fehler ziehen mich nicht komplett runter.
Sie wussten, dass sie zu einem sehr emotionalen Traditionsklub wechseln. Waren Sie trotzdem von der Wucht des 1. FC Köln überrascht?
Mein Berater ist ja Kölner, der hatte mich vorgewarnt (lacht). Man muss diese Wucht aber erst selbst erleben. In beide Richtungen. In der letzten Woche vor der Winterpause mit den drei Siegen habe ich hautnah gespürt, welche Kraft, welchen Schub einem diese Fans, dieser Verein geben können. Da bekommst du Gänsehaut. Dafür spiele ich Fußball.
Die neun Punkte haben für einen Stimmungsumschwung gesorgt.
Das ist richtig, aber der Trainer hat uns gleich zum Trainingsauftakt eindringlich gesagt, dass wir da unten noch lange nicht raus sind. Wir müssen in der Rückrunde sicherlich mindestens nochmal so viele Punkte holen. Die neun Punkte haben uns zwar Selbstvertrauen gegeben. Aber wir müssen höllisch aufpassen, denn das kann schnell wieder weg sein.
Hat der FC durch die turbulenten, oft unruhigen Jahre ein bestimmtes Image bei Ihnen gehabt?
Das nicht. Aber Außenstehende nehmen den FC schon eher als chaotischen, unruhigen Verein wahr. Ich denke: Wenn etwas mehr Ruhe und Konstanz in den Verein einkehren würde, dann hätte er noch mal mehr Power als das jetzt schon der Fall ist. Denn der Verein hat so viel Potenzial, um erfolgreicher zu sein.
Früher wurde oft den Medien eine Mitschuld gegeben.
Es gibt immer zwei Seiten: Es gibt Medien, die sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind, was sie mit ihrer Berichterstattung auslösen. Sie profitieren aber auch davon, dass sie versorgt werden. Die hohe personelle Fluktuation wirkt da sicher als Katalysator. Aber ich denke, dass es in Zukunft auch beim FC ruhiger wird.
Warum?
Weil beim FC jetzt Personen am Ruder sind, die das richtige Gespür für bestimmte Situationen haben und das Geschäft, den Verein, die Stadt und die Power des Klubs ganz genau kennen. Wie gesagt: Der FC hat das Potenzial, eine richtig gute Rolle in der Bundesliga zu spielen. Aber erst einmal sind wir gut damit beraten, alles dafür zu tun, dass dieser Klub in der Ersten Liga bleibt. Und dann kann sich etwas richtig Positives daraus entwickeln.
Seit Saisonbeginn gehören Sie nicht mehr dem Mannschaftsrat an. Waren sie enttäuscht darüber?
Nein, andere Spieler haben mehr Stimmen als ich enthalten. Das ist völlig legitim. Trotzdem bin ich jemand, der Verantwortung übernimmt – auch für meine Abwehrkollegen. Das ist ein ziemlich junger Haufen (lacht).
Man vergisst oft, dass Ihr Innenverteidiger-Kollege Sebastiaan Bornauw auch erst 20 Jahre alt ist.
Und dafür macht er es erst recht gut. Sebastiaan wirkt schon sehr reif für sein Alter und hat eine richtig gute Zukunft vor sich. Er kann auch mal richtig dazwischen gehen, ich möchte jedenfalls nicht sein Gegenspieler sein. Wir beide harmonieren zudem gut, das ist ja auch nicht so unwichtig.
Sie und Bornauw scheinen in der Innenverteidigung gesetzt. Zum Verdruss des hoch gehandelten Jorge Meré.
Natürlich ist das für Jorge keine einfache Situation. Aber in der gesamten Hinrunde hat er immer Gas gegeben und es uns nicht leicht gemacht – er wird auch in der Rückrunde weiterhin richtig Druck auf uns machen.
Der FC will noch einen weiteren Innenverteidiger verpflichten.
Das heißt noch mehr Konkurrenzkampf.