Köln – Was früher nicht einmal erwähnt wurde, ist in diesen unwirklichen Zeiten der Pandemie schon mal eine Meldung wert: Markus Gisdol, der Trainer des abstiegsbedrohten 1. FC Köln, konnte seine Mannschaft am Donnerstagnachmittag wieder zum Training begrüßen. Am Mittwoch war das aufgrund eines positiven Coronatests im Funktionsteam nicht möglich. Doch am Donnerstagvormittag gab es eine vorläufige Entwarnung: Alle weiteren vorgenommenen PCR-Tests von Spielern und Betreuern waren negativ. In Absprache mit dem Gesundheitsamt durften die Profis wieder auf den Platz, von denen Stürmer Sebastian Andersson erstmals nach seiner Verletzungspause wieder dem Spieltagskader angehören dürfte. Die Austragung der Partie des FC am Samstag (15.30 Uhr) gegen Borussia Dortmund ist – Stand Donnerstag – also nicht in Gefahr.
Fraglich ist allerdings, ob Gisdol auch noch in der kommenden Woche der Kölner Übungsleiter ist. Denn der 51-Jährige steht nach vier Niederlagen aus den vergangenen fünf Spielen nicht nur mal wieder gehörig unter Druck, nein, sein Trainerstuhl wackelt bedenklich. Nach seiner Ansicht sollten seine Spieler die Diskussionen um seine Person ausblenden. „Wir wollen es schaffen, dass die Mannschaft sehr fokussiert auf das Spiel ist und sich nicht mit den Themen rund um den Trainer beschäftigt.“ Zum Job eines Bundesliga-Trainers gehöre so etwas dazu. Zudem sei es Aufgabe der Spieler, sich auf ihre Leistungen zu konzentrieren. „Zum Schluss geht es nicht um Personen, sondern um unseren Klub“, sagte Gisdol, gab dann aber auch zu: „Es ist nicht so einfach, wenn es Störgeräusche im Umfeld gibt.“
Sportchef Horst Heldt, Gisdols Vorgesetzter, wollte sich am Donnerstag zur Diskussion um den Trainer nicht mehr substanziell äußern. „Es ist wichtig, dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren“, befand Heldt. Er habe bereits zur Trainerfrage alles gesagt.
Eine Jobgarantie für Gisdol sprach Heldt allerdings erneut nicht aus. Denn die Partie am Samstag wird als Endspiel für den Trainer betrachtet. Nach Informationen dieser Zeitung gibt es zwei Szenarien.
Zwei Trainer-Szenarien
Das erste Szenario: Sollte Gisdol mit seinem Team wie schon im Hinspiel (2:1-Sieg) eine Überraschung gelingen, dann bliebe er im Amt. Auch bei einem Unentschieden samt einem überzeugenden Auftritt würde die Vereinsführung nicht reagieren. Entscheidend sei die Vorstellung der Mannschaft, heißt es. Die Klubführung rechnet dem Trainer an, dass er verbissen um seinen Job kämpft. Ob sie Gisdol zutraut, dauerhaft die Kurve zu bekommen, steht auf einem ganz anderen Papier.
Das zweite Szenario: Sollte der FC allerdings erneut verlieren und enttäuschen, wäre Gisdol seinen Job in Köln nach 17 Monaten Amtszeit los. Der Druck im Existenzkampf wäre in dem Fall zu groß und die Überzeugung der Verantwortlichen in den Trainer zu klein, um nicht zu handeln.
Funkel als Interims-, Stöger als Sommer-Lösung?
Im Hintergrund soll Heldt schon an einer Lösung arbeiten und dabei zwei Optionen im Auge haben. Bundesliga-Veteran und Ex-FC-Trainer Friedhelm Funkel (67) könnte als Interimslösung einspringen mit dem Auftrag, die Mannschaft vor dem siebten Abstieg in der Geschichte zu retten, der auch finanziell verheerende Folgen hätte. Nicht nur die FC-Führung, auch Funkel soll sich ein Engagement vorstellen können.
Im Sommer könnte dann ein alter Bekannter ans Geißbockheim zurückkehren: Im Klub gibt es die Gedankenspiele, Peter Stöger zurückzuholen. Der 54-Jährige, von 2013 bis Ende 2017 beim FC im Amt und zwischenzeitlich sehr erfolgreich, ist aktuell Trainer und General Manager Sport in Personalunion bei seinem Heimatklub Austria Wien. Stögers Vertrag läuft allerdings nach der Saison aus. Die Geschäftsführer Heldt und Alexander Wehrle, der weiterhin ein gutes Verhältnis zum Wiener hat, sollen sich mit dieser Lösung sehr gut anfreunden können.
Die Begleitumstände von Stögers Abschied Ende 2017 aus Köln waren zwar unschön und beschäftigten den Trainer länger, dennoch kann sich Stöger nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur neuen Saison ebenso ein zweites Engagement beim FC vorstellen. Es wäre die Rückkehr zu einem Verein und in eine Stadt, mit der er immer noch tolle, erfolgreiche Erinnerungen verknüpft.
Im Rennen soll zudem ein weiterer Kandidat sein, der sofort verfügbar wäre: Bruno Labbadia. Der frühere FC-Profi war bereits vor der Verpflichtung von Gisdol ein Thema in Köln. Bekannt ist, dass Labbadia dem FC damals absagte und es ihn dann zur Hertha zog. Doch in Berlin wurde Labbadia am 23. Januar von seinen Aufgaben entbunden.
Vorstand spricht Heldt das Vertrauen aus
Während Sportchef Heldt im Fall einer Trennung von Gisdol mit der Auswahl eines neuen Trainers beauftragt ist, so verlangt dessen Anstellung die Zustimmung des Gemeinsamen Ausschusses des Klubs. Diesem gehört auch das Vorstands-Trio an. Mit öffentlichen Äußerungen zur sportlichen Situation und dem Trainer hatten sich Präsident Werner Wolf und Co. zuletzt merklich zurückgehalten. Im Newsletter an die Mitglieder äußerte sich der Vorstand jetzt wieder. „Nur ein Punkt aus den letzten fünf Spielen, das geschmolzene Polster auf die Abstiegsplätze – darüber machen wir uns natürlich Gedanken. Aber auch wenn man es sich noch so sehr wünscht: Es gibt keine Patentlösung, um den Klassenerhalt zu schaffen. Jeder Schritt muss gut überlegt sein.“ Dem Sportchef sprach der Vorstand das Vertrauen aus: „Horst Heldt hat zur aktuellen Lage ausführlich Stellung genommen – und wir stehen hinter ihm und seinen Einschätzungen.“ Ob bewusst oder unbewusst: Der Name Markus Gisdol tauchte in dem Vorstands-Newsletter an keiner Stelle auf.