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1. FC Köln verliert Florian WirtzDer harte Kampf um die Talente

Lesezeit 4 Minuten
FlorianWirtz

Florian Wirtz im Finale um die Deutsche Meisterschaft im Juni 2019

  1. Im vergangenen Sommer wurde Florian Wirtz mit den B-Junioren des 1. FC Köln Deutscher Meister.
  2. Bayer 04 Leverkusen bemühte sich mit Erfolg um den Offensivspieler.
  3. Der 1. FC Köln war auch an einem weiteren Ausnahmespieler interessiert, doch den schnappte sich Borussia Dortmund.

Köln – Zum Jahresausklang machte Florian Wirtz (16) noch einmal nachhaltig auf sich aufmerksam. Auf dem Kunstrasenplatz am Geißbockheim empfingen die B-Junioren des 1. FC Köln den Wuppertaler SV. Ein schwieriges Spiel für den Aufsteiger beim Meister, und früh war klar, wohin die Reise an diesem trüben Dezembermorgen gehen würde: Wirtz führte den Anstoß aus, hob den Blick – und schoss von der Mittellinie auf das Tor der Gäste. Der Ball segelte über den Torhüter hinweg ins Netz, nach fünf Sekunden führte Köln 1:0. Wirtz erzielte noch zwei weitere Treffer, 10:0 hieß es am Ende, es war der letzte Spieltag der Hinrunde. Der FC ist Tabellenführer mit einem Torverhältnis von 62:10, acht Treffer in zehn Spielen hat Florian Wirtz bislang erzielt.

Deutscher Meister 2019

Der Mittelfeldspieler gilt als eines der größten Offensivtalente im deutschen Fußball, nicht erst seit seinem Einsatz im mit 3:2 gewonnenen Meisterschaftsfinale gegen Borussia Dortmund vor sieben Monaten. Die Kölner mussten damit rechnen, dass eine Flut von Angeboten über Wirtz hereinbrechen würde. Doch am Geißbockheim war man mit vielen Dingen befasst: Nach Werner Spinners Rücktritt im März war der Vorstand bis zur Neuwahl im September nicht existent. Erst im November begrüßte Werner Wolf Florian Wirtz mit seinen Eltern im zu diesem Zeitpunkt verlassenen Geschäftsführerbüro am Geißbockheim. Wolf erläuterte der Familie Wirtz die Möglichkeiten, es in den Kölner Bundesligakader zu schaffen. Es ging auch um Geld – doch da schickte man den 16-Jährigen aus dem Raum. Überhaupt geht es bei Ausnahmebegabungen wie Wirtz nicht vorwiegend ums Geld. Eher darum, die Eltern von sich zu überzeugen.

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Das Gespräch verlief unauffällig. Problematisch war allerdings: Wirtz hatte sich zuvor bereits mit Vertretern von Bayer 04 Leverkusen getroffen, darunter Sportchef Rudi Völler sowie Peter Bosz, der Trainer der Profimannschaft. Schon damals soll sich Wirtz für Leverkusen entschlossen haben, weitere Optionen hatte er nicht geprüft: Die Familie lebt in Brauweiler, von dort aus ist es nach Leverkusen nicht viel weiter als zum Geißbockheim. Schon mit 16 Jahren das Zuhause zu verlassen und die Schule zu wechseln, um ein Angebot etwa aus Leipzig oder Hoffenheim anzunehmen, kam für Wirtz nicht in Frage. Es gab ja auch keinen Anlass – Bayer 04 Leverkusen hat mit Kai Havertz nachgewiesen, im Umgang mit Ausnahmetalenten versiert zu sein. Im Verein herrscht Ruhe, das Trainingszentrum ist tadellos, während der 1. FC Köln zwar seit rund vier Jahren am Geißbockheim den Ausbau plant, jedoch nicht voran kommt.

Konsequente Verjüngung

Immerhin hat der FC unter Horst Heldt mittlerweile konsequent die Verjüngung seiner Bundesligamannschaft vorangetrieben. Jan Thielmann ist in den vergangenen Wochen zum Stammspieler geworden, Noah Katterbach und Ismail Jakobs spielen ebenfalls regelmäßig, der junge Belgier Sebastiaan Bornauw sowieso. Das könnte den FC-Verantwortlichen künftig verbesserte Möglichkeiten geben, wenn es darum geht, Nachwuchsspieler und deren Eltern an der Schwelle zum Profifußball für sich zu gewinnen.

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Giovanni Reyna (l.) mit Erling Haaland

Bei Florian Wirtz hat es nicht funktioniert – wie auch bei einem anderen Profi, der momentan in der Bundesliga für Furore sorgt: Bevor er den Sprung über den Atlantik wagte, traf sich Giovanni Reyna, mittlerweile 18-Jähriger US-Nachwuchsnationalspieler, in New York zweimal mit Vertretern des 1. FC Köln. Der Kontakt bestand schon länger, Vater Claudio (46), einst unter anderem Profi bei Bayer 04 Leverkusen und dem VfL Wolfsburg, kannte FC-Sportdirektor Jörg Jakobs aus seinen deutschen Jahren.

Große Pläne

Mutter Danielle Egan (46), in den Neunzigern US-Nationalspielerin, sollte ihren Sohn nach Deutschland begleiten und eine Aufgabe in der Frauenfußball-Abteilung des 1. FC Köln übernehmen. Doch nachdem Jakobs im Winter 2018 den 1. FC Köln verlassen hatte, wurde Reynas Verpflichtung nicht weiter verfolgt. Ein Jahr später wechselte der Offensivspieler zu Borussia Dortmund. In diesem Januar reiste Reyna mit der Dortmunder Profimannschaft ins Trainingslager nach Spanien – und hinterließ offenbar nachhaltigen Eindruck: In den beiden ersten Spielen der Rückrunde kann er jeweils zum Einsatz, Favre schwärmte vom US-Jugendnationalspieler: „Man sieht im Training, dass er etwas hat. Wer das nicht sieht, ist blind“, sagte der Trainer über den offensiven Mittelfeldspieler. „Mit 17 Jahren macht er das sehr gut. Wenn er weiter so spielt, wird er seinen Weg machen.“ Allerdings nicht beim 1. FC Köln.