Die Polizei hat am Montag unter Federführung der Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.
Eklat beim 1. FC KölnStaatsschutz ermittelt nach Anzeige von Henriette Reker wegen Schmähplakat
Ein am Samstag von Anhängern des 1. FC Köln beim Bundesligaspiel gegen Union Berlin hochgehaltenes Schmähplakat, das Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) beleidigt hat, ist der unrühmliche Tiefpunkt in der langjährigen Diskussion um den Ausbau des Trainingsgeländes am Geißbockheim. Während sich die FC-Verantwortlichen am Sonntag für das Verhalten einer Ultra-Gruppierung in der Südkurve entschuldigten, verurteilten die politischen Fraktionen im Stadtrat die Androhung von Gewalt gegenüber der Oberbürgermeisterin. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:
Was stand auf dem Banner? „Henriette ist zwar keine Gilf, aber wir ficken sie trotzdem.“ Gilf ist ein vulgärer Ausdruck für eine Großmutter, mit der man gerne Geschlechtsverkehr hätte – eine englische Abkürzung. Hintergrund der Aktion war offenbar der jahrelange und noch immer nicht geklärte Streit über die Erweiterung des Geißbockheims im Grüngürtel.
Wer hat das Plakat im Stadion hochgehalten?Unterschrieben war es mit „Horde 1996“, was auf die Ultra-Gruppierung „Wilde Horde“ hinweist. Zwar haben sich die Fans nicht öffentlich zu ihrer Aktion bekannt. Doch es ist nicht vorstellbar, dass auf der Kölner Südtribüne Banner präsentiert werden, auf denen ein falscher Absender vermerkt ist. Zumal der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Szene-nahen Kreisen erfuhr, dass die Urheberschaft nicht umstritten ist.
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War das Banner mit den Verantwortlichen des 1. FC Köln abgesprochen?Nein, das Banner war nicht genehmigt. Man wolle den „Kontakt zu Vertretern der Südkurve nutzen, um den Vorgang intensiv aufzuarbeiten. Wir werden auch die Ermittlungen der Polizei unterstützen“, teilte der Verein dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Derzeit steht den Kölner Ultras anders als in der Vergangenheit im Stadion kein Raum etwa zur Lagerung von Materialien für Banner und Choreografien zur Verfügung. Abgesehen davon bat der Verein um Verständnis dafür, interne Prozesse im Umgang mit der Fanszene nicht öffentlich diskutieren zu wollen.
Wie äußert sich die Oberbürgermeisterin zu dem Vorfall?Henriette Reker ließ am Sonntag mitteilen, dass sie wegen des Schmähplakats Strafanzeige bei der Polizei gestellt hat. Sie wolle damit klarmachen, dass solche Aktionen nicht folgenlos bleiben, sagte eine Stadtsprecherin. Am Montag wollte sich die Oberbürgermeisterin darüber hinaus nicht zu dem Eklat äußern. Die Strafanzeige spreche für sich, teilte die Sprecherin mit.
Henriette Reker hat nach dem Eklat im Stadion Strafanzeige erstattet. Welche Folgen hat das?Die Polizei hat am Montag unter Federführung der Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Zuständig ist die Abteilung Staatsschutz, da Henriette Reker ein politisches Amt bekleidet. Die Polizei will nun zunächst das eigene, während der Bundesligapartie entstandene Foto- und Videomaterial auswerten. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Beleidigung auf sexueller Grundlage zum Nachteil der Oberbürgermeisterin. Üblicherweise zieht das bei Verurteilungen hohe Geldstrafen nach sich.
Wie reagiert die Politik auf das Schmähplakat?„Das frauenfeindliche Transparent, das wohl von der Ultra-Gruppierung Wilde Horde stammte, ist eines großen Klubs wie dem 1. FC Köln absolut unwürdig und rückt die zahlreichen engagierten Fans des Vereins in ein schlechtes Licht“, sagte Katja Trompeter, Parteivorsitzende der Grünen. Das Banner sei insbesondere in Zeiten von Angriffen auf demokratische Politikerinnen und Politiker „absolut grenzüberschreitend und inakzeptabel“. „Wir verurteilen die geschmacklose und ehrverletzende Entgleisung im Stadion aufs Schärfste“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Er forderte den FC-Vorstand auf, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, damit sich ein derartiger Vorfall nicht wiederholen könne und betonte, dass eine solche Aktion strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen müsse. „Dass aus Worten Taten werden, mussten wir in Köln mit dem Attentat auf Frau Reker bereits erleben und auch der brutale Angriff auf unseren SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden zeigen, wohin solche Hetze führen kann“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Solche Entgleisungen würden die politische Atmosphäre vergiften. „Das am Samstag gezeigte Banner überspannt den Bogen, ist persönlich beleidigend und diffamiert die Oberbürgermeisterin in sexistischer Art – das ist unterste Schublade“, sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite. Solche Entgleisungen seien nicht nur vollkommen inakzeptabel, sie würden auch dem Ansinnen der Fans schaden, den Verbleib des Geißbockheims im Grüngürtel zu sichern. „Solche Aussagen sind an Frauen- und Menschenfeindlichkeit kaum zu überbieten. Wer sie verwendet, sollte wenigstens noch überlegen, ob er wirklich möchte, dass Konflikte in unserer Stadt auf diese Weise ausgetragen werden“, sagte Linke-Fraktionschef Heiner Kockerbeck. „Eine widerliche Aktion – dieses Banner ist sexualisierte Gewalt und als solche nicht zu dulden“, sagte Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen. Zumal es sich gegen eine Person richte, die sich in den vergangenen Jahren sehr für eine Zukunft des FC eingesetzt habe.
Warum steht die Oberbürgermeisterin bei einem Teil der FC-Anhänger wegen des Geißbockheim-Ausbaus in der Kritik?Henriette Reker hatte sich zunächst dafür ausgesprochen, dass der 1. FC Köln sein Trainingsgelände am Geißbockheim ausbauen darf, hatte ihre Ansicht dazu aber im Verlauf des Bebauungsplanverfahrens geändert, weil die Stadt Köln zwischenzeitlich den Klimanotstand erklärt hatte. Damit hätten sich die Voraussetzungen geändert, argumentierte sie. Die Oberbürgermeisterin schloss sich damit der Meinung der Grünen an, die den Bau neuer Trainingsplätze ablehnen und schlug vor, der FC solle sich nach einem alternativen Standort umschauen.
Wie ist der aktuelle Stand zu den Ausbauplänen im Grüngürtel?Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hatte die Klage einer Bürgerinitiative im April dieses Jahres zurück an das Oberverwaltungsgericht Münster verwiesen. Die Richter dort hatten den Bebauungsplan im November 2022 zunächst für unwirksam befunden, das BVG erklärte dieses Urteil für unwirksam. Die Richter in Münster müssen sich erneut damit befassen. Doch selbst wenn der vom Stadtrat beschlossene Bebauungsplan nun doch wirksam sein sollte, wird der 1. FC Köln trotzdem nicht bauen können. Es fehlt noch ein Pachtvertrag für die Flächen, auf denen die Trainingsplätze im Grüngürtel entstehen würden. Und derzeit gibt es dafür keine politische Mehrheit im Stadtrat. Die zwischenzeitliche Überlegung, dass der 1. FC Köln mit seinem Trainingsgelände an den westlichen Stadtrand nach Marsdorf umzieht, wurde verworfen, da sich die Stadtverwaltung und der Bundesligist finanziell nicht einigen konnten.