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FC-Torwarttalent in der SackgasseGeht Jonas Urbig noch in diesem Winter?

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Keeper Jonas Urbig musste das Tor des 1. FC Köln nach zehn Spielen räumen.

Keeper Jonas Urbig musste das Tor des 1. FC Köln nach zehn Spielen räumen.

Die Zukunft des Torwart-Talents beim FC ist nach dem Verlust des Stammplatzes fraglich – Trainer Struber hofft, dass sich der 21-Jährige in Köln durchbeißt.

Am Mittwochvormittag konnte Jonas Urbig endlich wieder das machen, was ihm am meisten Freude bereitet: hechten, fangen, fausten, abrollen. Der junge Torhüter des 1. FC Köln absolvierte nach einer Zwangspause im Trainingslager wieder eine individuelle Einheit mit Torwarttrainer Peter Greiber auf dem Platz des Estepona Football Center. Und zwar bei traumhaften Bedingungen: strahlender Sonnenschein, 17 Grad, ein sattes, perfekt gepflegtes Grün – es gibt schlechtere Trainingstage im Winter.

Die Tage zuvor hatte Urbig auf dem Platz gefehlt. Am Sonntag bekam der Keeper einen Schlag aufs Knie. Keine ernsthafte Verletzung, doch am Montag setzte er mit dem Mannschaftstraining aus und trainierte am Dienstag mit Reha-Trainer Leif Frach nur ein paar Abschläge und Pässe. Als er auf dem Ergometer radelte, zierte ein Tape sein Kniegelenk, anschließend ein Eisbeutel. So etwas nagt an ihm.

Doch die Frage ist, wie lange man das ehrgeizige Talent überhaupt noch im Training des 1. FC Köln sieht. Denn ein Abgang selbst im Winter, so war zu erfahren, ist absolut möglich. Es gibt mehrere Szenarien: Ein weiteres Ausleihgeschäft in dieser Transferperiode steht im Raum, sogar ein Verkauf, der dem FC aber mindestens eine Ablöse um sieben Millionen Euro einbringen müsste. An Interessenten soll es nicht mangeln, der FC Bayern soll einer sein, auch Bayer 04 Leverkusen beobachtet den Keeper ganz genau. Vereine, die über ganz andere finanzielle Möglichkeiten verfügen als der FC. Klar scheint nur: Stand jetzt gibt es von Urbigs Seite überhaupt kein Interesse und auch keinen Grund, den 2026 auslaufenden Vertrag in Köln vorzeitig zu verlängern.

FC-Trainer Gerhard Struber wünscht sich Verbleib von Jonas Urbig

Auf die Frage, ob Struber einen Wechsel des Torhüters im Januar ausschließen könne, entgegnete der Kölner Coach in Estepona im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich kann nicht in die Kristallkugel schauen und würde im schnelllebigen Fußballgeschäft gar nichts ausschließen. Ich würde mir aber wünschen, dass Jonas bleibt. Er hat bei uns noch einen Vertrag bis 2026. Bisher war ein Wechsel auch kein Thema.“ Das Transferfenster in Deutschland ist allerdings noch fast vier Wochen bis zum 3. Februar geöffnet.

Obwohl sich Urbig im Training überhaupt nicht hängen lässt und auch im Verhältnis zur Mannschaft und zum Trainerteam jedenfalls öffentlich keine Veränderung festzustellen ist, hadert der 21-Jährige, der laut Kölns Sport-Geschäftsführer Christian Keller „einen klaren Karriereplan im Kopf“ hat, enorm mit der Situation. Denn seit dem zehnten Spieltag und zehn Startelfeinsätzen (inklusive Pokal) mit viel zu vielen Gegentoren (20) sitzt der Keeper auf der Bank. Routinier Marvin Schwäbe (29) hat ihn als Nummer eins abgelöst, und es gibt sportlich derzeit keinen Grund, dass sich an der neuen Rangordnung etwas ändert. In der Tat ist der Bundesliga-Absteiger mit Schwäbe, der der Mannschaft mit seiner Erfahrung und Ruhe hilft, seit dem Torwartwechsel deutlich stabiler geworden und kassiert weitaus weniger Gegentore. Das hat allerdings wenig bis nichts mit dem reinen Wechsel zwischen den Pfosten zu tun, sondern mit der von Struber veranlassten Änderung der Grundordnung von Vierer- auf Dreierabwehrkette und der Priorität, erst einmal in der Defensive sicherer zu stehen. Es lässt sich zwar nicht beweisen, doch wohl auch mit Urbig im Tor hätten die Kölner nach den taktischen Umstellungen deutlich weniger Gegentore gefangen.

Jonas kann ich sportlich nichts vorwerfen. Er ist ein junger Torhüter, der vor allem wegen einer Sache, für die er rein gar nichts kann – ich meine das Thema Erfahrung – seinen Stammplatz an Marvin Schwäbe verloren hat
FC-Trainer Gerhard Struber

Für Struber, das darf man dem Österreicher getrost abnehmen, war der Torwartwechsel die „schwierigste Entscheidung“ der Hinrunde. Das sagt er auch jetzt: „Jonas kann ich sportlich nichts vorwerfen. Er ist ein junger Torhüter, der vor allem wegen einer Sache, für die er rein gar nichts kann – ich meine das Thema Erfahrung – seinen Stammplatz an Marvin Schwäbe verloren hat. Marvin hat der Mannschaft mit seiner Erfahrung gutgetan und entscheidenden Anteil an unserer Serie – was auch für Dominique Heintz gilt. Doch Jonas ist und bleibt ein sehr guter, interessanter Torhüter, dem die Zukunft gehört.“ Struber hofft, dass Urbig seinen derzeitigen Status annimmt, kämpft und sich beim FC durchbeißt. Er habe mit dem Torhüter „ehrliche Gespräche“ geführt.

Urbig wisse, wie der Coach denke und warum er so entschieden habe. „Jonas muss spüren, dass sein Trainer nach wie vor sehr wohlwollend auf ihn schaut. Wir machen ihn nicht im Ansatz für die schwierige erste Phase der Saison verantwortlich. Ich denke, er kann mit der Situation umgehen. Ich sehe: Er kämpft jeden Tag für seine Zukunft, aber er muss sich jetzt eben erst einmal aus der zweiten Reihe wieder nach vorne arbeiten. Das ist nicht einfach für ihn. Aber nach einem Schritt zurück wird er möglicherweise bald auch wieder zwei nach vorne gehen können.“

Jonas Urbig hat nach zehn Spielen und 20 Gegentoren seinen Platz im Kölner Tor verloren.

Jonas Urbig hat nach zehn Spielen und 20 Gegentoren seinen Platz im Kölner Tor verloren.

Fraglich, ob Urbigs Seite das auch so sieht. Vielmehr spricht einiges dafür, dass Urbig diese Schritte nach vorne bei einem anderen Klub als dem FC machen könnte. „Wir haben einen hochtalentierten Nachwuchstorwart in unseren Reihen, wahrscheinlich einer der talentiertesten Torhüter überhaupt im deutschen Fußball“, hatte Keller den jungen Torhüter im vergangenen Sommer noch mit Lob überhäuft. Urbig, der nach einer starken Saison als Leihspieler in Fürth nach Köln zurückgekommen war, sollte als großes Torwarttalent zu einem Gesicht des FC werden und am besten eine Dekade prägen. So wie einst große Torhüter in Köln vor ihm. Sollte es zur Trennung kommen, wäre von dem Narrativ allerdings nichts mehr übrig.