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Exklusiv

FC-Dauerbrenner Eric Martel
„Wir hatten ein Stück weit unsere Identität verloren“

Lesezeit 6 Minuten
1. FC Köln, Trainingslager in Estepona Spanien, Tag 3, 06.01.2024, Bild: GEISSBLOG / Marc L. Merten

Eric Martel im FC-Trainingslager in Estepona

Der Defensivspieler spricht über das schwierige Jahr 2024 und seine taktische Rolle unter Trainer Gerhard Struber.

Er ist Dauerbrenner beim 1. FC Köln, ist der Spieler mit dem höchsten Marktwert im Kader und war selbst in der größten Krise meistens ein Lichtblick: Eric Martel hat seit seinem Wechsel im Sommer 2022 von Austria Wien zum FC eine rasante Entwicklung genommen. Eine, die Begehrlichkeiten bei anderen Klubs weckt. Doch der Kapitän der U-21-Nationalmannschaft blieb auch nach dem Bundesliga-Abstieg trotz einer Ausstiegsklausel im Vertrag dem FC treu – und sendete damit ein Zeichen. Auch in dieser Saison ist der 22-Jährige absoluter Leistungsträger. Erst auf seiner angestammten Sechser-Position, nach der Umstellung der Grundordnung nun auch in der Innenverteidigung. In diesem Jahr fehlte er in nur einem einzigen Liga-Spiel: Die Partie beim FC Bayern verpasste Martel gesperrt. Mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach Martel im Trainingslager in Estepona über…

…das FC-Jahr 2024: „Es war ein einziges Auf und Ab. Im Sommer warst du nach dem Bundesliga-Abstieg am Boden zerstört, am Ende des Jahres bist du dann Tabellenerster in der Zweiten Liga und fühlst dich gut. 2024 war ein Wechselbad der Gefühle. Der Abstieg hat mich extrem mitgenommen. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich einen Abstieg mitmachen musste. Es war hart und für mich komplett was Neues, denn wir hatten versagt. So habe ich jedenfalls gefühlt. Wir hätten mit unserem Kader nie absteigen dürfen.“

…sein persönliches Jahr 2024: „Mit meiner sportlichen Entwicklung war ich trotz des Abstiegs zufrieden. Als Gewinner sehe ich mich aber nicht, ich denke, ich habe das Beste aus der schwierigen Situation gemacht. Ich soll und möchte mehr Verantwortung übernehmen, in die Rolle konnte ich immer mehr reinwachsen. Und das möchte ich jetzt fortsetzen und ausbauen. Denn ich will vorangehen.“

…seine Rolle als Kölner Dauerbrenner: „Ich habe auch in der Bundesliga viel Einsatzzeit bekommen und durfte trotz meines jungen Alters fast jedes Spiel machen, das ist natürlich positiv. Leider habe ich ausgerechnet das Spiel beim FC Bayern wegen einer Sperre verpasst. Das hat mich geärgert, weil ich als Kind oft im Münchner Stadion war. Wenn du aus Niederbayern kommst und den Fußball liebst, ist die Chance sehr hoch, Bayern-Fan zu sein. Und das war ich.“

…sein gestiegenes Standing und den Umgang mit Lob: „Darauf gebe ich nicht so viel. Ich lese recht wenig und versuche mich auf meine Leistung zu konzentrieren. Aber natürlich freut es einen, wenn man über einen längeren Zeitraum positiv erwähnt wird. Ich sehe Lob aber mehr als Ansporn an, besser zu werden.“

04.12.2024, Nordrhein-Westfalen, Köln: Fußball: DFB-Pokal, 1. FC Köln - Hertha BSC Berlin, Achtelfinale, RheinEnergieStadion, Kölns Eric Martel (l) und Berlins Toni Leistner kämpfen um den Ball. Foto: Federico Gambarini/dpa - WICHTIGER HINWEIS: Gemäß den Vorgaben der DFL Deutsche Fußball Liga bzw. des DFB Deutscher Fußball-Bund ist es untersagt, in dem Stadion und/oder vom Spiel angefertigte Fotoaufnahmen in Form von Sequenzbildern und/oder videoähnlichen Fotostrecken zu verwerten bzw. verwerten zu lassen. +++ dpa-Bildfunk +++

Eric Martel im Pokalspiel gegen Hertha BSC

…die Aussage von Trainer Gerhard Struber, der Martel als den „Furchtlosen“ bezeichnet hat: „Wenn der Trainer das auf mein Zweikampfverhalten gemünzt hat, stimmt das (lacht). Ich gehe ohne Angst und Furcht in Duelle, dafür aber mit vollem Einsatz und bin da schon rigoros.“

…Verbesserungspotenzial in seinem Spiel: „Im defensiven Bereich bin ich recht zufrieden. Im offensiven Bereich kann ich zulegen. Ich versuche immer, noch mutiger zu spielen. Verbessern kann ich sicher noch die Pässe ins letzte Drittel, die kann ich besser zum Mitspieler bringen.“

Die Dreierkette hat uns gutgetan, wir haben danach nur noch wenige Gegentore kassiert
Eric Martel

…seine Positions-Präferenz (Sechser oder wie zuletzt in der Innenverteidigung): „Ich spiele schon lieber auf der Sechs, weil ich da mehr nach vorne agieren und meine Laufstärke ausspielen kann. Ich hadere aber auch nicht mit der Position des Innenverteidigers. Die habe ich auch schon früher in der Jugend bei RB Leipzig und dann später auch in Testspielen bei den Profis gespielt. Es ist die Entscheidung des Trainers, auf welcher Position ich am wertvollsten für die Mannschaft bin.“

…die Phase der Umstellung von Vierer- auf Dreierabwehrkette: „Wir hatten eine sehr schwierige Phase und haben gemerkt, dass wir hinten nicht stabil standen. Wir haben uns dann nach den Niederlagen in Darmstadt und gegen Paderborn zusammengesetzt und über die Situation geredet. Die Umstellung hat der Trainer so vorgegeben und erklärt. Keiner hat gejammert, sondern jeder hat das gut angenommen und umgesetzt. Die Dreierkette hat uns gutgetan, wir haben danach nur noch wenige Gegentore kassiert. Das hat uns Sicherheit gegeben. Auch unsere Offensivspieler haben davon profitiert, auch für sie ist es ein gutes Gefühl, wenn sie hinter sich Jungs wissen, die alles abräumen.“

…seine Meinung in Sachen taktischer Umstellung: „Es ging definitiv so nicht mehr weiter. Zwar haben wir anfangs gut gespielt, doch die Ergebnisse stimmten nicht. Danach haben wir verhaltener und weniger attraktiv gespielt, dennoch wurden die Resultate nicht besser. Es musste sich also etwas verändern. Wir hatten ein Stück weit unsere Identität verloren. Jetzt haben wir sie wiedergefunden.“

…den Umgang mit harter Kritik: „Wir müssen mit Kritik umgehen können. Die Fans hatten allen Grund, mit unseren Leistungen in dieser Phase und der Gesamtsituation unzufrieden zu sein. Wir spielen hier beim 1. FC Köln, unser Anspruch ist viel höher als das, was wir zuvor gezeigt haben. Auch diese Kritik war für uns ein Ansporn. Wir wussten einfach, dass wir es viel besser können. Und das zeigen wir jetzt auch. Auch wenn ich mir trotz acht Siegen aus den letzten neun Spielen wünsche, dass wir noch souveräner agieren, so haben wir zuletzt endlich die gewünschten Ergebnisse eingefahren.“

…den Lauf seiner Mannschaft und die daraus resultierende Favoritenrolle: „Es ist erst die Hinrunde absolviert. Die Herbstmeisterschaft ist zwar schön, aber dafür können wir uns rein gar nichts kaufen. Am Ende einer Jagd werden die erlegten Hasen gezählt. Ob wir nun Favorit sind oder nicht: Wir dürfen nicht nachlassen, sondern müssen an unsere Leistungen vor Weihnachten anknüpfen. Die Tabelle ist vorne brutal eng, es kann auch schnell wieder in die andere Richtung gehen. Aber wenn wir die Qualität auf den Platz bringen, die der Kader hergibt, können wir uns da vorne festsetzen.“

…die Hoffnung auf permanente Konstanz beim FC: „Nicht nur 2024 war ein einziges Auf und Ab, das gilt ja in Köln auch für viele Jahre davor. Solch ein großer Verein wie der FC muss eine gewisse Stabilität hineinbekommen. Und da sind wir jetzt auf einem guten Weg. Wir alle wollen, dass es auch mal dauerhaft in eine positive Richtung geht. Hier könnte so viel möglich sein.“

…seine Motivation, dem FC nach dem Abstieg treu zu bleiben: „Ich wusste, dass wir einen guten Kader haben. Dass am Ende so viele Spieler und Leistungsträger geblieben sind, hat mich gefreut und uns natürlich gutgetan. Das hat meine Entscheidung zu bleiben noch einmal bestätigt – auch wenn es andere Möglichkeiten für mich gab. Aber ich will dazu beitragen, dem FC wieder auf die Beine zu helfen.“

…Begehrlichkeiten anderer Klubs und seine Vertragssituation: „Im Fußball kann alles natürlich sehr schnell gehen, aber es läuft gerade beim FC wieder richtig gut. Über Vertragsdetails rede ich jetzt nicht, aber aktuell sehe ich überhaupt keinen Grund, mich zu verändern.“

…einen Karriereplan: „Natürlich will ich so hoch spielen wie möglich. Die Bundesliga ist das primäre Ziel.“