Köln – Ellyes Skhiri stellt größte Ansprüche an sich, das zeigte sich unlängst in der Fernsehserie „FC24/7“, für die den 1. FC Köln Kameras auf Schritt und Tritt begleiten. Nach dem wichtigen 2:1 auf Schalke sah man Skhiri in der Kabine toben und über einen „fürchterlichen“ Auftritt der Kölner schimpfen. Und als Kollege Jorge Meré den Tunesier darauf hinweisen wollte, es gehe an diesem Abend doch einzig ums Resultat, widersprach der heftig. Zu wenig sei das gewesen, vor allem fußballerisch, Sieg hin oder her.
Bayern „treffen aus jeder Möglichkeit“
Skhiri ist also ein guter Ansprechpartner, wenn es darum geht, Leistungen des 1. FC Köln zu beurteilen, auch unabhängig vom Ergebnis. Damit war er am Samstagnachmittag der richtige Mann, um nach dem 1:5 (0:2) der Kölner beim FC Bayern München eine Einordnung vorzunehmen, die dem üblen Endstand ebenso gerecht wurde wie der gebotenen Leistung. „Wir haben in der zweiten Halbzeit gut gespielt. Aber man hat heute den Unterschied zwischen uns und einem wirklich großen Team gesehen. Sie treffen aus jeder Möglichkeit“, staunte Skhiri, der mit einem starken Solo den zwischenzeitlichen Kölner Anschlusstreffer zum 1:2 (49. Minute) erzielt hatte.
Einfache Gegentore
Der FC war gut gestartet, doch nach einer ersten Viertelstunde mit viel Ballbesitz hatte sich Leroy Sané zu einfach auf der linken Kölner Abwehrseite durchgesetzt und zu Leon Goretzka gepasst, dem mit seiner Flanke auf Choupo-Moting die erste seiner drei Tor-Vorlagen des Tages gelungen war. Anschließend hatten die Münchner Druck und Passqualität erhöht und zwar dominiert, doch erst ein haarsträubender Steil-Fehlpass des Kölner Stürmers Emmanuel Dennis in die eigene Hälfte hatte das 2:0 eingeleitet: An Salih Özcan vorbei gelangte der Ball zu Robert Lewandowski, der Leon Goretzka ins Spiel brachte. Goretzka, nach Corona-Infektion und Muskelverletzung wieder auf dem Weg zur Bestform, ließ Rafael Czichos ins Leere taumeln und spielte zurück zu Lewandowski, der seinen 27. Saisontreffer erzielte. „Dennis hat heute keine gute Partie gemacht, die absolute Disziplin in der Defensive war auch nicht da“, sagte Markus Gisdol, der den Stürmer zur zweiten Halbzeit in der Kabine ließ. Der Wintertransfer vom belgischen Meister FC Brügge mit Erfahrung aus der Champions League wird trotz seines schlimmen Auftritts weitere Chancen erhalten. „Es ist Leistungssport, wenn einer nicht gut spielt, wird er ausgewechselt“, sagte Gisdol: „Aber das gibt es, dass ein Spieler keinen Sahnetag erwischt.“
Ebenfalls in der Kabine blieb Czichos, der vor dem 0:2 ausgespielt worden war und später die Gelbe Karte gesehen hatte. Gisdol brachte den schnellen Jannes Horn, weil er die Kölner im zweiten Durchgang ein wenig offensiver aufstellen wollte, was Czichos direkte Duelle mit den Münchner Angreifern beschert und wohl eine sichere Gelb-Rote Karte eingebracht hätte. „Ich wollte vermeiden, dass Rafael uns dezimiert“, erklärte Gisdol, der gegen Bremen auf Czichos verzichten muss, der nach seinen fünften Verwarnung gesperrt ist.
Die zweite Halbzeit gestalteten die Kölner dann mutiger. In der 49. Minute hatte Skhiri an der Münchner Strafraumgrenze den Ball eigentlich schon verloren, blieb aber aufmerksam und spekulierte auf eine zweite Chance, die sich einstellte, weil die vollständig versammelte Münchner Viererkette keine Einigkeit darüber fand, wer die Situation nun klären sollte. Skhiri ergriff die Gelegenheit, dribbelte an den Fünfmeterraum und hob den Ball über Manuel Neuer ins Netz, sehr schön war das.
Flick bringt Müller und Gnabry
Köln spielte anschließend eine bemerkenswerte Viertelstunde, „da waren wir auf Augenhöhe“, sagte Markus Gisdol später. Hans-Dieter Flick sah sich zum Handeln gezwungen: In der 64. Minute wechselte der Münchner Trainer Thomas Müller und Serge Gnabry ein; 31 Sekunden später bereitete Müller Lewandowskis 3:1 vor.
Drexler trifft den Pfosten
Die Bayern boten dem FC sogar noch eine zweite Chance, als Manuel Neuer bei einem seiner Ausflüge den Ball an Dominick Drexler verlor, der jedoch aus spitzem, aber machbarem Winkel nur den Pfosten des leeren Tors traf. „Mit dem 2:3 hätten wir noch mal ein bisschen lauern können. Ich glaube, den muss ich machen“, kommentierte Drexler.
Die leise Chance auf einen Punktgewinn war damit vergeben, zudem ließen die Kölner die Möglichkeit verstreichen, mit einem ordentlichen Resultat davonzukommen: Gnabry veredelte Flicks Wechsel aus der 64. Minute mit den Treffern zum 5:1 (82., 86.). „Ein Wechsel, drei Tore: Das ist Bayern München, das ist das Nonplusultra auf der Welt“, sagte Gisdol. Der Trainer fand, seine Mannschaft sei unter Wert geschlagen worden. Köln habe zwar trotz vieler Ballgewinne keine guten Konter gefahren. Man habe aber dem Weltpokalsieger Schwierigkeiten bereitet. „Wenn ich auf die Anzeigetafel schaue, ist es hart, weil das nicht den wahren Spielverlauf wiedergibt.“ Und Ellyes Skhiri hielt fest: „Heute sind wir enttäuscht. Aber wir müssen aus der ersten Hälfte lernen, wie wir Fehler vermeiden können. Und aus der zweiten Selbstvertrauen ziehen.“