Die sportliche und wirtschaftliche Lage beim 1. FC Köln ist ernst. Mancher Fan verliert die Hoffnung auf Besserung.
Kommentar zur FC-KriseWie mir als Fan des 1. FC Köln der Spaß abhandenkommt
Wenn die Tage kürzer werden, die Bäume das Laub verlieren und im Discounter Dominosteine das Angebot ergänzen, sind in der Fußball-Bundesliga die Weichen gestellt. Die Kandidaten haben ihre Bewerbung für die verschiedenen Kategorien abgegeben: Titelrennen, Hoffnung auf das internationale Geschäft oder Abstiegskampf.
Einmal mehr ziehen bei Verantwortlichen wie Fans des 1. FC Köln gleichermaßen die Sorgenfalten schon vor der Winterpause tiefe Furchen in die Gesichter. Vergebens war die Hoffnung, der seit mehr als drei Jahrzehnten andauernden Berg- und Talfahrt entkommen zu sein. Dabei werden die erklommenen Gipfel flacher und die durchschrittenen Täler dunkler und länger.
Alexander Wehrle gilt beim 1. FC Köln als Sündenbock
Teile des FC-Anhangs haben im ehemaligen Geschäftsführer Alexander Wehrle einen Sündenbock für die finanziell und sportlich mal wieder bedrohliche Lage ausgemacht.
Alles zum Thema Geißbockheim
- FC auf Stürmersuche Konkurrenz für Damion Downs: 1. FC Köln hat Union-Profi im Blick
- Sportchef des 1. FC Köln Rätsel um Christian Kellers Vertragssituation
- Ausbau am Geißbockheim 150 Fußballkinder suchen eine Heimat – Umzug nach Mülheim vorgeschlagen
- Interesse aus der Bundesliga FC-Flügelspieler Maina weckt Begehrlichkeiten
- Neuzugang Patrik Kristal 16-Jähriger kommt als Nationalspieler zum 1. FC Köln
- Jahrelanger Streit am Geißbockheim Kölner Rat soll Gleueler Wiese erhalten
- Nach dem 1:0 in Berlin Wie der 1. FC Köln versucht, die Realität zu bändigen
Übersehen wird dabei, dass der Vorgänger seinerseits Vorgänger hatte. Und Vor-Vorgänger. Eine große Anzahl handelnder Personen – in Geschäftsführung, sportlicher Leitung, Präsidium oder anderen Funktionen und Gremien – hat es nicht vermocht, den stetigen Abwärtstrend der Diva vom Rhein zu stoppen oder gar umzukehren.
Der 1. FC Köln ist einer der mitgliederstärksten Vereine Deutschlands
Traurige Wahrheit ist, dass das Pendel des 1. FC Köln immer deutlicher in Richtung sportlicher Bedeutungslosigkeit ausschlägt. Wer Mitte der 1990er Jahre geboren wurde, kennt den FC – von zwei Ausflügen in den Europapokal mal abgesehen – entweder als mittelmäßigen Bundesligisten oder ambitionierten Zweitligisten.
Beides sollte eigentlich nicht der Anspruch eines der mitgliederstärksten Vereine Deutschlands sein, der zudem noch in der viertgrößten Stadt des Landes beheimatet ist. Dazu passt das Zitat eines nicht bekannten FC-Anhängers: „Wäre ich doch nur Fan von irgendeinem Provinzverein, der noch nie irgendetwas gewonnen hat. Dann würde es nicht so weh tun.“
1. FC Köln drohen Sanktionen durch das Cas-Urteil
Für viele jenseits der 40 ist es noch schwerer zu ertragen, was aus dem einstigen europäischen Spitzenverein geworden ist. Statt regelmäßiger Teilnahme an europäischen Wettbewerben wäre man als FC-Fan schon zufrieden, wenn die zweite Runde im DFB-Pokal überstanden würde.
Im Herbst 2023 ist die Aussicht auf Besserung trüber denn je. Zur sportlich und finanziell prekären Situation gesellt sich eine in dieser Form noch nicht dagewesene zusätzliche Erschwernis. Mögliche Verstärkungen im Wintertransferfenster werden durch die ausstehende Cas-Entscheidung erschwert. Oder, je nach Urteil, sogar ausgeschlossen.
Titel für Köln in weiter Ferne
Sollte sich die drohende Strafe gar auf zwei Transferperioden erstrecken, stünden dem 1. FC Köln kaum zu bewältigende Herausforderungen bei der Kadergestaltung bevor. Statt also die Lücke zum oberen Tabellendrittel zu verkleinern, würde sich der Abstand eher noch vergrößern.
Was ist also die Perspektive für den Verein – und für diejenigen, die ihn mit ihrer Leidenschaft begleiten? Es geht im Sport schließlich darum, sich zu verbessern und – wenn möglich – Wettbewerbe zu gewinnen. Von Titeln ist der FC jedoch weit entfernt. Von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit kann derzeit keine Rede sein.
Leere Ränge beim 1. FC Köln
Gerne wird an dieser Stelle auf Leidensfähigkeit und Loyalität verwiesen, die man als Fußball-Fan schon mitbringen sollte. Noch in den 1990er Jahren, teilweise bis nach der Jahrtausendwende, stimmte das Kölner Publikum mit den Füßen ab. Waren die gebotenen Leistungen zu schlecht, blieben die Ränge beim nächsten Spiel zum Teil verwaist.
Heutzutage spielt das scheinbar keine Rolle mehr. Dabei sein ist das Gebot der Stunde. Heimspiele des 1. FC Köln sind angesagte Events. „Im Kölner Stadion ist immer so eine super Stimmung, da stört eigentlich nur die Mannschaft“, hat schon vor vielen Jahren die verstorbene Trainerlegende Udo Lattek erkannt.
Abnutzungserscheinungen bei langjährigen FC-Fans
Es gibt sie aber, die langjährigen Fans – wie mich selbst –, die deutliche Abnutzungserscheinungen bei sich feststellen. Nein, niemand hat gesagt, dass es einfach wäre, Anhänger des 1. FC Köln zu sein. Aber Spaß machen sollte es dann schon ein wenig. Der kann einem bei den vielen Störgeräuschen beim FC in diesen Tagen schonmal abhandenkommen – genauso wie der Glaube, dass überhaupt noch einmal alter Glanz ans Geißbockheim zurückkehren könnte.
Wie schön es wäre, wenn die Tage kürzer werden, die Bäume das Laub verlieren und im Discounter Dominosteine das Angebot ergänzen, und der 1. FC Köln wäre zumindest noch im DFB-Pokal dabei – und nicht nur einer der ersten Anwärter auf den Gang in die 2. Bundesliga.