Köln verliert zunächst Davie Selke, den einzigen Mittelstürmer. Und nach Führung noch das Spiel gegen Wolfsburg
Nach 1:2 gegen WolfsburgDer 1. FC Köln versteht die Welt nicht mehr – Entwarnung bei Selke
Eine Woche lang hatte Davie Selke an sich und seiner Zuversicht gearbeitet, war auf dem Trainingsplatz keiner Aktion aus dem Weg gegangen und hatte sich dann bereit gemeldet für die Partie am Samstag gegen den VfL Wolfsburg. Der 28-Jährige ist ein erfahrener Athlet, grundsätzlich ist es für einen Profisportler nichts Außergewöhnliches, die Signale seines Körpers zu deuten. Doch am Samstag geriet Selke an seine Verständnisgrenzen, und mit ihm der 1. FC Köln.
Schreck nach 20 Minuten
Gerade 20 Minuten waren gespielt, als sich der Angreifer wieder an den hinteren Oberschenkel griff. Die Schmerzen waren zuletzt aus dem Rücken ins Bein gestrahlt und hatten Selke beim Pokalspiel in Osnabrück wie zum Bundesligaauftakt in Dortmund nach jeweils 52 Minuten aufgeben lassen. Jeweils rechtzeitig, bevor ein schwererer Schaden hatte entstehen können, glaubten Spieler, Trainer und medizinischer Stab hinterher.
Doch gegen 16 Uhr war der Fußballnachmittag für Selke vorüber. Noch während des Spiels fuhr man den Spieler in die Media-Park-Klinik, um eine Diagnose zu haben. Die MRT-Untersuchung ergab einen zunächst glücklichen Befund: keine strukturelle Verletzung, bloß ein gezerrter Muskel, meldete der Klub am Sonntag.
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Es hätte also schlimmer kommen können, dennoch wird der Spieler zunächst pausieren und damit für das Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt am kommenden Sonntag ausfallen. Die Ärzte werden nun den Ursachen für Selkes ständige Beschwerden auf die Spur kommen müssen. Und die liegen offenbar im Rücken des Stürmers. „Ich kann das alles nicht zu 100 Prozent erklären“, gestand Steffen Baumgart nach der Partie.“
Selkes Auswechslung blieb nicht der einzige emotionale Tiefpunkt. Der Offensivmann hatte bis zu seiner Auswechslung kaum am Spiel teilgenommen. Sieben Ballkontakte und damit die wenigsten seiner Mannschaft verzeichneten die Statistiker, als er in der 27. Minute vom Platz schlich.
Baumgart verschafft seinem Ärger Luft
Der Ärger war groß. „Irgendwann geht es einem auf die Eier“, befand Baumgart nach der Partie, die seine Mannschaft 1:2 (0:0) verloren hatte. „Er hat die ganze Woche trainiert, und auch richtig gut. Dann geht man davon aus, dass er es hinter sich hat. Das ist dann aber nicht so gewesen. Davie versucht alles, um auf dem Platz zu stehen. Aber es ist jetzt zweimal nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben.“
Das Kölner Spielsystem ist extrem von einem großen Zielspieler im Angriffszentrum abhängig, für diese Rolle wurde Selke im vergangenen Winter von Hertha BSC verpflichtet, und diese Rolle nahm er in der vergangenen Rückrunde und vor allem in der Saisonvorbereitung auch mit stetig wachsendem Erfolg ein.
Hinter der Stammbesetzung ist der Kölner Kader allerdings eher dürr besetzt, gerade in dieser frühen Saisonphase: Steffen Tigges verpasste nach seiner Schulter-Operation die Vorbereitung und musste sich zunächst ans Mannschaftstraining gewöhnen. Am Samstag spielte er eine Stunde mit der Regionalliga-Mannschaft beim Wuppertaler SV und scheint damit wieder bereit für den Bundesligakader. Weil Florian Dietz noch an den Folgen seiner schweren Knieverletzung leidet und Damion Downs (19) ebenfalls in Wuppertal spielte, wo er beim 2:2 zwei Tore für den FC erzielte, fand sich nur noch Sargis Adamyan auf der Kölner Bank. Und der ist abgesehen von seiner noch immer nicht überstandenen Formkrise kein großgewachsener Mittelstürmer.
„Es verändert unser Spiel, gerade bei unseren Standardsituationen sollte Davie eine Waffe sein. Das fehlt uns“, sagte Baumgart, der weder Spieler noch medizinischer Abteilung Vorwürfe machte. Der Coach schien die Schuld eher bei sich zu suchen, doch auch da war keine zu finden. „Ich bin nicht derjenige, der Leute reinwirft, wenn er nicht sicher ist, dass sie zu 100 Prozent fit sind“, sagte er.
Waldschmidt trifft mit links aus 18 Metern
Dabei hatte Köln nach Selkes Aus sogar besser ins Spiel gefunden. Wolfsburg hatte die besseren Spieler auf dem Platz und zudem eine bemerkenswert besetzte Bank. Doch Köln wehrte sich nach Kräften und ging sogar in Führung: Luca Waldschmidt, für exakt diese Momente aus Wolfsburg geholt, nahm sich 18 Meter vor dem Tor ein Herz und schoss den Ball mit seinem herausragenden linken Fuß ins Netz.
Doch die Führung hielt nicht lange, weil der dänische Nationalstürmer Jonas Wind im zweiten Saisonspiel schon seinen zweiten Doppelpack schaffte, die Kölner Innenverteidiger fanden bei den Treffern in der 62. und 72. Minute nicht in die Zweikämpfe. Baumgart hob später vor allem auf die individuelle Qualität des Gegners ab. „Ich kann meinen Jungs keinen Vorwurf machen. Aber es bleibt dabei: Man muss 100 Prozent da sein, nicht nur 99. Ähnlich wie letzte Woche fallen uns Kleinigkeiten auf die Füße, und dann geht man als Verlierer vom Platz. Unabhängig von den Fehlern haben die Jungs aber alles gemacht, was ich mir vorgestellt habe. Doch der letzte Tick fehlt einfach.“